Tommy King - der Playboy
auf der Flucht gewesen, und Christabel war nicht dumm. Ihr rätselhaftes Benehmen hatte jetzt eine Erklärung gefunden, und in Anbetracht der Geschichte, die sie Jared erzählt hatte, waren ihre Ängste nicht unbegründet.
Doch Elizabeth liebte die Gefahr, dieses Gefühl, wachsam sein zu müssen, um jederzeit mit eigenen Mitteln zurückschlagen zu können. Schon lange hatte sie sich nicht mehr so lebendig gefühlt. Ja, es bereitete ihr ungeheures Vergnügen, zu wissen, dass Rafael Santiso draußen auf der Veranda auf sie wartete und ihr letztendlich mit all seiner Macht nichts würde anhaben können.
Sie hörte, wie Vikki ins Haus zurückkam, und wartete gespannt, wie das Urteil der alten Chinesin ausfallen würde. “Nun?”, fragte sie neugierig, als die Haushälterin lächelnd die Küche betrat.
Vikkis Augen funkelten amüsiert. “Er ist es nicht gewöhnt, dass man seine Pläne durchkreuzt. Aber er ist sehr schnell von Begriff. Im Handumdrehen hat er seine fordernde Haltung abgelegt und es mit gewinnendem Charme probiert.”
“Aber zunächst hat er versucht, Sie einfach zu überrollen, stimmt’s, Vikki?”
“Ich nehme an, die Enttäuschung hat ihm zunächst den Blick versperrt, aber er besitzt eine ausgezeichnete Menschenkenntnis. Und obwohl er ursprünglich fordern wollte, Sie zu sprechen, hat er sich rasch besonnen und es als Bitte geäußert.”
“Und was halten Sie persönlich von ihm?”
Den scharfen Augen der Chinesin entging nichts. “Er ist ein Mandarin.”
Elizabeth sah die Haushälterin erstaunt an. Das war ein alter chinesischer Ausdruck für einen Regierungsbeamten. Dieses Bild wollte ihr gar nicht passen.
“Ein Mandarin mit rotem Korallenknopf”, fuhr Vikki bezeichnend fort. “Ein schlauer Gouverneur und ein sehr tüchtiger General.”
“Er trägt die Verantwortung für ein gewaltiges Finanzimperium”, erinnerte Elizabeth sie.
“Ein Treuhänder, kein Imperator.”
“Christabel vertraut ihm jedenfalls nicht. Eine derartige Macht kann einen Menschen korrumpieren.”
“Ich spüre nichts Böses in ihm. Und Ihnen geht es genauso, Elizabeth. Sie fühlen sich zu ihm hingezogen.” Ihre kleinen dunklen Augen blitzten. “Sie haben sich sogar ein korallenrotes Kleid angezogen, um zu ihm zu passen.”
Elizabeth lachte. “Ihnen entgeht aber auch gar nichts!”
“Er ist allein hierhergekommen. Interessant, oder?”
“Wir werden sehen, Vikki. Bringen Sie die Erfrischungen in ungefähr zehn Minuten auf die Terrasse.”
“Sie wollen ihn nicht ins Haus bitten?”
“Nein. Christabel betrachtet ihn als ihren Feind. Bis ich nicht vom Gegenteil überzeugt bin, wird er kein Gast in meinem Haus sein.”
Elizabeths Herz klopfte schneller, als sie zur vorderen Verandatür ging. Es war tatsächlich interessant, dass Rafael Santiso allein gekommen war. Ihre Sekretärin hatte ihr nämlich berichtet, dass alle drei Männer gegen vier noch einmal in ihr Büro gekommen waren. Zweifellos hatten sie inzwischen von Alicias Lehrerin erfahren, dass Jared mit den Gesuchten schon lange über alle Berge war.
Elizabeth selbst war ganz bewusst nach Hause gegangen, nachdem Jared sie von “King’s Eden” aus angerufen und ihr alles erklärt hatte. Santiso sollte ihr ruhig hinterherlaufen. Die Art, wie er es tun würde, würde ihr viel über ihn verraten. Heute Vormittag hatte er seinem Auftreten durch den Schweizer Steuerberater und den deutschen Rechtsanwalt Gewicht verliehen. Genauso nachmittags um vier. Jetzt war es fünf, und er war allein gekommen. Was vermuten ließ, dass er inzwischen viel nachgedacht hatte.
Sie öffnete die Verandatür. Rafael Santiso stand ein gutes Stück entfernt, halb abgewandt, und schien den Blick auf die Roebuck Bay zu genießen. Bei ihrem Erscheinen drehte er sich um, und Elizabeth fühlte sich für einen Moment an einen Torero erinnert, der seinen durchtrainierten Körper zur Schau stellte und sich für den Kampf wappnete.
Vielleicht lag es an seiner veränderten Kleidung. Er hatte sich umgezogen und trug jetzt ein weißes Hemd mit offenem Kragen und eine schwarze Hose. Vielleicht war es aber auch der glühende Blick seiner faszinierenden dunklen Augen oder das Gefühl von nur mühsam gebändigter Macht, das dieser Mann vermittelte … Auf jeden Fall schien seine erotische Ausstrahlung noch stärker als am Vormittag und verfehlte ihre Wirkung auf Elizabeth nicht.
Dabei fiel überhaupt nicht ins Gewicht, dass dieser Mann schon über sechzig war und sein Haar von
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