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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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Einschusswunden.
    Ich packte das Tier erneut am Geweih, um es ins Lager zu schleppen, doch dann hörte ich plötzlich ein leises, vertrautes Brummen. Es kam von der Straße. Ich erstarrte. Und noch bevor ich begriffen hatte, woher ich das Geräusch kannte, tauchten zwei Scheinwerfer auf und glitten unter lautem Dröhnen den Hügel hinab. Mein Magen rebellierte, und das Blut gefror in meinen Adern.
    Hastig suchte ich im hohen Gras Deckung und beobachtete, wie die seltsamen Maschinen immer langsamer wurden und schließlich mitten auf der Straße anhielten. Ein großer, bärtiger Mann stieg ab, schaltete den Motor aus und spuckte ins Gras. Sein Begleiter, ebenfalls ein Mensch, aber kleiner, ließ seine Maschine ausrollen. Einen Moment lang konnte ich keinen klaren Gedanken fassen, und alles in mir schrie danach, mich ohne einen Blick zurück in die Dunkelheit zu flüchten.
    Nein. Das ist unmöglich. Ich habe sie getötet.
    »Warte kurz«, sagte der größere Mensch und stolperte unkoordiniert an den Straßenrand. Der andere seufzte.
    »Was machst du denn, Ed?«
    »Ich gehe pissen, was dagegen?« Der Bärtige wandte sich ab, und einen Moment später hörte man das Tröpfeln.
    Angestrengt starrte ich zu ihnen herüber, dann sackte ich erleichtert in mich zusammen. Es waren nicht dieselben Männer. Der zottige Bart dieses Menschen war braun, nicht blond, und seine Schultern waren etwas breiter. Doch gleichzeitig entdeckte ich noch etwas: Auf der linken Schulter hatte er eine Tätowierung, ein grinsender hundeähnlicher Kopf mit scharfen, spitzen Zähnen.
    Genau wie die beiden anderen.
    Murmelnd schwang sich der zweite Mann von seinem Gefährt und wühlte in seiner Jackentasche herum. Schließlich holte er eine kleine weiße Schachtel hervor, zog mit den Lippen eine Zigarette raus, zündete sie an und lehnte sich entspannt an sein Fahrzeug. Während er genüsslich rauchte, beendete Ed sein Geschäft, drehte sich dann um und fing geschickt die Zigarettenschachtel auf, die sein Freund ihm zuwarf.
    »Noch Bier da?«, fragte er, während er sich eine Kippe nahm.
    »Eine Dose.«
    »Dann her damit.«
    »Scheiß drauf.«
    Während ich die beiden beobachtete, überschlugen sich meine Gedanken. Meine Erfahrung sagte mir, dass diese Männer Ärger bedeuteten: Sie waren brutal, bewaffnet und skrupellos. Wenn sie den Rest der Gruppe entdeckten … unwillkürlich schauderte ich.
    Ich musste sie aufhalten. Oder ich musste zumindest die anderen warnen. Doch noch während ich dort hockte und zusah, wie sie die silbrige Dose hin und her reichten, wusste ich, dass mir dafür selbst bei meinem Tempo nicht genug Zeit bleiben würde. Ich hatte gesehen, wie schnell diese Fahrzeuge waren. Sie hätten die Gruppe eingeholt, lange bevor ich dort war. Es musste eine andere Möglichkeit geben.
    Eine andere Möglichkeit. Natürlich war da noch die offensichtlichste Option. Ganz automatisch dachte ich daran, auch wenn ich angestrengt versuchte, diese Alternative auszuklammern.
    Sollte ich sie … töten? Ein verlockender Gedanke, bei dem meine Reißzähne sofort reagierten. Ich könnte sie töten, mich von ihnen nähren, und anschließend die Leichen und die Fahrzeuge verstecken. Niemand würde je davon erfahren. Wer würde sie schon vermissen, hier draußen, mitten in der Nacht? Vorsichtig schlich ich mich an und dachte an die letzten beiden Kerle, denen ich auf einer einsamen Straße begegnet war. Ich hörte erneut ihre Schreie, erinnerte mich an ihre Panik, an die Angst auf ihren Gesichtern; an die glasigen Augen und die schlaffen Glieder. Unwillkürlich ballte ich die Fäuste. Ich konnte es nicht tun. Diese Art von Monster wollte ich nicht sein. Jeder Tote, jedes Leben, das durch meinen Hunger ausgelöscht wurde, brachte mich näher an meinen inneren Dämon heran. Wenn ich anfing, wahllos zu töten, würde er mich irgendwann vollständig beherrschen, und was sollte mich dann davon abhalten, mich in der Dunkelheit auf Caleb oder Zeke zu stürzen und ihnen die Kehlen herauszureißen?
    Vielleicht kam ich ja nahe genug heran, um ihre Fahrzeuge zu demolieren, ihnen die Reifen aufzuschlitzen oder den Tank zu leeren. Aber dazu müsste ich schon gefährlich nah ran, und selbst mit Vampirkräften war die Gefahr groß, dass sie mich entdeckten. Und selbst wenn mir das tatsächlich gelingen sollte, wüssten sie dadurch, dass jemand hier war, und würden sich auf die Suche nach anderen Menschen machen. Womit der Gruppe keinesfalls geholfen wäre. Ich stieß ein

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