Topchter der Köingin Tess 1
Gesicht war schon heiß und rot angelaufen, weil ich hier kopfüber hing.
»Natürlich.« Er warf einen Blick hinter uns. Seine behandschuhten Hände packten meine Taille fester, und zu meiner großen Erleichterung wurde ich aufgerichtet und sanft vor ihm auf das Pferd gesetzt – im Damensitz, wie es sich gehörte. Doch sein Arm blieb um meine Taille geschlungen, und mit hämmerndem Herzen stellte ich fest, dass meine Chancen, ihm zu entkommen, kein bisschen besser standen. Der Mann hatte Arme, die dicker waren als Zaunpfähle.
Er grinste mir seitlich ins Gesicht. »Überrascht? Hauptmann von König Edmunds Garde ist eine riskante Position, aber sehr dienlich.« Der Arm um meine Taille spannte sich noch fester, als er hinter uns auf den leeren Pfad schaute. »Kavenlow ist entweder verrückt geworden, oder er plant ein Spiel, dessen Ende nicht einmal ich erleben werde, wenn er sich eine Schülerin aussucht, die dem Thron so nahe ist. Zur Hölle, was wenn der wahren Erbin etwas zustieße? Du würdest ausgeschaltet, noch ehe die Tinte auf den Einladungen zu deiner Krönungsfeier trocknen könnte. Der Mann ist wagemutiger, als ich es ihm bei seinem Milchgesicht zugetraut hätte.«
Wieder warf er einen Blick hinter uns. »Also, heraus damit. Es ist unklug, Prinz Schoh-Kopf allzu lang allein zu lassen. Was hält Kavenlow von Garretts Versuch, sich euer Land zu holen? Ich hätte nicht übel Lust, den Esel dabei zu unterstützen, obwohl sein Vater das Königreich natürlich erst annektieren müsste, ehe ich es für mein Spiel nutzen kann.« Seine Zähne wirkten hinter dem schwarzen Bart besonders weiß. »Es wird mir ein Vergnügen sein, die Häfen von Costenopolis zusätzlich zu Edmunds Höfen zu hüten. Pech für euch, dass ihr von vorn anfangen müsst.«
Ich starrte ihn fassungslos an. Er redete, als besäße er mehr Macht, als stünde er im Rang noch über dem Sohn seines Königs. »Wolltet Ihr nicht sagen ›König Edmunds Höfe‹?«, stammelte ich.
»König? Seit wann gewährt man einer Figur solche Titel?« Jeck zögerte und bemerkte wohl jetzt erst, dass ich bisher geschwiegen hatte. Seine Züge wurden ausdruckslos, sein Griff umso fester. »Du hast die Spur nicht gelegt; du bist ihr nur gefolgt. Verdammt bis in die Hölle«, fluchte er. »Er hat dir noch nicht gesagt, wer du bist. Du bist keine Spielerin, du bist immer noch eine verfluchte Figur.«
Ich geriet in Panik und wand mich verzweifelt. »Duncan!«, schrie ich und schlug seinem Pferd beide Fersen gegen die Schulter. Der Schwarze wieherte und machte einen Satz zur Seite. Jeck kämpfte darum, ihn wieder in den Griff zu bekommen, und ich rutschte zu Boden.
Ich rannte in den Wald hinein, als mich unmittelbar hintereinander drei Pfeile trafen. Rinde bohrte sich schmerzhaft in meine Handflächen, als ich aufgrund des Gifts taumelte und mich an einen Baum klammerte. Keuchend kämpfte ich gegen den Schwindel an und gewann rasch das Gleichgewicht zurück, Übelkeit stieg in mir auf. Jeck brach hinter mir krachend durchs Gebüsch. Meine Panik verlieh mir neue Kraft. Ich kämpfte mich vorwärts und begann zu rennen.
»Bedaure, Prinzessin«, sagte Jeck atemlos, als er mich am Arm packte und zu sich herumriss. »Ich vergeude keine Pfeile mehr für dich.«
Ich schnappte nach Luft, als der Knauf seines Schwerts auf mich herabfuhr. Nach einem kurzen, blendenden Schmerz an der Schläfe spürte ich nichts mehr.
13
Mein Kopf schmerzte. Das dumpfe Pochen ging von einer Stelle oberhalb meiner rechten Schläfe aus. Das war der erste Hauch eines bewussten Gedankens, der sich durch die dämpfende Decke der Ohnmacht zwängte. Der zweite war der, dass ich auf etwas Spitzem saß. Es fühlte sich an wie ein Dorn, aber ich hatte den Verdacht, dass es einer von Jecks Pfeilen war. Ein hauchfeines, schwarzes Tuch war straff über meine untere Gesichtshälfte gezogen und schnitt an den Mundwinkeln unangenehm ein. Ich versuchte, die Hände zu heben, und stellte fest, dass meine Arme im Rücken gefesselt waren. Ein vertrauter, kreidiger Geschmack lag mir wie ein dicker Pelz auf der Zunge – diesen Geschmack hinterließ eine Überdosis Gift. Mühsam zwang ich die Lider auseinander und blinzelte.
Der Position der Sonne nach zu schließen war der Mittag längst überschritten. Ich war fast den ganzen Tag lang bewusstlos gewesen. Meine Stiefel und Strümpfe waren weg, was immerhin erklärte, warum meine Füße so kalt waren, dass sie schmerzten. Um meine Knöchel war ein
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