Top Secret - Der Ausbruch
Verbrechens für schuldig bekennt, um eine mildere Strafe zu bekommen. Anklage und Strafmaß werden dabei im Voraus zwischen Richter und den beiden Anwälten ausgehandelt, sodass die Anhörung vor Gericht nur noch reine Formsache ist.
James und Dave standen im hinteren Drittel des Raumes hinter einer roten Linie. Auf einem Schild an der Wand wurde dem Häftling, der sie zu übertreten wagte, eine Strafe von neunzig Tagen angedroht.
»Nun gut«, meinte die Richterin mit einem raschen Blick auf die Uhr. »Es ist spät, also lassen Sie uns die Sache hinter uns bringen. James und David Rose gegen den Staat Arizona, Fall Nummer sechsnull-neun-neun.
Minderjährige angeklagt als Erwachsene, ein Anklagepunkt lautet auf Raub, einer auf Mord. Die Verteidigung hat angeboten, dass sich die Angeklagten des Raubes für schuldig bekennen sowie des Totschlags und eine achtzehnjährige Strafe verbüßen. Ist die Staatsanwaltschaft mit diesem Vorschlag formal einverstanden?«
»Ja, Madam.« Der Staatsanwalt nickte.
Die Richterin sah James und Dave an. »Hat Ihnen Ihr Anwalt erklärt, dass Sie alle Rechte auf Berufung aufgeben, wenn Sie sich jetzt dieser Anklage für schuldig bekennen und auf den Vorschlag eingehen?«
James und Dave nickten einstimmig. »Jawohl, Madam.«
»Sehr schön«, meinte die Richterin ernst. »Vermerken Sie in den Akten, dass James und David Rose zu einer Haftstrafe von achtzehn Jahren verurteilt werden.«
Die beiden Anwälte traten vor und schüttelten der Richterin die Hand. James warf einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass er den ganzen Tag in einer stickigen Zelle auf eine Verhandlung gewartet hatte, die genau drei Minuten gedauert hatte.
13
Der Bus zum Arizona Max hatte Metallgitter vor den Türen und vor den Fenstern. Zwei Schließer mit Pumpguns saßen etwa einem Dutzend Häftlinge in einem Bus gegenüber, in den gut fünfzig gepasst hätten.
James und Dave hatten ihre Plätze ziemlich weit hinten. In der Mitte saßen Frauen und vorne die Männer. Den Ehrenplatz hatte ein Riese mit einem langen roten Bart eingenommen, der als Letzter an Bord gebracht und mit einer Metallstange an seinen Sitz gefesselt worden war.
James sah sich nach Dave in der Reihe hinter ihm um. »Was zum Teufel hat er bloß getan?«
Der einzige andere Junge im Bus beugte sich über den Gang, um die Frage zu beantworten. Er war ein mageres Kerlchen namens Abe, kaum größer als James. Lediglich der Bartflaum an seinem Kinn verriet, dass er fast siebzehn war.
»Das ist Chaz Wallerstein«, sagte Abe, als ob das schon Erklärung genug sei.
Als James und Dave ihn nur verständnislos ansahen, fuhr er fort: »Ihr wisst schon, der Bankraub, der mit einer Geiselnahme geendet hat. Hat fünfzehn Leute angeschossen, von denen elf gestorben sind. War groß im Fernsehen. Wo seid ihr zwei denn gewesen? Auf dem Mars?«
James zog den Overall gerade, sodass man das Wort Omaha lesen konnte. »Wir waren da in Einzelhaft.«
Abe lächelte. »Mars oder Nebraska, das nimmt sich nicht viel, glaube ich … Ihr wisst schon, dass ihr Ärger erwarten könnt, wenn die Schließer die Fluchtgefahr-Westen sehen, ja?«
Das Arizona Max wurde im Jahr 2002 eröffnet, um der immer größeren Flut von Häftlingen zu begegnen. Es handelte sich um ein multifunktionales Gefängnis, ausgelegt für sechstausendfünfhundert Personen in vierzehn h-förmigen Zellenblöcken. In neun Hochsicherheitstrakten befanden sich erwachsene Straftäter, in zwei Blocks saßen weibliche Häftlinge ein, außerdem gab es zwei Super-Hochsicherheitsblöcke (Supermax) mit Todestrakt sowie den gefährlichsten Insassen des Staates. Im letzten Block saßen etwa dreihundert Jugendliche unter achtzehn Jahren ein.
Das riesige Gelände erstreckte sich über viele Hektar Land und war von drei elektrischen Zäu - nen sowie zwei Stacheldrahtbarrieren von über zehn Metern Höhe umgeben. Alle Fahrzeuge oder Personen, die in das Gefängnis hineinwollten, mussten durch eine einzige Einfahrt.
Der Bus, in dem James und Dave saßen, fuhr durch das erste Tor in eine Art Schleuse, die von zwanzig
Meter hohen Mauern umgeben war. Das Außentor wurde von einem Kontrollgebäude außerhalb der Strafanstalt betätigt, während das innere vom Hauptkontrollraum im Inneren gesteuert wurde. Durch dieses doppelte Kontrollsystem, die sogenannte Sicherheitsschleuse, wurde gewährleistet, dass kein Häftling entfliehen konnte, auch wenn er jede einzelne Wache im Inneren des Gefängnisses
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