Top Secret - Die Mission
Kopf.
James’ entschied, dass Schwänzen seine einzige Möglichkeit war. Sobald es zur Mittagspause klingelte, lief er mit Hunderten anderer Schüler zum Haupttor hinaus und einfach weiter. Er kannte die Gegend nicht sehr gut, aber er wusste von seinen Fahrten mit dem Schulbus, dass es ein paar Kilometer vor der Schule einen Ort mit einer halbwegs vernünftigen Einkaufsstraße gab, und dorthin machte er sich auf.
Die Straße war schmal und ohne Gehweg. Es herrschte nicht viel Verkehr, aber er war flott unterwegs, und wenn man um eine Ecke bog, musste man gehörig aufpassen. Die Sonne schien, und der stramme Spaziergang in der frischen Landluft ließ James’ Kopf wieder klarer werden. Er hatte zum
Frühstück nur ein paar Löffel Weetabix runterbekommen, und als er bei den Läden ankam, hatte er einen Bärenhunger.
James’ erster Gedanke war: Wo bekomme ich veganes Essen her? Doch nachdem er an einem Reisebüro und einem Bäcker vorbeigelaufen war, der Pfefferkuchenmännchen und Sahnetorten im Schaufenster hatte, fiel ihm ein, dass er ja alleine unterwegs war, niemand kannte ihn, also konnte er essen, was er wollte. In seiner Hosentasche fand er zu seiner Erleichterung einen Fünfer und ein bisschen Kleingeld.
Und was noch besser war, auf der anderen Straßenseite entdeckte er einen Burgerladen. Keinen hochmodernen, sondern einen alten, mit eingeschweißten Speisekarten auf Plastiktischen und Ketchup-Flaschen, die aussahen wie riesige Tomaten. Der Imbiss war voll, aber nicht überfüllt, und die Bedienung sagte James, er könne sich setzen, wohin er wolle.
Zehn Minuten später stellte sie eine Cola und einen ovalen Teller vor ihm ab, auf dem Pommes frites und ein riesiger Doppelburger lagen, belegt mit Fleisch und Käse, gebratenen Champignons und Röstzwiebeln.
James hatte vom Alkohol, den er am Abend vorher getrunken hatte, Nachdurst und trank erst mal die halbe Cola aus, bevor er nach dem Burger langte.
Es war mit Sicherheit das Leckerste, was er seit Tagen gegessen hatte, er genoss das Fett, das aus
dem Fleisch tropfte, und den scharfen Geschmack der knusprigen Zwiebeln. Doch als er zum zweiten Mal abbeißen wollte, blieb sein Blick an dem gebratenen Hackfleisch hängen, und er begann nachzudenken.
Er erinnerte sich daran, gelesen zu haben, dass Hamburger aus dem zähen Fleisch gemacht werden, das die Milchkühe lieferten, wenn sie zu alt waren, um noch Milch zu geben. »Milchmaschinen« wurden sie in einem Buch genannt: eingesperrt in winzige Metallboxen, vollgepumpt mit Hormonen und Antibiotika und ständig schwanger gehalten, damit die Milch floss. Als er den schmelzenden Käse betrachtete, stand ihm plötzlich das Bild in einem der Bücher vor Augen, auf dem eine Kuh mit entzündetem Euter gezeigt wurde, und er dachte an die Geschichten, wie der bakterienverseuchte Eiter in die Milch gelangte.
»Wie schmeckt es, junger Mann?«, fragte die Kellnerin.
»Mmm, lecker«, antwortete James und nahm schließlich den zweiten Bissen.
Der Burger war so gut wie jeder andere, den James je gegessen hatte, doch die Lektüre, mit der er sich auf die Mission vorbereitet hatte, und die Gespräche mit den Aktivisten machten es schwer, die grausamen Bilder nicht mit dem Essen in Verbindung zu bringen, das er sich in den Mund schob.
James hatte nicht die Absicht, Vegetarier zu werden,
aber während er aß, hatte er das unangenehme Gefühl, dass ihn von nun an jedes Mal, wenn er Fleisch aß, sein Gewissen quälen würde.
18
James wollte nicht dabei erwischt werden, wie er den späten Schulbus nach Hause nahm, doch damit war er auf den öffentlichen Bus angewiesen, der nur alle Stunde seine Runde drehte und Corbyn Copse nicht direkt anfuhr, sondern vier Kilometer entfernt in einem Dorf hielt. Von dort lief er zwei Kilometer, bis ihn einer der älteren Aktivisten mitnahm.
Dennoch war es fast sechs Uhr, als er zu Hause ankam und er erwartete ein Donnerwetter von Zara. Aber sie war noch nicht zurück. Stattdessen traf er in der Küche Ryan und Lauren an, die Abendessen kochten. Ryan erzählte alte Zebra-84-Geschichten, und Lauren sog sie begierig auf, während sie Zwiebeln schnitt und ins heiße Öl gab.
»Ich habe dich bestimmt sechs Mal auf dem Handy angerufen«, verkündete Lauren. »Miss Hunter ist in meine Klasse gekommen und hat gefragt, ob ich weiß, warum du nicht im Sportunterricht bist.«
Die Wahrheit war so offensichtlich, dass James
nicht einmal versuchte, zu lügen. »Ich hatte solche Kopfschmerzen,
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