Top Secret. Der Clan: Die neue Generation 1 (German Edition)
Akzent.
»Willkommen«, schnurrte er. »Vielleicht überlegst du es dir ja demnächst zweimal, bevor du Kuban schlägst, ja?«
Er hatte den Blick nur kurz von der Straße gewandt, aber es reichte aus, dass Ning das getrocknete Blut an seiner Nase sah.
»Du bist Kuban?«, fragte sie. »Ich habe dich geschlagen?«
Sie zermarterte sich das Hirn, doch das Letzte, woran sie sich erinnerte, war, dass sie in der Lounge des Kreml den Kopf an Ingrids Schulter gelegt hatte.
»Hast du«, antwortete der Junge mit leisem Lächeln. »Kawumm, direkt in die Fresse.«
»Halt die Klappe, Junge!«, dröhnte Kuban und nahm die Hand von der Gangschaltung, um dem Jungen mit einer Ohrfeige zu drohen.
Während sie weiterfuhren, wurde Nings Kopf klarer. Nach einer Weile hörte der Steinregen gegen die Unterseite des Wagens auf, und sie bemerkte, dass sie in eine bebaute Gegend gelangt waren. Sie waren von zwei- bis dreistöckigen Gebäuden umgeben. Die meisten waren verfallen und aus den gleichen Betonfertigteilen wie die Gebäude um den Flugplatz herum.
Auf einem Hof voller Pfützen hielten sie an. Der Teenager machte die Tür auf, sodass Ning etwas sehen konnte. Überall lagen Zigarettenstummel und Styroporbecher herum und auf der anderen Seite standen überquellende Mülltonnen.
Vor ihnen hatte ein weiterer Wagen geparkt. Es war ein kleiner russischer Lada, und sie sah, wie ein großer Mann Ingrid befahl, auszusteigen. Sie hatte die Hände auf dem Rücken gefesselt, aber ihre Beine waren frei.
Kuban hatte mittlerweile eine klapprige Frau mittleren Alters entdeckt, die zwischen den Müllsäcken hockte. Er schrie etwas auf Russisch und stürmte auf sie zu. Die Frau heulte auf, als er sie zwischen den raschelnden schwarzen Säcken hervorzog. An ihrem Haar zerrte er sie durch eine große Pfütze und stieß ihren Kopf dann nur Zentimeter von Ning entfernt gegen das Auto.
Das verzweifelte Stöhnen der Frau klang schrecklich. Kuban schlug erneut ihren Kopf gegen den Wagen, warf sie dann zu Boden und tat einen Schritt zurück, um sie kräftig in den Bauch zu treten. Sie schrie auf, und Kuban rief nach ein paar Leuten, die aus dem Gebäude angelaufen kamen, und befahl ihnen, sie ihm aus den Augen zu schaffen.
»Stiehlt meinen Müll, reißt die Tüten auf und macht eine Riesenschweinerei«, sagte Kuban zu Ning, beugte sich ins Auto und sah sie finster an. Seine Zähne waren schwarz und sein Atem stank entsetzlich.
Ning war machtlos, als er sich ihre Haare um die Hand wand und sie daran aus dem Auto zerrte.
»Gefällt dir das?«, lachte er.
Er ließ sie los, und da sie die Hände auf dem Rücken gefesselt hatte, konnte sich Ning nicht schützen und stürzte in den Kies, sodass sie mit dem Kinn aufschlug. Sie hatte schon Angst, Kuban würde sie ebenso wie die Frau in den Bauch treten, aber stattdessen brüllte er den Teenager auf Russisch an.
Der Junge trug ein Barcelona-Fußballhemd, dreckige Jeans und ein paar Turnschuhe, bei denen eine rosa Zehe durch einen Riss im Leder sah. Ning war nicht gerade leicht, aber er hob sie mit einer Hand hoch und warf sie sich über die Schulter.
Während ihr Haar dem Teenager über den Rücken fegte, trug er sie durch eine Metalltür und eine nackte Betontreppe empor. So gingen sie über eine polierte Tanzfläche, an deren Rand große Lautsprecher an der Wand standen, und gelangten dann in einen spärlich möblierten Bereich mit Spiegeln und einem Geländer an einer Seite, der aussah, als wäre er fürs Balletttraining gedacht.
Kuban saß Ingrid an einem Schreibtisch gegenüber und hatte ein MacBook Pro vor sich stehen. Ihre Handschellen waren ihr von ihren beiden kräftigen Begleitern abgenommen worden, die jetzt mit dem Rücken zu den Spiegeln standen. Der Teenager fragte, was er mit Ning machen sollte.
»Fußboden«, knurrte Kuban und wandte sich wieder Ingrid zu.
Der Teenager setzte Ning mit dem Rücken zu den Spiegeln ab. An ihrer Jeans klebte der Split, ihr Kinn blutete, und der Kopf schmerzte, weil Kuban sie an den Haaren gezogen hatte.
Kuban klappte den Laptop auf und lächelte Ingrid an.
»Du weißt, was ich will«, sagte er. In diesem Moment machte der Teenager Anstalten, den Raum zu verlassen.
»Hierbleiben«, befahl Kuban. »Sieh zu und lerne.«
»Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen, Buddy«, versuchte Ingrid Kuban mit ihrem heftigsten Liverpooler Akzent zu verwirren.
»Buddy?«, fragte Kuban.
»Du weißt schon, Buddy«, erwiderte Ingrid, »Buddy, so wie Kumpel, Alter. Mein
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