Top Secret 1 - Der Agent (German Edition)
Amy.
Während er die fünfundzwanzig Meter des Beckens entlanglief, las er nervös die Tiefenmarkierungen. Das tiefe Ende maß dreieinhalb Meter.
»Stell dich hin und halte dich mit den Zehen am Beckenrand«, befahl Amy.
James näherte sich vorsichtig dem Rand. Der Grund sah ziemlich weit weg aus, und das Chlor roch so wie damals, als er beinahe ertrunken wäre.
»Hol tief Luft, spring rein und halte die Luft an, bis du wieder nach oben kommst.«
»Werde ich nicht untergehen?«
»Menschen treiben auf dem Wasser, James. Besonders wenn ihre Lungen voller Luft sind.«
James spannte sich zum Sprung. Er konnte fast fühlen, wie das Wasser seinen Mund füllte.
»Ich kann nicht«, sagte er.
»Ich bin doch hier, um dich aufzufangen. Hab keine Angst!«
Vor einem Mädchen wollte James keine Schwäche zeigen. Er nahm seinen Mut zusammen und sprang hinein. Die Stille, die ihn unter Wasser umgab, war gespenstisch. Seine Füße berührten den Grund des Beckens und er stieß sich nach oben ab. Als sein Kopf wieder an die Oberfläche kam, stieß er die Luft aus und schlug mit den Armen. Amy konnte er nicht sehen. Die gleiche panische Angst hatte er gefühlt, als seine Klassenkameraden ihn fast ertränkt hätten.
Amy fasste nach ihm und brachte ihn mit ein paar kräftigen Stößen zum Beckenrand. James kletterte heraus, krümmte sich und hustete.
»Gut gemacht, James! Du hast die wichtigste Lektion schon gelernt: Wenn du ins Wasser springst, tauchst du auch wieder auf.«
»Du hast gesagt, du fängst mich«, warf James ihr vor. Er versuchte, böse zu klingen, konnte aber einen dicken Schluchzer in der Mitte des Satzes nicht verhindern.
»Warum bist du böse? Du hast es wirklich gut gemacht!«
»Ich werde nie schwimmen lernen«, stellte James fest. »Ich weiß, es ist blöde, aber ich habe Angst vor dem Wasser. Sogar meine neunjährige Schwester kann schwimmen, aber ich habe zu viel Angst.«
»Beruhige dich, James. Es ist meine Schuld! Ich hätte dich nicht gebeten, das zu tun, wenn ich gewusst hätte, dass du so viel Angst hast.«
Amy nahm ihn mit zum flachen Ende, wo sie ihre Füße ins Wasser baumeln ließen, während sie versuchte, ihn zu beruhigen.
»Du musst mich für einen Jammerlappen halten«, sagte James.
»Jeder hat vor irgendetwas Angst«, meinte Amy. »Ich habe schon vielen Kindern Schwimmen beigebracht. Vielleicht brauchst du etwas länger als jemand, der zuversichtlicher ist, aber wir schaffen das!«
»Ich hätte bleiben sollen, wo ich war«, stellte James fest. »Ich bin nicht gut genug für diesen Ort.«
Amy legte den Arm um seine Schultern. James fühlte sich zuerst etwas unwohl. Er fühlte sich zu alt, um in den Arm genommen zu werden. Aber Amy war nett.
»Runter vom Laufband!«, befahl der Arzt. Sein deutscher Akzent ließ ihn wie jemanden aus einem Film über den Zweiten Weltkrieg klingen.
James trug Shorts und Trainingsschuhe. Aus seinen Haaren rann ihm der Schweiß über die Stirn. Eine Krankenschwester entfernte die Aufkleber von seiner Brust, die durch Drähte mit einer Maschine verbunden waren. Als der Doktor sie berührte, spuckte der Apparat einen etwa einen halben Meter langen Papierstreifen aus. Er starrte das Papier an und schüttelte den Kopf.
»Siehst du viel fern, James?«
»Ich glaube schon«, antwortete er.
»Du bist nur einen Kilometer gelaufen und schon erschöpft. Treibst du Sport?«
»Nicht viel.«
Der Doktor kniff in eine Speckrolle an James’ Bauch.
»Sieh dir das an! Du hast einen Bauch wie ein Mann mittleren Alters.« Er zog das Hemd hoch und klopfte sich auf den Waschbrettbauch.
»Wie Stahl«, sagte er. »Und ich bin sechzig.«
James hatte sich nie für fett gehalten. Aber wenn er genau hinsah, dann war er tatsächlich etwas füllig um die Taille.
»Wann fängt deine Grundausbildung an?«
»In drei Wochen, wenn ich vorher schwimmen lerne.«
»Schwimmen kannst du auch nicht? Lächerlich! Vor dem Fernseher braucht man nicht zu schwimmen, was, James? Ich schicke dich zu den Leichtathleten. Du solltest etwas laufen. Keinen Nachtisch, keine Schokolade. Die gute Nachricht ist, abgesehen von etwas zu viel Babyspeck scheinst du in Ordnung zu sein. Und nun zu den Spritzen.«
Eine Krankenschwester zog ein Tablett mit hunderten von fein säuberlich aufgereihten Spritzen aus einem Kühlschrank.
»Was ist das alles?«, fragte James.
»CHERUB könnte dich jederzeit an jeden beliebigen Ort auf der Welt schicken. Du brauchst Impfungen: Grippe, Cholera, Typhus,
Weitere Kostenlose Bücher