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Top Secret - Der Ausbruch

Top Secret - Der Ausbruch

Titel: Top Secret - Der Ausbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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austeilte. Jeder erhielt eine Papiertüte mit Sandwiches, einen Viertelliter Milch aus den staatlichen Produktionsüberschüssen sowie zwei Schokoladenkekse.
    Wie Mark - ein Junge mit einem blauen Auge im Bett neben James - erklärte, gab es nur mittags warmes Essen. Um sich die Ausgaben für eine große Kantine und die entsprechenden Sitzgelegenheiten zu sparen, wurde das Essen in Zwanzig-Minuten-Schichten in einem kleinen Gebäude auf dem Sportplatz an die Häftlinge ausgeteilt. Essenszeit: zwischen elf und sechzehn Uhr.
    Wie die meisten Jungen in seinem Alter hatte James immer Hunger. Er wünschte sich, sein Magen wäre heute Morgen nicht so flau gewesen und er hätte mehr von Laurens Pfannkuchen vertragen können. Das eklige Sandwich im Gericht hatte er zum größten Teil ins Klo geworfen, aber das Angebot im Arizona Max war noch schlimmer: verlaufener
Käse und brauner Salat auf von Mayonnaise aufgeweichtem Brot.
    »Magst du das nicht?«, fragte Dave und griff sich James’ Paket von der Trennwand zwischen ihren Betten.
    »Von Majo wird mir schlecht.«
    Dave verschlang das Sandwich, während James traurig in seine Papiertüte starrte und den letzten Bissen von seinen Keksen aß.
    »Kann ich dafür einen von deinen Keksen haben?«, fragte er.
    »Nö«, antwortete Dave und leckte sich mit der Zungenspitze die restliche Mayonnaise vom Kinn.
    »Komm schon!«, verlangte James. »Ist doch ein guter Tausch, einen Keks gegen ein ganzes Sandwich!«
    »Aber ich hab sie schon aufgegessen«, erwiderte Dave.
    Wütend warf sich James auf seine Matratze. Den ganzen Tag über hatte er nur zwei Kekse gegessen und ein paar Bissen von einem Sandwich heruntergewürgt. Er hatte jetzt schon Hunger und wusste, in der Nacht würde es noch schlimmer werden.
    »Hast du das Formular aus dem Gefängnisladen gesehen?«, fragte Dave. »Ist in deiner Tüte.«
    James entnahm dem Beutel das zusammengefaltete Blatt Papier und einen Bleistiftstummel - zu kurz, um jemanden damit zu erstechen. Oben auf dem Bogen stand seine Häftlingsnummer. Sorgfältig
las er die Regeln durch, die auf der Rückseite standen.
    Um Erpressung, Glücksspiel und Drogenhandel vorzubeugen, durften die Häftlinge kein Bargeld besitzen. Jeder Gefangene hatte ein Konto beim Laden, auf das Freunde oder Verwandte von außen wöchentlich fünfzig Dollar einzahlen konnten. Jede Woche erhielten die Gefangenen ein Formular, auf dem sie ankreuzen konnten, welche Dinge sie haben wollten, sofern ihr Konto gedeckt war. Die lange Liste enthielt alles vom Miniaturfernseher für neunundneunzig Dollar bis hin zu Telefonkarten, Marlboro-Zigaretten, Haargel, Erdbeerkuchen und Erdnussbuttertörtchen.
    Dem Formular zufolge hatte James ein Guthaben von hundertdrei Dollar und siebzehn Cent, wovon zwanzig Dollar von einer Wohlfahrtseinrichtung zur Unterstützung jugendlicher Häftlinge stammten und der Rest angeblich von seinem Ladenkonto in Nebraska übertragen worden war.
    Abe kam mit einem Keks und seinem Formular an James’ Bett.
    »Ich hab keinen Hunger«, sagte er lächelnd, so als ob er einen Gefallen erwartete.
    »Danke«, erwiderte James, brach den Keks durch und schlang ihn mit zwei Bissen herunter.
    »Ich verstehe das nicht«, meinte Abe und wedelte mit seinem Formular.
    James nahm das Formular und erklärte ihm, wie
der Laden funktionierte. Auf Abes Konto standen lediglich die zwanzig Dollar von der Wohlfahrt.
    »Du musst mit deiner Mutter oder sonst jemandem sprechen, damit du jede Woche Geld überwiesen bekommst«, erklärte James. »Am besten kaufst du dir erst mal eine Telefonkarte für zehn Dollar, damit du sie anrufen kannst.«
    »Und das hier?«, fragte Abe und fuhr mit dem Zeigefinger die Liste entlang.
    »Du kreuzt an, was du haben willst, gibst das Formular ab und erhältst ein paar Tage später dein Paket.«
    »Kannst du mir bei der Auswahl helfen? Ich kann nicht so gut lesen.«
    James nahm Abes Formular und kreuzte zuerst das Kästchen vor der Telefonkarte an. Als er aufblickte, sah er zwei Jungen auf sich zukommen. Eigentlich sollte das Fehlen von Bargeld ein Schutz vor Diebstahl und Erpressung unter den Häftlingen sein, doch im Prinzip führte es nur dazu, dass die Formulare selbst zu einer Art Währung wurden.
    Auf Raymond und Stanley Duff hatte der Anblick von zwei neuen Gefangenen mit den Formularen in der Hand die gleiche Wirkung wie der Geruch von Blut auf Haie. Zwar gehörten die rothaarigen Brüder nicht gerade zur Elite der Zelle, aber sie waren hart genug,

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