Topchter der Köingin Tess 1
»Und ehe du auf dumme Gedanken kommst, ich bin größer als du, stärker als du, und falls du irgendwelchen Unsinn versuchen solltest …«
Ich verzog das Gesicht, als ich mich an das schrille Kreischen des durchbohrten Eichhörnchens erinnerte. Er ließ mich nicht aus den Augen, während ich mich abmühte, mit dem Strick zwischen den Knöcheln die Decke zurechtzurücken. Schließlich gab ich es auf, hüllte mich in seinen Umhang, zog mir die Kapuze über den Kopf und legte mich hin.
Der Geruch von Pferden und Rauch drang mir in die Nase und schien mich ebenso sehr zu wärmen wie der schwere Umhang. Doch der maskuline Geruch von Jeck, der sich mit hineinmischte, ließ mich wachsam bleiben. Ich tat einen flachen Atemzug, dann einen tieferen, zog so seinen Geruch zu mir heran und untersuchte ihn wie ein neues Gericht aus der Palastküche. Zu meiner eigenen Bestürzung stellte ich fest, dass er angenehm war. Männlich-schön, wie Heather sagen würde. Ich seufzte und wünschte, ich wäre willensstark genug, mir einzureden, dass er stank.
Ich konnte Jeck durch das Feuer hinweg sehen, verzerrt von den Flammen. Er … er zog sein Hemd aus! Mein Herz begann zu rasen, und ich setzte mich hastig auf.
»Bilde dir nur nichts ein, Prinzessin«, sagte Jeck und runzelte die Brauen, als das Hemd an seinem Rücken kleben blieb. »Nicht jeder Mann will dir unter die Röcke.« Ruckartig löste sich das Hemd, und sein Gesicht verzerrte sich kurz. Mir krampfte es den Magen zusammen, als ich daran dachte, wie er ausgepeitscht worden war. Er ließ das Hemd fallen und war nun von der Taille aufwärts nackt. Ich zog mir die Kapuze seines Umhangs über den Kopf und legte mich wieder hin, den Kopf so auf den überkreuzten Armen, dass ich dem Spiel seiner glatten Muskeln zuschauen konnte. Ich hatte das Gefühl, dass er es merkte.
Jeck nahm einen Lappen und tauchte ihn in das warme Wasser, das beim Teekochen übrig geblieben war. Er wand und reckte sich mühselig und versuchte, sich das getrocknete Blut vom Rücken zu waschen. Ich brauchte nicht lange, um zu erkennen, dass er es allein nicht schaffen konnte. »Ich mache das«, sagte ich, obwohl ich selbst nicht wusste, weshalb ich ihm das anbieten sollte.
Jecks Blick huschte über das Feuer hinweg zu mir und rasch wieder fort.
»Ihr habt … du hast diese Striemen, weil ich entkommen bin«, erklärte ich, setzte mich wieder auf und ließ seinen Umhang von meinen Schultern fallen. »Ich säubere sie für dich.«
Er wrang den Lappen im Wasser aus, verdrehte den Arm, um die Mitte seines Rückens zu erreichen, und schaffte es nicht. »Weshalb solltest du mir helfen?«
»Weshalb solltest du dir die Mühe machen, mir zu essen und deine Decke und den Umhang zu geben?«, erwiderte ich.
Jeck seufzte so tief, dass sich seine ganze Brust hob. »Nein. Such dir eine andere Möglichkeit, dein Gewissen zu beruhigen. Du könntest zum Beispiel meine Nerven schonen, indem du nicht zu entkommen versuchst.«
»Die Wunden werden sich entzünden«, sagte ich. »Und was könnte ich dir schon tun? Ich kann dir wohl kaum schaden. Du hast mir alle Pfeile weggenommen und mir die Füße aneinandergebunden wie einer ungehorsamen Ziege.«
Jeck biss den Kiefer zusammen. »Das ist wahr. Aber es ist möglich, dass ich dir noch etwas antun muss. Und das ist schwerer, wenn …«
Ich spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. Er würde mir nichts tun. Das durfte er einfach nicht.
Stirnrunzelnd beobachtete er mein Mienenspiel. »Teufel auch«, fluchte er. Er erhob sich und brachte seinen Topf mit heißem Wasser und einen metallenen Tiegel mit einer Paste auf meine Seite des Feuers. Mein Herz hämmerte. Mir war ein wenig übel und schwindlig, als ich auf der Decke beiseiterutschte, um ihm Platz zu machen. Er ließ sich neben mir nieder und wandte mir steif den Rücken zu. »Sei brav, sonst schlage ich dich so hart nieder, dass du nie wieder aufwachst«, drohte er. »Glaub ja nicht, ich wäre dazu nicht in der Lage.«
Ich schluckte schwer. »Nein. Ich weiß.« Sein Rücken war sehr breit und glatt, die Haut dunkel von vielen Stunden in der Sonne. Die fünf langen, aufgeplatzten Risse sahen wund aus, die Ränder waren rot und geschwollen. Mit der richtigen Salbe würden sie heilen. Garretts Hiebe hatten nur rote Striemen hinterlassen, weiter nichts.
Das Wasser rann mir heiß über die kalten Finger, als ich den Lappen auswrang. Ich streckte die Hand aus und zauderte. Engelsspucke, so etwas hatte ich noch nie
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