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Topkapi

Topkapi

Titel: Topkapi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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hatte ich Angst, ich würde ertrinken. Ich machte dem Turnlehrer weis, ich hätte kranke Ohren, aber er sagte, ich müßte ein ärztliches Attest beibringen. Ich schrieb es selber, aber ich fand nicht die richtigen Ausdrücke, und er bekam es heraus. Ich erwartete, er würde mich mit einem Zettel zu »Der Borste« schicken, aber statt dessen ließ er mich tauchen. Ich sage »tauchen«. In Wirklichkeit packte er mich an Armen und Beinen und schmiß mich ins Tiefe; und das immer wieder. Jedesmal, wenn ich herauskam, ob ich Wasser spuckte oder nicht, schmiß er mich wieder hinein. Ein Badewärter kam mir schließlich zu Hilfe. Der Turnlehrer war verheiratet, also schrieb ich seiner Frau einen Brief, in dem ich ihr erzählte, wie er es mit gewissen Jungen in den Umkleidekabinen trieb und sie zu unsittlichen Berührungen zwang. Ich war allerdings leichtsinnig, denn ich schrieb in der gleichen Schrift wie auf dem Attest. Er wußte bestimmt, daß ich es gewesen war. Er konnte es aber nicht beweisen, denn er hatte das Attest zerrissen. Er nahm mich beiseite und nannte mich einen »unaussprechlichen kleinen Schuft«; aber das war alles. Er war ganz zittrig. Als mir das Licht aufging, hätte ich mich in den Hintern beißen können. Wenn ich gewußt hätte, daß er es tatsächlich mit den Jungen in den Kabinen getrieben hatte, hätte ich die Polizei auf ihn hetzen können. So hatte ich ihn nur gewarnt, sich besser vorzusehen. Er hatte dünnes, lockiges braunes Haar und einen Offiziersschnurrbart. Zum nächsten Semester kündigte er und ging an eine andere Schule.
    Fischer zischte mir zu, und ich öffnete die Augen.
    »Achtung.«
    Diesmal wickelte ich das Seil um meinen Leib, damit ich mich, wenn es nötig werden sollte, mit meinem ganzen Gewicht von der Kante zurückstemmen konnte.
    »Fertig?«
    Ich nickte und umklammerte das Seil. Es gab einen Ruck, als Miller wieder in die Schlinge stieg. Dann nickte Fischer.
    »Los.«
    Ich zog. Die Reibung des Seiles gegen das Jackett über der Dachkante machte es entsetzlich mühsam. Der Schweiß lief mir in die Augen. Zweimal mußte ich anhalten und das Seil um meinen Leib binden, um mir die Hände abzuwischen und die verkrampften Finger zu schütteln; aber die Rolle wurde wieder dicker, und dann begann Fischer mit seiner gesunden Hand mitzuziehen.
    »Langsam … langsamer … halt.«
    Plötzlich lief die Rolle leer, und Miller kroch grinsend über das Dach auf mich zu. Er tätschelte mein Bein.
    »Merci, mon cher collègue« , sagte er.
    Ich schloß die Augen und nickte. Durch das Brausen in meinen Ohren hörte ich, wie er Fischer berichtete, während er die Rolle einholte.
    »Alle, mit denen wir gerechnet hatten. Und noch ein paar mehr. Ich verriegelte sogar wieder die Läden.«
    Ich fühlte, wie er das Seil von meiner Brust losband. Als ich die Augen aufschlug, hakte er den Samtbeutel an seinem Gürtel fest. Fischer fummelte an den Knoten im Ankerseil herum. Ich kroch hinüber und half. Ich wollte nur weg von hier, und ich wußte, daß sie mir dabei helfen mußten.
    Fischer mit seiner verletzten Hand brauchte Hilfe, um wieder auf das höhergelegene Dach zu kommen. Miller schaffte es irgendwie, mich so weit hochzustemmen, daß ich mich über den Vorsprung ziehen konnte. Auf Händen und Knien kroch ich auf die große Kuppel zu. Als Miller mich einholte, konnte ich mich bereits wieder auf den Füßen halten.
    Wir traten den Rückweg an, so, wie wir gekommen waren, mit Miller als Anführer. Diesmal jedoch ließen wir die Gemächer der Weißen Eunuchen zur Rechten liegen und gingen über die Kirchendächer zu der Mauer beim Tor der Erlösung. Wir kamen an eine schwierige Stelle – das heißt für mich schwierig – bei dem alten Wasserturm, aber irgendwie schaffte ich es auf allen vieren. Dann waren wir auf der Mauer am Janitscharenhof.
    Dicht neben der Mauer standen hohe Platanen, und Miller verankerte das Seil an einem überhängenden Ast. Zuerst ließ er Fischer in der Schlinge hinunter, dann mich; er selbst wollte die Schlinge nicht benützen, denn dann hätte er das Seil im Baum hängen lassen müssen. Es ging ihm nicht um das Seil, wie er sagte; aber er wollte keinen Hinweis darauf hinterlassen, wie die Sache gemacht worden war. Er stieg ab, indem er das Ankerseil über den Ast warf und daran hinunterglitt. Da es nun doppelt lief, reichte es nicht ganz bis zum Boden. Er ließ sich also die letzten zwei Meter fallen und riß ein Seilende mit sich. Er landete geschmeidig wie eine Katze

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