Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten
Easy beugte sich vor. »Was meinst du, T?«
Wave griff hinter das Lenkrad und schaltete die Scheinwerfer aus.
»Ich glaube, unser Theodore macht sich gerade in die Hose«, sagte SnapZ.
Theo blinzelte, sah Javines Blick vor sich. Atmete noch mal tief durch, erinnerte sich daran, wie sauber Benjamin Steadmans Kopf roch …
Easy beugte sich zu Theo. »Läuft super.«
Theo nickte.
Easy griff nach vorn, gab ihm einen Klaps auf den Arm und strich über den Revolverlauf. Er lächelte ein klein wenig zu breit, und etwas in seiner Stimme ließ Theo frösteln.
»Du kennst die Regeln … «
ZWEITER TEIL
Poolcracks und Strichmännchen
11
Wahrscheinlich war der Detective Inspector ein wenig gesprächiger als sonst, um unangenehme Pausen zu vermeiden. Wenn er sprach, hatte er meist seinen Schreibtisch fest im Blick oder, wenn er sich zurücklehnte, die abblätternden Fliesen an der Decke. Augenkontakt versuchte er zu vermeiden, aber das konnte man ihm nicht vorwerfen.
»Sie waren sicher selbst schon mal in einer Lage wie ich jetzt«, sagte er.
»Ich hatte mit Menschen zu tun, die um einiges schlechter dran waren als ich, wenn Sie das meinen.«
»Dann wissen Sie, wie das ist.«
»Sie haben mein Mitgefühl.«
»Das habe ich nicht gemeint«, sagte der Detective und errötete. »Nur … Sie wissen ja, es ist nicht einfach, mit Angehörigen über einen Fall zu sprechen.«
»Wir waren nicht verheiratet.«
»Trotzdem … es gibt gute Gründe, warum wir das normalerweise nicht machen. Ihnen ist bestimmt klar, dass wir gar nicht hier wären, wenn Sie nicht zum Verein gehörten.«
Das Büro des Detectives, das er ganz offensichtlich mit jemandem teilte, befand sich im dritten Stock des Becke House, des Hauptquartiers der Area West Murder Squad. Er hatte von Anfang an klargestellt, dass der DCI selbst mit ihr gesprochen hätte, säße er nicht gerade im Pressebüro, um eine öffentliche Erklärung vorzubereiten. In den Lokalblättern war zwar eine Meldung über einen tödlichen Verkehrsunfall
erschienen, aber nun sollten sämtliche Details – der Name des Opfers, das zweite Auto, die Schießerei – veröffentlicht werden. Man hoffte, somit etwas Bewegung in den Fall zu bringen. Dass sich vielleicht ein Zeuge meldete.
»Sie bitten bereits die Öffentlichkeit um Hilfe?«
Das Gesicht des DI war Antwort genug. Seit dem Vorfall waren erst zwei Tage vergangen, und schon war die Ermittlung gegen die Wand gefahren. »Warum sollte ich Ihnen Scheiße erzählen?«, sagte er. »Einige dieser Leute würden Sie liebend gerne abknallen, wenn Sie sie nur schief anschauen. Mit uns zu reden steht nicht unbedingt auf deren Prioritätenliste.«
»Ja, ich weiß, wie so was läuft.«
Es war ein strahlender Montagnachmittag, und im Büro wurde es allmählich unangenehm heiß. Die Sonne brannte auf die Lehnen der Plastikstühle und auf ihre Gesichter. Sie fiel durch die Fenster auf die cremeweißen Wände und die Pinnbretter aus Kork, die seit langem zu einem schmutzigen, ädrigen Beige ausgebleicht waren.
Der DI sah ihr kurz in die Augen, bevor er wieder auf seinen Schreibtisch starrte. »Wann kommt das Baby?«
»Ich bin laut Arzt in der siebenunddreißigsten Woche«, sagte Helen. »Also jederzeit.«
Der DI sah auf, nickte und ließ den Blick erneut zu der Akte auf seinem Schreibtisch schweifen. »Tut mir leid.« Das hatte er bereits öfter gesagt.
»Es tut Ihnen leid, dass mein Partner tot ist?«, fragte Helen. »Oder dass mein Baby vaterlos zur Welt kommt?«
Es waren erst zwei Tage vergangen …
Zwei Tage, seit Paul Hopwood von einem Auto überfahren wurde, während er an einer Bushaltestelle in der Kingsland Road in Hackney wartete.
Helen entging die Verlegenheit des DI nicht, und sie bedauerte ihre scharfe Reaktion. Er hatte ja recht, sie wusste,
in welcher Situation er sich befand, und als sie davon sprach, dass sie oft genug mit Leuten zu tun gehabt hatte, die schlimmer dran waren als sie, war das keine leere Floskel. Als DC in der Child Protection Unit hatte Helen Weeks mit Leuten zu tun, deren Kinder von Menschen missbraucht oder umgebracht worden waren, die sie geliebt und denen sie vertraut hatten. Und sie wusste, wie schwer es war, Fragen stellen zu müssen. Ein Blick auf den Mann gegenüber genügte, und ihr war klar, wie sehr er sich danach sehnte, dieses Büro verlassen zu können. Er war Mitte vierzig, kräftig und hatte dunkle Haare, die auf einer Seite etwas grauer waren als auf der anderen. Sein Lächeln war
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