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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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es, dann schleifte etwas über den Holzboden. Erschrocken fuhr ich zusammen. Stand etwa jemand vor meiner Tür? Ich lauschte angestrengt und glaubte Schritte zu hören, die sich hastig von meinem Zimmer entfernten und dann die Treppe hinunter verschwanden.
    Leicht beunruhigt sah ich mich um und entdeckte meine Klamotten, die sauber und ordentlich gefaltet auf einer Kommode lagen. Stirnrunzelnd versuchte ich mich zu erinnern. Hatte ich die Tür hinter mir abgeschlossen? Letzte Nacht hatte ich die Sachen blutverschmiert wie sie waren auf dem Boden liegen gelassen. Es war also jemand in meinem Zimmer gewesen, und sei es nur, um meine Kleidung zu waschen und aufzuräumen. Aus der leisen Beunruhigung wurde echte Nervosität. Was, wenn derjenige versucht hatte, mich zu wecken, und es ihm nicht gelungen war? Oder wenn er bemerkt hatte, dass ich nicht atmete? Mein Katana-Schwert lag oben auf dem Kleiderstapel und nicht mehr neben dem Bett, wo ich es abgelegt hatte, was mich noch mehr verunsicherte.
    Hastig zog ich mich an und hängte mir die Waffe um, wobei ich mir im Stillen schwor, mich nie wieder von ihr zu trennen. Ich konnte es mir nicht erlauben, nachlässig zu werden, vor allem nicht, wenn ich von so vielen fremden Menschen umgeben war. Gerade als ich meinen Mantel überstreifte und das Zimmer verlassen wollte, klopfte es an der Tür.
    »Allie?«, hörte ich eine gedämpfte Stimme. »Bist du schon wach? Ich bin’s, Zeke.«
    »Es ist offen«, rief ich. Was sich nach diesem Erlebnis allerdings ändern wird.
    Quietschend schwang die Tür nach innen auf und präsentierte einen blitzsauberen Zeke mit einer Kerze in der Hand. Er trug weite Jeans und ein weißes T-Shirt, dessen Kragen fast unter seinen feinen blonden Haaren verschwand, die sehr weich aussahen, sodass ich sie am liebsten angefasst und ihm aus den Augen gestrichen hätte. Pistole, Machete, Beil und diverse andere Waffen trug er immer noch, aber so entspannt wie in diesem Moment hatte ich ihn noch nie erlebt.
    Und auch wenn ich es gerne ausgeblendet hätte, spürte ich deutlich den ruhigen und zufriedenen Herzschlag in seiner Brust. Gleichzeitig hörte ich dessen Echo in seiner Halsschlagader pulsieren und den heißen, mächtigen Blutstrom in seinem Körper.
    Fluchend schob ich diese Empfindungen beiseite. Womöglich waren das die Nachwirkungen von letzter Nacht, als ich gezwungen gewesen war, die Wunde zu sehen und das Blut zu riechen, das uns alle verklebt hatte. Das alles so dicht vor der Nase zu haben und dem Mann doch nicht an die Kehle gehen zu dürfen, obwohl ich mir die ganze Nacht über nichts sehnlicher gewünscht hatte, ließ mich jetzt wohl umso gieriger werden. Ich hatte einen Punkt erreicht, an dem ich mich besser bald nähren sollte, bevor ich noch verrückt wurde.
    Vielleicht lag es aber auch an Zeke.
    Was zum Problem werden könnte.
    »Oh, wow«, sagte Zeke leise, hielt die Kerze hoch und musterte mich schelmisch. »Sieh mal einer an. Unter dem ganzen Blut und Dreck hat sich also tatsächlich ein richtiges Mädchen versteckt. Obwohl du etwas blasser bist, als ich erwartet hätte.«
    Um den Schrecken über diese Feststellung zu verbergen, schnaubte ich empört. »Schon mal selbst in den Spiegel geschaut?«
    Er lachte gutmütig. »Kommst du mit? Ich bin gerade erst aufgestanden, aber ich glaube, Jeb und die anderen sind unten in der Scheune. Sie sind einige Stunden, nachdem wir schlafen gegangen sind, angekommen. Zumindest hat Martha mir das erzählt – nachdem sie mir gesagt hatte, dass sie jetzt meine Unterhosen waschen wird und ich sie erst morgen zurückbekomme.« Er zog verlegen die Nase kraus. »Ich glaube, die alte Frau wollte mich anbaggern.«
    »Okay, lass mich nur kurz dieses Bild aus meinem Kopf vertreiben.« Mit einem Blick voller gespieltem Entsetzen trat ich auf den Korridor hinaus. »Und nur fürs Protokoll: Die Worte ›alte Frau‹ und ›Unterhosen‹ sollten nie im selben Satz verwendet werden.«
    Grinsend begleitete er mich die Treppe hinunter und durch die dunklen Korridore des alten Farmhauses. Es war ein echt grässliches Gebäude, mit zwei Stockwerken, hohen Fenstern, Holzböden und einem Dach, das mehrfach ausgebessert worden war. Im Laufe der Jahre war es immer mehr erweitert und ausgebaut worden, sodass der hintere Teil nicht ganz zur vorderen Hälfte passte, aber offenbar erfüllte es seinen Zweck und bot dem Archer-Clan ein Zuhause.
    »Wo sind denn alle?«, fragte ich, als wir im Erdgeschoss ankamen und noch immer

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