Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
anfuhr.
»Mein Dad hatte früher Unmengen von diesen Platten.«
Er warf ihr einen Blick zu und war erfreut, dass sie sich nicht über ihn lustig zu machen schien. Sie nickte im Takt der Musik und trommelte auf ihren Knien den Rhythmus. Ihre erste Reaktion, als sie seinen BMW gesehen hatte, war ebenfalls genau richtig gewesen. Das war Thorne nicht gewöhnt. Ganz sicher nicht von seinen Arbeitskollegen, von denen die meisten Freude daran hatten, den knallgelben 1975er CS i als »rostige Banane« oder »kotzfarbene Todesfalle« zu bezeichnen. Anna sagte Thorne, sie fände ihn »cool«. Er sagte ihr, sie besäße einen ausgezeichneten Geschmack, fragte sich jedoch, ob sie sich nicht heimlich mit Holland oder Hendricks getroffen hatte und umfassend gebrieft worden war, wie sie ihn am besten auf den Arm nehmen konnte.
»Meine Mum hasst ihn allerdings«, sagte Anna lächelnd. Sie trommelte noch immer zum Rhythmus des Kontrabasses, zur kratzigen Melodie der Geige und den zart auf der Resonatorgitarre gezupften Synkopen.
»This Weary Heart« von den Stanley Brothers, süß wie Honig und düster wie die Hölle, als der Wagen von der Seven Sisters Road abbog und langsamer wurde.
»Das tun die meisten Leute«, sagte Thorne. »Ich glaube, das ist einer der Gründe, warum ich ihn so mag.«
Donna Langford schien nicht besonders erpicht darauf zu sein, Thorne und Anna bei ihrer Ankunft hereinzubitten. Sie war bereits dabei, ihren Mantel anzuziehen, als sie die Tür öffnete, und trat schnell ins Freie. »Kate hat heute Vormittag richtig miese Laune«, sagte sie.
Thorne und Anna tauschten einen Blick, als Donna an ihnen vorbei den Weg hinunterging.
»Das Wetter ist schön. Gehen wir in den Park.«
Der Tag, obwohl heiter und sonnig, war alles andere als warm, und der Park, der sich fünf Gehminuten von Donnas Wohnblock befand, erwies sich als kümmerliche Grün- und Braunfläche, die nicht größer als zwei Tennisplätze war. Es gab dort eine rostige Schaukel und ein Fußballtor ohne Netz. Was früher einmal der Strafraum gewesen sein mochte, war von einem Feuer versengt worden, und im hohen Gras dahinter lagen weggeworfene Dosen und Flaschen.
Sie quetschten sich zu dritt auf eine Metallbank.
»Was war Ihr erster Gedanke«, fragte Thorne, »als Sie das erste Foto von Alan sahen?«
Ein paar Blätter wehten halbherzig um ihre Füße, und in den wenigen Sekunden, die verstrichen, ehe Donna antwortete, beobachteten sie alle, wie ein ramponierter Nissan Micra die schmale Straße entlangraste, die hinter den Torpfosten vorbeiführte.
»Ich dachte mir, das ist typisch«, sagte Donna und lachte. »Nachdem ich den Schock überwunden hatte, meine ich. Ich habe mich gefragt, warum ich nicht schon früher auf den Gedanken gekommen bin, dass er vielleicht noch lebt. Warum ich jemals geglaubt habe, dass es mir tatsächlich gelungen wäre, ihn loszuwerden.«
»Warum ›typisch‹?«
»Alan hat nie halbe Sachen gemacht«, sagte sie. »Er hat alles von vorn bis hinten durchgeplant, alles genau durchdacht, wissen Sie?«
»Dann ist das also alles Teil eines Plans?«, fragte Anna. »Die Fotos …«
»Meine Güte, ich habe keine Ahnung.« Donna wirkte plötzlich ziemlich erschöpft, als sie sich eine Zigarette anzündete. »Wenn er etwas getrunken hatte«, sagte sie, »hat er mir jedes Mal dieselbe Geschichte erzählt.« Sie drehte sich zu Thorne und rieb sich durch ihren dicken Mantel den Bauch. »Erinnern Sie sich, dass ich Ihnen von seiner Narbe erzählt habe, die von einer Stichwunde stammt?«
Thorne nickte.
»Er hat sich jedes Mal darüber ausgelassen, dass das nur deshalb passiert sei, weil er die Sache nicht durchdacht hatte. Weil er nicht an die Details gedacht hatte. In Wahrheit war er einfach ein großspuriges Arschloch und hat nicht damit gerechnet, dass der andere Typ ein Messer bei sich hat. Aber er hat immer gesagt, dass er dabei eine wichtige Lektion gelernt hätte. Von da an war er regelrecht besessen davon, Dinge zu planen, sämtliche Eventualitäten einzukalkulieren.« Sie lehnte sich zurück und verzog das Gesicht – wegen der Kälte oder wegen einer unangenehmen Erinnerung. »Wie brutal seine Geschäfte auch waren, wie krank einige davon auch erscheinen mochten, sie waren alle … durchdacht, wissen Sie?« Sie sah Anna an. »Mein Mann hat in seinem Leben nie irgendwas Spontanes gemacht, meine Liebe. Also, ja, ich nehme an, er weiß genau, was er tut.«
»Warum wollten Sie ihn umbringen lassen?«, fragte
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