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Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht

Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht

Titel: Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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wirklich …«
    Thorne fragte sich, was Anna ihm im Lauf der Zeit wohl noch alles erzählt hätte.
    »Ich nehme an, es gibt keine Neuigkeiten?«
    »Wie bitte?«, fragte Thorne.
    »Ihre Kollegen waren alle sehr zuvorkommend und haben uns auf dem Laufenden gehalten. Aber ich habe seit über einer Woche nichts mehr gehört, deshalb …«
    »Wir tun, was wir können.«
    »Natürlich, das ist mir schon klar.«
    Thorne war nach den Schüssen zwei Wochen zu Hause geblieben – Pflichturlaub infolge eines Zwischenfalls mit Schusswaffengebrauch, auch wenn er sich diese Pause nicht aufgrund der Schwere seiner Verletzungen verdient hatte. Demnächst würden auch noch Therapiestunden folgen, wobei schon allein der Gedanke daran bei Thorne Grausen hervorrief. Und ihm noch ein paar weitere Dinge ins Gedächtnis rief, die man verlieren konnte.
    Sein Tagebuch.
    Seine Orientierung auf dem Weg zum Therapeuten.
    Seinen Lebenswillen.
    Während seiner zwei arbeitsfreien Wochen hatte Thorne sich über die Fortschritte bei den Ermittlungen auf dem Laufenden gehalten: hatte ein halbes Dutzend Mal am Tag mit Brigstocke, Holland und Kitson gesprochen; hatte Gary Brand angerufen, um sich zu erkundigen, ob eine seiner Kontaktpersonen irgendetwas gehört habe. Hatte den Überblick behalten. Daher war er sich des Mangels an Zeugen, des eisigen Schweigens als Reaktion auf zahlreiche Aufrufe an die Bevölkerung und des Fehlens jeglichen forensischen Beweismaterials an dem abgestellten Motorroller schmerzlich bewusst. Er war mit jedem Rückschlag und jeder Sackgasse bei der Suche nach dem Schützen bestens vertraut.
    »Sie hat mir von dem Fall erzählt, an dem sie arbeitete«, sagte Robert Carpenter. »Von diesem Mann, den alle für tot gehalten hatten.«
    »Ja.«
    »Sie war richtig begeistert. Ich habe ihr gesagt, wie sehr es mir gefällt, sie so zu sehen.« Er hielt inne, und das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. »Er hat das getan, nehme ich an?«
    Hat versucht, Sie zu töten, und stattdessen meine Tochter getötet.
    Hätte etwas organisieren sollen, das ein bisschen effizienter ist als eine Pistole, die nachts von einem fahrenden Motorroller abgefeuert wird.
    »Davon gehen wir aus«, sagte Thorne. »Oder, dass er zumindest jemanden dafür bezahlt hat.«
    Annas Vater betrachtete wieder seine Füße und hob alle paar Sekunden den Blick, um andere im Raum anzusehen. »Tja, ich sollte besser mal …«
    »Danke«, sagte Thorne.
    Er war sich nicht sicher, wofür er sich bei dem Mann bedankte. Für dessen Gastfreundlichkeit? Für die Tatsache, dass er ihn nicht gegen die Wand geschubst und ihm voller Trauer und Wut ins Gesicht geschrien hatte?
    Für Anna?
    Thorne verbrachte noch ungefähr eine halbe Stunde damit, zwischen Küche, Wohnzimmer und Garten hin und her zu wandern. Er ertappte Rob und Angie dabei, wie sie ihn ansahen, und gab sich alle Mühe zu lächeln. Dann betrachtete er die Sammlung von Familienfotos auf einer Kommode: Anna und ihre Schwester im Urlaub irgendwo im Süden; die ganze Familie bei Annas Schulabschluss; Anna und ihre Mutter, Haltung und Gesichtsausdruck der beiden beinahe identisch. Als er den Arm ausstreckte, um sich am Buffettisch noch etwas zu essen zu nehmen, auf das er eigentlich gar keinen Appetit hatte, schmerzte sein Schlüsselbein. Er spürte, wie sich der Schmerz in seiner Schulter ausbreitete, und er spürte abermals ihr Gewicht, wie vor sechs Wochen, als sie zusammen am Fuß der Steinstufen gelegen hatten.
    Spürte ihren röchelnden, flachen Atem an seiner Brust und ihr Blut, das ihm durch die Finger sickerte.
    Er sprach an diesem Tag noch einmal mit Robert Carpenter, als dieser sich an der Haustür von den Trauergästen verabschiedete. Annas Vater bedankte sich, ließ gefasst eine letzte Litanei von Beileidsbekundungen über sich ergehen, nahm Hände in die seinen. Thorne rang nach den richtigen Worten, sagte, er sei froh, gekommen zu sein, murmelte irgendetwas davon, wie gut das Essen gewesen sei, und platzte schließlich heraus: »Sie hat mir erzählt, Sie mögen Bluegrass-Musik.«
    Robert Carpenter lächelte und nickte, dann reichte er Thorne ein Taschentuch.
    »Der Captain hat die Gurt-Lampen eingeschaltet, also …«
    Thorne stopfte seine Zeitung in die Tasche hinten am Sitz seines Vordermanns und presste die Knie fest gegen die Lehne, um den egoistischen Mistkerl daran zu erinnern, diese in die aufrechte Position zu bringen. Die Frau neben ihm sagte irgendetwas, nachdem sie offenbar beschlossen hatte,

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