Topas
und seine Gattin neben
einer schweren Louis-Quinze-Truhe, um die lange Schlange der
Gäste zu begrüßen. Ordner huschten hin und her,
suchten die prominentesten Gäste aus der Schlange heraus und
führten sie direkt zum Botschafter und seiner Frau.
Ciaire d'Arcy war eine
elegante Französin, strahlend und klug. D'Arcy, ein kleiner,
rundlicher, lebhafter Mann, begrüßte jeden Gast so, als
habe er einen lange vermißten Bruder wiedergefunden. Man
hatte ein sinnvolles Protokoll ausgearbeitet, das sich von den
vielen qualvollen steifen Empfängen in Washington angenehm
unterschied. Ja, in bezug auf das Protokoll konnte man von den
Franzosen einiges lernen.
Michele und Tucker
Brown IV. begaben sich zu dem überdachten Balkon, wo es
verhältnismäßig ruhig war. Von hier aus konnte man
die weitläufigen Rasenflächen hinter der Botschaft
erblicken. Sie gerieten in die erste Gruppe von Snobs (wenn man die
Gesellschaft in Snobs und Spießer unterteilte). Es war die
unterste Stufe des Snob-Ordens - die Gruppe der Pseudosnobs.
Gegenstand ihres Snobismus waren französische Speisen und
Weine (die meisten waren Amerikaner).
Grundregel für
die Wortgefechte war, daß nur französische Weine in
Betracht kamen. Es ging lediglich darum, welcher französische
Wein welchem französischen Wein überlegen sei.
Aber Tucker Brown IV.
hatte einen barbarischen Geschmack. Unglücklicherweise
schoß er genauso daneben, wie er es im Außenministerium
zu tun pflegte. Er wirkte wie ein junger tapsiger
Neufundländer, der über seine eigenen großen Pfoten
stolpert. Tucker unternahm einen jämmerlichen Versuch, ein
Wort für den deutschen Wein einzulegen. Dann - o Schreck! -
erwähnte er auch noch einen kalifornischen. Man rümpfte
verächtlich die Nase. Michele kicherte. Die unerträgliche
Stille wurde von einem anderen Mitglied des niederen Ordens
unterbrochen, von einem Speisen-Snob. Tucker Brown IV. trat auch
noch mit dem zweiten Fuß ins Fettnäpfchen. »Es
gibt einige wirklich ausgezeichnete französische Restaurants
in New York, und ich persönlich finde das Rive Gauche hier in Washington
erstklassig.«
»Aber Tucker,
das ist mehr als französisch! Der Inhaber ist Korse.«
Gelächter.
Tucker Browns
Pechsträhne war noch nicht zu Ende. Ein wenig später
stand er auf einmal mitten in einer Gruppe von Sprach-Snobs.
Französisch, wie die Franzosen es sprechen, war die einzig
mögliche Sprache, die Weltsprache für Diplomatie und
Kultur. Also versuchte sich Tucker ein wenig in seinem
schauerlichen Französisch. Man zog schmerzliche Grimassen und
lächelte nachsichtig. Schließlich mißbrauchten
alle das Französische aufs übelste, diese Sprache der
Dichter und der bedeutendsten Literatur der Menschheit.
Andre
unterdrückte ein Gähnen, während er von einer Gruppe
zur anderen ging. Das Geplänkel heute abend war nicht mehr als
die Pflege einer alten Gewohnheit. Wie immer zogen die Amerikaner
den kürzeren. Sie versuchten schließlich nur, die
Franzosen mit aller Gewalt zu imitieren, und wurden so gezwungen,
ein Spiel mitzuspielen, das die Franzosen erfunden hatten und
perfekt beherrschten.
Zum Leidwesen
Frankreichs, dachte Andre, ließ sich mit Snobismus und kluger
Konversation keine Weltherrschaft errichten. Während die
amerikanische Vorherrschaft immer deutlicher in Erscheinung trat,
wurden die französischen Worte immer galliger. Die Amerikaner
konnten über Kunst, Literatur und Parfüm nicht mitreden.
Paris war der Mittelpunkt des Universums, das Zentrum für
Lederwaren, Stoffe und Moden. Frankreich bestimmte, was
geschmackvoll war, und war tonangebend in Liebesliedern,
Liebeskünsten, Kristall, Silber und politischem
Aplomb.
Die Franzosen
vermieden wohlweislich Gegenangriffe, die Sport, Erziehung,
Naturwissenschaften, Produktion und Demokratie betrafen; auch
militärische Stärke war ein wunder Punkt. Die Franzosen
benutzten oft das Wort »pedantisch«, um Dinge zu
beschreiben, die nicht französisch waren. Und die Amerikaner
behaupteten, Paris habe die unhöflichste, egozentrischste,
überheblichste Bevölkerung der Welt.
Andre wurde hungrig.
Er stieg die Treppe zum großen Speisezimmer hinauf und nahm
von den Bergen von Kaviar, Gänseleberpasteten, Lachs,
Käse-Souffle, Trüffeln und anderen delikaten Dingen.
Andre hielt nicht viel von Staatsbeamten, die die Hälfte ihrer
Zeit bei Zeremonien und die andere Hälfte auf Gesellschaften
zubrachten und nicht die Diener des Volkes, sondern seine Herren
waren. Er wollte nach
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