Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Topkapi

Topkapi

Titel: Topkapi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
Vom Netzwerk:
Minuten, dann schlich ich vorsichtig zum Fenster. Langsam zog ich den Flügel auf. Draußen war eine leichte Brise aufgekommen, und ich hatte Angst, der Durchzug könnte die Schlafzimmertür öffnen. Ich schlich mich auf den Balkon hinaus.
    Bis auf das Terrassendach hinunter waren es nicht ganz anderthalb Meter. Ich kam so gut wie geräuschlos hinunter. Der Terrassenrand bereitete mir mehr Schwierigkeiten. Ich bin kein großer Kletterer, und ich versuchte, über die Querverstrebungen des Spaliers abzusteigen. Eine Latte brach, ich hielt mich an den Zweigen des Spalierpfirsichs fest, um meinen Sturz zur Erde etwas abzubremsen.
    Es gelang mir, mein Zimmer zu erreichen, ohne daß jemand mich in meinen beschmutzten Kleidern sah. Als ich mich gewaschen und das Hemd gewechselt hatte, ging ich wieder hinunter und fuhr den Wagen in die Garage.
    Wenn es mir jetzt aufgefallen wäre, daß die Türfüllungen herausgenommen worden waren, wäre alles anders gekommen; aber es fiel mir nicht auf. Ich kam nicht einmal auf die Idee, sie näher anzuschauen. Ich war noch so verwirrt, daß ich mich ausschließlich darauf konzentrierte, mich so natürlich wie nur möglich zu benehmen. Den Wagen in die Garage zu fahren benutzte ich nur als Vorwand, mich draußen zu zeigen.
    Ich ging wieder in die Küche. Niemand war da. Ich fand eine Flasche von Gevens Schnaps und goß mir ein Glas ein und rauchte eine Zigarette. Als ich wieder ganz ruhig war, ging ich hinaus und lief über die Auffahrt zur Straße hinunter.
    Der Opel parkte in der Nähe der Bootspier. Ich schlenderte darauf zu und sah, wie die Männer im Wagen mich beobachteten. Als ich an ihrem Fenster vorbeiging, sagte ich: »Tufan.« Ein paar Schritte weiter hörte ich, wie die Wagentür sich öffnete. Einen Augenblick später war ein Mann an meiner Seite. »Was gibt’s?« Er war ein dunkler, scharfäugiger Polizistentyp in einem gerstenfarbenen Hemd mit aufgeknöpften Taschen. Er sprach französisch.
    »Morgen soll etwas Gefährliches unternommen werden«, sagte ich. »Ich weiß nicht was. Ich hörte Bruchstücke einer Unterhaltung. Major Tufan muß informiert werden.«
    »Gut. Warum fuhren Sie heute nicht?«
    »Sie sagten mir, ich würde nicht gebraucht. Wohin gingen Sie?«
    »Nach Istanbul, Beyoglu. Sie fuhren in eine Garage beim Spanischen Konsulat. Diese Garage führt Ersatzteile für amerikanische Wagen. Der Fahrer, Fischer, blieb zehn Minuten mit dem Wagen dort. Die anderen zwei Männer und die Frau gingen ins Divan-Hotel. Sie haben dort gegessen. Fischer kam nach, und er aß auch dort. Dann gingen sie zur Garage zurück, holten den Wagen ab und fuhren zur Villa zurück. Major Tufan sagt, Sie sollten über eine Karte berichten.«
    »Wenn ich kann. Sagen Sie ihm, ich hätte die Schlafzimmer durchsucht, während sie weg waren, konnte aber die Karte nicht finden. Heute nacht will ich die Wohnräume durchsuchen. Es kann sehr spät werden. Werden Sie da sein?«
    »Einer wird immer da sein.«
    »In Ordnung.«
    Ich überquerte die Straße und ging langsam die Auffahrt hinauf. Ich hatte jetzt Stoff zum Nachdenken. Von den Bruchstücken, die ich letzte Nacht im Vorgarten mitgehört hatte, wußte ich, daß Fischer heute etwas Bestimmtes zu erledigen hatte. Hatte er es bereits erledigt, oder mußte es erst noch erledigt werden? Ich konnte mir nicht vorstellen, daß sie nach Istanbul gefahren waren, nur um etwas Anständiges zu essen zu bekommen. Andererseits war merkwürdig, daß sie mich nicht dabeihaben wollten, und merkwürdig war auch der Garagenbesuch. Am Wagen war nichts kaputt, und Ersatzteile brauchte man keine. Warum war Fischer nicht mit den anderen drei zum Divan gegangen? Warum war er zurückgeblieben?
    Selbstverständlich hätte ich als erstes an die Wagentüren denken müssen. Aus einem ganz einfachen Grund dachte ich nicht daran: Ich wußte aus persönlicher Erfahrung, wie lange man brauchte, um eine Türfüllung herauszunehmen und wieder einzusetzen, und Fischer war nicht lange genug in der Garage gewesen, um eine Tür, noch viel weniger um vier zu leeren. Auf die Möglichkeit, daß seine Funktion darin bestand, Anweisungen zu geben und nicht die Arbeit selber zu tun, kam ich zu dem Zeitpunkt nicht. Und Tufan, das darf ich wohl sagen, kam überhaupt nicht darauf. Wäre einer auf die Idee gekommen, dann wäre mir eine schaurige Erfahrung erspart geblieben.
    Ich ging also wieder den Weg hinauf zur Villa. Als ich mir den Wagen ansah, dachte ich hauptsächlich an Ersatzteile.

Weitere Kostenlose Bücher