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Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten

Titel: Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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paar alte Freunde,
mit denen er schon länger keinen Kontakt mehr pflegte oder die sie nicht kannte. Damit konnte sie genauso gut jetzt anfangen.
    Sie wählte die Nummer.
    »Paul?« Eine ruhige Stimme, Londoner Akzent.
    »Sprech ich mit Frank?«
    »Wer ist da?«
    »Tut mir leid … ich bin Helen. Ich bin Pauls Freundin.« Eine kurze Pause entstand. Helen wollte gerade weitersprechen.
    »Ich weiß, wer Sie sind.«
    Helen stutzte. Es fiel ihr noch schwerer, zu sagen, was sie zu sagen hatte, als es ihr ohnehin gefallen wäre. »Hören Sie, es tut mir leid, Sie zu stören … aber ich wollte, dass Sie wissen, dass Paul am Wochenende gestorben ist.«
    »Fuck off.«
    Ein Reflex, trotzdem störte sie diese Reaktion. »Es tut mir wirklich leid.« Sie wartete, hörte ihm ein paar Sekunden beim Atmen zu, bis sie sich sicher war, dass er nichts mehr sagen würde. »Ich sah Ihre Nachricht, daher …«
    »Wie ist er gestorben?«
    »Es war ein Autounfall.«
    »Wo? Was für ein Unfall?«
    »Ich möchte nicht …«
    »Saß Paul am Steuer?«
    »Nein, er wurde … überfahren.« Sie sah zu Pauls Sachen auf dem Tisch. Auch auf einem Schuh war ein Blutfleck. »Okay, wie gesagt, ich sah die Nachricht und wollte nur …«
    »Es tut mir leid, was ich vorhin gesagt hab.«
    »Kein Problem.«
    »Nein. Es ist unverzeihlich.«
    Er klang schon fast melodramatisch, und Helen fragte sich, wie sie sich wohl in seinen Ohren anhörte. Ruhig? Oder sogar
kalt ? »Hören Sie, ich weiß, dass Sie Frank heißen, aber nicht, wie Sie mit Nachnamen heißen.«
    »Linnell«, sagte er.
    »Okay.«
    Er wiederholte seinen Namen. »Die Betonung liegt auf der zweiten Silbe.«

    Sie beugte sich vor, um einen Stift und einen Zettel aus ihrer Handtasche zu angeln. »Es steht noch kein Datum fest – für die Beerdigung, mein ich -, aber wenn Sie mir Ihre Adresse sagen, kann ich Ihnen Bescheid geben, wenn es so weit ist.« Sie wartete und dachte, er habe aufgelegt. Dann hörte sie ihn husten und ein paarmal schniefen. »Also wenn Sie …«
    »Ich ruf Sie an«, sagte er.
    Die Leitung war tot.

13
    Auf der Rückfahrt von Kennington roch sie Paul im Auto, seine Zigaretten und seinen Schweiß. Anscheinend hatte er häufiger im Auto geraucht, als er zugegeben hatte. Sie merkte, wie sie wütend auf ihn wurde. Im Fußraum lagen leere Dosen, Kit-Kat-Hüllen und Zettel. »Und dein Auto ist so was von versaut«, sagte sie.
    Sie wollte sich nur kurz in der Wache aufhalten, zeigte ihren Dienstausweis am Empfang und rannte mit gesenktem Kopf in die Parkgarage. Sie hatte es beinahe geschafft und die Autotür schon geschlossen, als der aufsichthabende Beamte auf sie zugelaufen kam. Sie hatte ihn ein paarmal im Pub gesehen und ihn ganz nett gefunden.
    In jedem Polizeirevier gab es diesen Typus: außen hart wie ein alter Stiefel und innen so weich wie Scheiße.

    »Helen, warte kurz …«
    Sie kurbelte das Fenster herunter.
    »Ich wollte dir nur sagen, wie leid uns das alles tut. Mann Gottes.« Er kratzte am Autodach. »Ich konnte es gar nicht fassen.«
    »Danke.« Sein Name fiel ihr nicht ein. Harry? Henry?
    »So ein blöder Zufall, irgendwie lächerlich … nicht wahr?«
    »Ja.« Nicht dass sie es weniger lächerlich gefunden hätte, von einem Betrunkenen erstochen oder in der U-Bahn in die Luft gesprengt zu werden.
    »Weißt du, die Jungs haben eine kleine Sammlung gestartet …«
    Sie nickte, das war klar. Liebe und Hochzeit, Fish and Chips, tote Bullen und eine Kollekte. Sie hatte keine Ahnung, was die richtige Antwort darauf war, also sagte sie nur »Danke« und ließ den Motor an.
    Der Sergeant sah ihr zu, wie sie aus der Parklücke fuhr, und winkte ihr, als sie das Parkhaus verließ.
    Die Met besaß links und rechts der Themse mehrere Autowerkstätten. Eine davon befand sich in Hammersmith und lag hinter einem blauen Metalltor verborgen in einer Seitenstraße der Fulham Palace Road. Helen stellte den Wagen ab und ging in die Hauptwerkstatt. Es war warm, und die Tore standen offen. Ein paar Männer arbeiteten an den Fahrzeugen im Hof – an zwei ausgemusterten Polizei-Saabs und einem Mercedes, bei dem die Beifahrertür eingedrückt war -, während drinnen drei Männer um einen Tisch standen und einen Motor begutachteten, als wollten sie Schriftrollen vom Toten Meer entziffern.
    Hier ging es zu wie in jeder anderen Autowerkstatt, nur dass es vielleicht etwas sauberer war und keine Kalender mit nackten Mädchen herumhingen. Es gab Hebebühnen und Gruben, Werkbänke und jede Menge

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