Top Secret 9 - Der Anschlag (German Edition)
mit den Spritzdüsen herum, bis er sich endlich wieder einigermaßen gut fühlte. Dann tauchte er mit rosig leuchtender und verschrumpelter Haut in seinem luxuriösen Bademantel aus dem vernebelten Bad auf.
Hassam saß in seinem Büro und die Putzfrau war oben, also schritt Fahim einsam barfuß über den Marmorfußboden des Flurs. Überrascht sah er ins Wohnzimmer. Sein Vater hatte den Couchtisch wieder aufgerichtet und die Zeitschriften darauf ausgelegt, aber der Vorleger war weg. Als er eintrat, spürte er, dass der Teppichboden feucht war.
Er grub seine Zehen in den Flor und cremiger Schaum drang zwischen ihnen hindurch. Das Gefühl gefiel ihm. Da kam ihm die blutende Nase seiner Mutter wieder in den Sinn. Sein Vater musste das Blut vom Teppichboden geschrubbt und den Vorleger zusammengerollt haben, damit er gründlich gereinigt werden konnte.
Als er sich umwandte, um wieder in sein Zimmer zu gehen, bemerkte er neben dem klobigen Fuß einer Bodenvase einen kleinen weißen Klumpen. Er bückte sich, schrak aber zurück, als er sah, dass es ein Zahn war.
Solange er denken konnte, hatte ihm das Lächeln seiner Mutter einen leicht schief stehenden Schneidezahn mit drei charakteristischen Kerben gezeigt. Jetzt war sie fort und hatte einen Teil ihres Lächelns zurückgelassen. Obwohl er sich ekelte, verspürte er doch gleichzeitig den zwanghaften Drang, den Zahn genauer zu untersuchen.
»Machst du da etwas Bestimmtes?«, fragte ihn Sylvia.
Fahim schrak auf. Er ließ den Zahn in die Tasche seines Bademantels gleiten und drehte sich schnell um. »Nichts Besonderes«, antwortete er der Putzfrau.
»Ich habe dein Bett neu bezogen. Jetzt muss ich das Chaos, das dein Vater hier drin angestellt hat, in Ordnung bringen. Wenn dieses Shampoo zu lange im Teppich bleibt, ohne dass ich es auswasche, wird er steif wie ein Brett.«
»Genau«, bestätigte Fahim unsicher. »Ich schätze, er macht nicht allzu oft Teppiche sauber. Aber ich wollte sowieso wieder zurück in mein Zimmer.«
Die Entdeckung des Zahns war immer noch ein Schock für Fahim. Er wollte unbedingt mit seiner Mutter sprechen und hören, dass es ihr gut ging. Er nahm zwei Stufen auf einmal, rannte in sein Zimmer hinauf, setzte sich auf das frisch gemachte Bett und nahm sein Handy aus dem Regal.
Er klappte es auf, wählte die Nummer seiner Mutter und wartete. Zu seiner Überraschung glaubte er, ihren typischen Klingelton hören zu können. Er ging in den Gang über der Eingangshalle, wo das Klingeln lauter zu ihm drang.
Fahim beugte sich über die Brüstung, um sicherzugehen, dass niemand in der Nähe war. Dann lief er rasch in die Eingangshalle hinunter und schlüpfte ins Ankleidezimmer seiner Mutter. Es war nur ein kleines Zimmer – im Verhältnis zur Größe des Hauses – mit einem Waschbecken, einer Frisierkommode und Einbauschränken an einer Wand.
Er verfolgte das Klingeln bis zu einer Handtasche zurück – derjenigen, die seine Mutter am Tag zuvor in die Warrender Prep mitgenommen hatte – und sah auf das Display: Anruf Fahim .
Es war seltsam, dass seine Mutter ihr Handy nicht mitgenommen hatte. Und noch seltsamer kam es ihm vor, als er ihren Geldbeutel, ihre Haus- und Autoschlüssel und die Brieftasche mit ihren Kreditkarten bemerkte.
Fahim dämmerte, dass sein Vater ihn angelogen hatte. Wie sollte seine Mutter weggelaufen sein, um in einem Hotel zu übernachten – noch dazu mit einer blutigen Lippe –, ohne Autoschlüssel und ohne Kreditkarten, mit denen sie die Rechnung zahlen konnte?
Sein Vater hatte etwas Schreckliches getan – hatte er sie so schwer verletzt, dass sie irgendwo im Krankenhaus lag, oder vielleicht sogar umgebracht? Kalte Angst stieg in ihm auf, bis sie ihm wie ein Tischtennisball in der Kehle saß. Er rannte zurück in sein Zimmer, warf sich aufs Bett, grub die Finger in die Kissen und zitterte am ganzen Körper.
Fahim war schockiert über das, was mit seiner Mutter geschehen war. Aber er war auch zornig. Sie hatte ihm erzählt, die ganze Sache mit dem Flugzeug sei ein Missverständnis gewesen, aber dann hatte er gehört, wie sie gedroht hatte, zur Polizei zu gehen. Sie hatte gelogen, sein Vater hatte gelogen. Fahim hasste es, dass er in einer Lage war, die er weder verstehen noch beherrschen konnte.
»Warum kann ich nicht einfach normale Eltern haben?«, stöhnte er leise.
Er zermartete sich den schmerzenden Kopf, um sich einen Plan zu überlegen. Seine Mutter hatte ihm immer befohlen, sich aus den Streitereien
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