Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
Thorne. »Ich hoffe, die Überflieger vom Organisierten Verbrechen haben was gefunden.«
»Bevor die mit irgendwas rausrücken, werden Sie ihnen allerdings die Füße küssen müssen.«
»Ich glaube, das hat mein Detective Chief Inspector bereits für mich getan.«
»Und, sehen wir uns später auf ein Bier?«, fragte Brand. »Klingt so, als könnten Sie eins vertragen.«
»Tut mir leid, ich bin heute Abend bei meiner Freundin.«
»Freundin?«
»Tun Sie nicht so überrascht.«
»Katalogbestellung aus Russland, oder was?«
»Nein, sie ist eine Kollegin.«
Brand lachte. Sagte: »Wenn das so ist, dann viel Glück.«
Fünf Minuten später hatte Thorne einen strengen Sicherheitscheck durchlaufen und legte der gelangweilt wirkenden Frau an dem großen Empfangsschalter seine Dienstmarke vor. An der Wand hinter ihr hing die riesige Abbildung einer Raubkatze – eines Jaguars, vielleicht, oder eines Pumas –, die mit ausgefahrenen Krallen und gefletschten Reißzähnen über einen stilisierten silberfarbenen Erdball sprang. Das Logo der SOCA sollte vermutlich symbolisieren, dass die Behörde kraftstrotzend und unerbittlich war, dass sie Zähne hatte, doch Thorne erinnerte es eher an die Zeichentrickserie Thundercats aus den Achtzigerjahren.
»Nehmen Sie bitte Platz«, sagte die Rezeptionistin.
Das Kissen des schwarzen Ledersofas senkte sich mit einem leisen Zischen unter Thorne, als er sich setzte, um in der Lobby zu warten, die einem Fünf-Sterne-Hotel alle Ehre gemacht hätte. Die Wirkung seiner morgendlichen Kaffee-Eskapaden hatte schon vor Stunden nachgelassen, und er fühlte sich inzwischen wieder schläfrig und sehnte sich nach einer heißen Dusche. Er vergewisserte sich, dass die Rezeptionistin mitbekam, wie er auf die Uhr sah, damit sie wusste, dass jemand zu spät kam und dass er nicht derjenige war. Er drehte sich um und betrachtete die Bilder, die an der Wand hinter ihm hingen – braune und beige Farbspritzer in wahllosen Mustern –, dann blätterte er ziellos in einer der Zeitschriften, die auf dem Glas-Couchtisch herumlagen.
Doch er musste ununterbrochen an etwas denken, was Gary Brand gesagt hatte. Die Formulierung ging Thorne immer wieder durch den Kopf, während er dasaß, wartete und versuchte, wach zu bleiben.
Schlangengrube trifft es eher.
Sie nahm den Zug von Waterloo und ging zu Fuß vom Bahnhof zur Wassermühle. Dort setzte sie sich auf eine der Bänke, von denen jede zum Gedenken an Menschen, die den Fluss oder den Ausblick darauf geliebt hatten, mit einer kleinen Plakette mit Inschrift versehen war, aß das Sandwich, das sie von zu Hause mitgebracht hatte, und beobachtete das Haus.
Der Platz eignete sich so gut wie jeder andere, um den Nachmittag dort zu verbringen.
Ursprünglich hatte Anna gezögert, ihr die Adresse zu geben, doch nachdem Donna sie darauf hingewiesen hatte, dass sie noch immer Klientin der Agentur sei und für dieses Privileg bezahle, hatte sie ihr gegeben, wonach sie verlangte. Dann hatte Donna getan, worum Thorne sie gebeten hatte, und Anna eröffnet, dass sie von jetzt an auf ihre Dienste verzichten werde.
Einfach war dieses Gespräch nicht gerade gewesen.
Das Haus war nicht so alt wie erwartet, nachdem sie es sich in den Kopf gesetzt hatte, dass die Munros in irgendeiner denkmalgeschützten Landhausvilla wohnten. Groß war es allerdings, mit einem ansehnlichen Vorgarten und einem Vordach mit Säulen. Um das Haus herum war viel Platz, und sie stellte sich vor, dass sich dahinter ein weitläufiger Garten befand, der sich in perfekten Streifen von der Terrasse weg erstreckte und an Felder grenzte oder zumindest einen Ausblick auf Felder bot.
Genau das hatte sie sich für Ellie gewünscht, während all der Jahre im Gefängnis.
Auf der Zufahrt stand ein Auto, ein Volvo, doch Donna wusste nicht, ob jemand zu Hause war. Sie aß ihr Sandwich auf und beobachtete weiterhin das Haus, in dem sie ein- oder zweimal eine Bewegung auszumachen glaubte. Einen Schatten, eine Silhouette, die hinter einem Fenster im ersten Stock vorbeihuschte. Sie ging davon aus, dass sowohl der Mann als auch die Frau arbeiteten. Wenn dem so war, würde bald einer von beiden nach Hause kommen, sie war sich jedoch nicht sicher, ob sie so lange warten wollte, ob sie sie überhaupt sehen wollte.
Was würde es schon helfen, sie zu sehen?
Alles, was mit Maggie und Julian Munro zu tun hatte, rief starke, widersprüchliche Emotionen in ihr hervor, die sie oft tagelang quälten. Die dafür sorgten,
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