Topchter der Köingin Tess 1
wusste, welche Ladung Ihr gerade aufgenommen hattet und wohin Ihr damit vermutlich wolltet.«
Er strich sich mit einer liebenswert zerknirschten Geste über den Bart. »Ja«, brummte er. »So mache ich das meistens.«
Die Sonne strahlte, doch nun, da ich mich nicht mehr bewegte, war mir kalt. Der Regen, der gestern Abend gedroht hatte, war doch nicht gefallen, aber ich spürte die Kühle in der Luft, die vom Wasser emporstieg. Ich hob meinen dreckigen Umhang auf, den ich hatte fallen lassen, und legte ihn mir um die Schultern. Meine verschwitzte Haut kühlte rasch ab, und ich fühlte mich grässlich -klebrig und klamm. »Kapitän«, begann ich zaghaft. »Hattet Ihr schon Gelegenheit, mit Eurem Ersten Offizier über das Wasser zu sprechen?«
»Ja, Madam«, antwortete er rasch. »Deshalb wollte ich Euch sprechen. Er ist nicht erfreut über Euren Vorschlag und verlangt einen so hohen Preis, dass ich mich schäme, ihn Euch mitzuteilen. Aber Haron ist für die Vorräte zuständig, und er ist ein guter Mann. Ich würde ihn ungern wegen dieser Angelegenheit an ein anderes Schiff verlieren.«
Ein Seufzen entschlüpfte mir, und ich zog den Umhang am Hals fest zu, während der Wind mir das letzte bisschen Wärme fortwehte, das sich noch darunter gehalten hatte. Die knifflige Politik innerhalb kleiner Gruppen verstand ich nur zu gut. Der Kapitän konnte die Entscheidung seines Ersten Offiziers zwar ignorieren, doch das würde möglicherweise zu einem Zerwürfnis führen. Da musste mein Bedürfnis nach Sauberkeit natürlich zurückstehen. »Um ehrlich zu sein«, sagte ich und sah ihn von der Seite an, »habe ich mir etwas überlegt. Statt ihm das Wasser direkt abzukaufen, könnte ich doch versuchen, es zu gewinnen – als Euren Einsatz bei einem Kartenspiel etwa. Vielleicht heute Abend?«
Der Kapitän blinzelte. Langsam breitete sich ein Lächeln über sein Gesicht, und er blickte zum Steuer, wo der Erste Offizier und der Steuermann standen und die Bänder musterten, die von den Rändern der Segel hingen. »Das ginge«, sagte er.
Innerlich jubelte ich vor Vorfreude. »Ich würde als Einsatz noch mehr von meiner Zeit bieten. Vielleicht, um Eure Kabine aufzuräumen oder Duncan beim Ordnen Eures Lagerraums zu helfen. Da er ja an der Takelage nichts taugt.«
Die blauen Augen des Kapitäns leuchteten gierig auf. »Ja, Madam«, sagte er. »Ich würde heute Abend gern die eine oder andere Partie mit Euch spielen. Wie wäre es, wenn Ihr bis dahin Zuflucht vor dem Wind sucht? Meine Mannschaft scheint recht beeindruckt von Euch zu sein, trotzdem würde ich an Eurer Stelle nicht unter Deck gehen. Aber Euer Duncan ist in der Kombüse.«
»Ja, danke, ich gehe«, erwiderte ich.
»Gut«, sagte er knapp. »Trinkt einen Tee. Ihr seht aus, als wäre Euch kalt, wenn ich das sagen darf.«
Ich nickte eifrig, zog den Umhang fest um mich und ging über das sich neigende Deck.
Die Freude über die neue Anerkennung wärmte mich ebenso wie die plötzliche Windstille, als ich den Kopf durch die bogenförmige Türöffnung in die kleine Kombüse steckte. Duncan war allein. Er lehnte an einer Wand, um sich abzustützen, während er ein Hühnchen rupfte, und blickte zu mir auf.
»Tess.« Er wischte sich mit dem Handrücken über das stoppelige Kinn, wobei aber nur noch mehr Federn in seinem Gesicht hängen blieben. »Ich habe ein bisschen zugesehen. Sehr gut.«
»Danke.« Ich berührte die vertrauten Schlingen an meinem Gürtel. Ich stützte mich am Durchgang ab, trat ein und setzte mich auf die winzige Arbeitsfläche, damit ich ihm nicht im Weg herumstand.
Das kleine Feuer in der beweglich aufgehängten Feuerschale hielt den beengten Raum recht warm, und Duncan trug nur noch eine abgewetzte Hose und ein dünnes Hemd, trotz des frischen Windes, der direkt vor der Türöffnung pfiff. Das Hemd war ihm ein wenig zu klein und zeigte deutlich jede Bewegung seiner Schultern, während er arbeitete. Haron hatte ihn hierhergeschickt, nachdem Duncan das falsche Seil gelöst hatte, woraufhin ein Segel halb herabgefallen war. Ich hegte den Verdacht, dass Duncan das absichtlich getan hatte. Seine Laune hatte sich erheblich gebessert, seit er die Kombüse übernommen und damit etwas Abstand zwischen sich und die barschen Kommandos des Ersten Offiziers gebracht hatte.
»Der Kapitän hat gesagt, ich dürfte etwas vom Tee der Mannschaft haben«, erklärte ich und sah mich suchend nach einem Topf um.
Duncan ließ den halb gerupften Vogel auf die Arbeitsplatte
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