Topas
wiederum verstärkten Druck auf ihre
Verbündeten ausüben.
Sie hatten einen
französischen Sicherheitsbeamten vom Schlag eines Andre
Devereaux bewußt in die Sache hineingezogen, um Frankreich in
das Fahrwasser der amerikanischen Politik zu zwingen.
Und konnte er denn
sicher sein, daß nicht auch die Engländer mit den
Amerikanern gemeinsame Sache machten, damit Frankreich geduckt
werde? Frankreich war schon von den deutsch-amerikanischen
Gesprächen ausgeschlossen worden und würde nun durch den
heißen Draht zwischen Washington und Moskau völlig
kaltgestellt sein.
Obendrein konnten die
Amerikaner aufgrund der angeblichen Raketenkrise ihre
Vormachtstellung in der NATO weiter ausbauen.
Hatten die
Großmächte nicht ein Gaukelspiel inszeniert, um
Frankreichs wahre Bestimmung als Führer Europas zu
durchkreuzen?
Selbst wenn der
SDECE-Bericht falsch war, würde es am Ende doch auf das
gleiche hinauslaufen. Amerika würde mächtiger denn je
dastehen. Der Präsident steigerte sich immer mehr in den
Wunsch hinein, den angloamerikanischen Einfluß in Europa zu
brechen.
87
Oberst Brune ging in
seinem Büro auf und ab. Der Raum lag in dem zum Sitz des SDECE
umgewandelten Kasernengebäude am Boulevard Mortier. Eine Weile
blieb er am Fenster stehen und starrte auf den Hof hinunter; dann
kehrte er zu seinem Schreibtisch zurück.
Brune griff nach der
Wochenzeitung Moniteur. Sie enthielt das
übliche oppositionelle Geschrei, aber Francois Picards Artikel
war rot umrandet.
*
Es riecht brenzlig am
Boulevard Mortier. Gerüchte, die schon bald bestätigt
werden dürften, verbreiten den Gestank eines Skandals
innerhalb des SDECE. Man weiß seit langem, daß der
französische Geheimdienst bis ins Innerste verseucht ist. Der
Verrat hat derart um sich gegriffen, daß unsere
Verbündeten nicht mehr wagen, Geheimmaterial mit Frankreich
auszutauschen. Aber unser Präsident legt ja auch keinen Wert
auf Verbündete …
*
Brune knallte die
Zeitung wütend auf den Tisch. Offensichtlich hatte Picard
diesen Wink von Devereaux bekommen, um Brune anzugreifen. Seit der
Topas-Brief des amerikanischen Präsidenten in Paris vorlag,
wurde er, Brune, einer der Chefs des Geheimdienstes, wie ein
gemeiner Spion überwacht.
Er setzte sich, las
den Brief noch einmal durch und griff zum Haustelefon.
»Schicken Sie mir Ferdinand Fauchet, aber
sofort.«
Francois und Michele
schliefen eng umschlungen, als das Telefon läutete. Francois
gähnte sich wach und tastete nach dem Hörer.
»Hallo«, sagte er verschlafen.
»Hallo. Ich rufe
Sie im Auftrag von Monsieur Devereaux an. Er hat bis spät in
die Nacht gearbeitet und eben erst sein Büro verlassen.
Monsieur Devereaux meinte, seine Tochter Michele sei wahrscheinlich
bei Ihnen.«
»Ja, sie ist
hier. Möchten Sie sie sprechen?«
»Nicht
nötig. Er bat mich, seine Tochter anzurufen und ihr zu sagen,
sie möchte doch bitte sofort nach Hause
kommen.«
»Ist etwas
passiert?«
»Das kann ich
nicht sagen, aber Monsieur Devereaux schien sehr beunruhigt zu
sein.«
»Gut, ich
schicke Michele gleich heim.«
Michele wollte auf
keinen Fall, daß Francois sie im Wagen nach Hause brachte,
und er gab schließlich nach. Als sie sich den letzten
Abschiedskuß gaben, war Mitternacht längst
vorüber.
Ferdinand Fauchet, der
seinen Wagen auf der anderen Straßenseite geparkt hatte, sah
Michele herauskommen und in Picards Wagen davonfahren. Sobald sie
außer Sicht war, nickte er seinen vier wartenden Mordgesellen
zu. Sie gingen in Francois Wohnung hinauf. Francois wollte eben das
Licht ausdrehen, als es klopfte. Da er annahm, daß Michele
die Autoschlüssel vergessen habe, ging er arglos zur
Tür.
Die Knüppel und
Totschläger trafen ihn auf Mund und Schläfen.
88
Wassilij Leonow band
seine rutschende Schlafanzughose fester und musterte sich im
Badezimmerspiegel. Er hatte einen leichten Kater von dem Fest am
Abend vorher. Amerikaner waren keine Spielverderber. Leonow hatte
das Hin und Her der politischen Streitgespräche, die
vertraulichen Witzeleien und die zwanglose Atmosphäre sehr
genossen. Wirklich, die Amerikaner waren höchst
vergnügliche Burschen.
Leonow öffnete
das Medizinschränkchen und fischte nach einem dieser
wundervollen amerikanischen Mittel. Zuerst ein Bromo. Er verzog das Gesicht, als er das
zischende Gebräu hinunterschluckte, preßte dann die
Lippen fest zusammen, sprühte sich aus einer Flasche
Seifenschaum ins Gesicht, legte eine neue Klinge ein und fing an,
sich
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