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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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der kleinen Stadt wieder alles ruhig.
    Um sicherzugehen, suchte ich in der näheren Umgebung nach Überlebenden. Hinter einem Lagerhaus stieß ich auf den Schauplatz des Kampfes: Bremsspuren auf dem Asphalt, Einschusslöcher in den Mauern und im Blech der Autowracks. In einer Pfütze neben einem umgekippten Laster fand ich Jebs Gewehr und ganz in der Nähe lagen zwei tote Banditen im Gras; ein Beweis dafür, dass der alte Mann sich nicht widerstandslos ergeben hatte. Doch nicht nur sie waren dem Chaos zum Opfer gefallen. Dorothy lehnte zusammengesunken an einer Art Betonrampe. Unterhalb ihres Schlüsselbeins klafften zwei kleine, rote Löcher und ihr erstaunter Blick ging ins Leere.
    Wie betäubt starrte ich auf ihren toten Körper. Ich hatte sie nicht lange gekannt und sie schien ein bisschen irre, aber trotz ihres ganzen Gefasels von Engeln und Vampirteufeln war Dorothy immer nett zu mir gewesen.
    Nun gab es sie nicht mehr. Genau wie die anderen.
    Benommen ging ich zu der Stelle zurück, an der ich Zeke zurückgelassen hatte, fast schon ängstlich, weil ich nicht wusste, was ich dort vorfinden würde. Doch als ich in die Straße einbog, lehnte seine vertraute Gestalt an einem Stoppschild. In der einen Hand hielt er die Machete, mit der anderen umklammerte er den Pfosten und versuchte, sich daran hochzuziehen. Oder vielleicht wollte er auch nur verhindern, dass er umkippte. Er zog eine Blutspur hinter sich her.
    »Zeke!« Hastig rannte ich zu ihm und griff nach seinem Arm, doch er riss sich zischend los und hob seine Waffe. Wut und Unsicherheit blitzten in seinen Augen auf, bevor der Schmerz ihn erneut überwältigte und er nach vorne kippte.
    Ich stützte ihn, versuchte aber, weder seinen Duft noch den Blutgeruch einzuatmen, der von seiner verklebten Kleidung ausging. Während wir über den Gehweg stolperten, fuhr ich ihn an: »Was machst du denn, du Idiot? Willst du dich umbringen? Ich hatte dir doch gesagt, du sollst in Deckung bleiben.« Vor lauter Angst und Sorge kam es schärfer raus als beabsichtigt.
    »Ich habe … Schüsse gehört«, keuchte Zeke. Sein Gesicht und seine Haare waren verschwitzt. Gleichzeitig spürte ich seine feuchte, kalte Haut. Er zitterte. Verdammt, so würde er nicht lange durchhalten. Schnell sah ich mich nach einem Unterschlupf um und entschied mich für ein Haus auf der anderen Straßenseite.
    »Ich wollte helfen«, fuhr Zeke fort, als wir über die Straße wankten. »Ich konnte nicht einfach dasitzen und nichts tun. Ich musste es versuchen. Und nachsehen … ob jemand entkommen konnte.« Er presste die Lippen zusammen, während ich mit einem Fußtritt das Gartentor öffnete und ihn durch den Vorgarten und auf die überwucherte Veranda schleppte. »Ist denn … jemand entkommen?«
    Ohne auf die Frage einzugehen, schob ich die Haustür auf und spähte hinein. Wenigstens das kam mir vertraut vor: bröckeliger Putz an den Wänden und jede Menge Dreck und Schrott auf dem Boden. Das Dach hatte einige Löcher, die kaputten Ziegel dazu lagen noch im Wohnzimmer, aber insgesamt machte das Gebäude einen einigermaßen soliden Eindruck. An einer Wand stand sogar ein muffiges aber erstaunlich intaktes gelbes Sofa. Vorsichtig schleppte ich Zeke über den unebenen Boden, bis wir direkt vor den Polstern standen.
    Mit einem schlecht unterdrückten Stöhnen brach er darauf zusammen und schloss für einen Moment die Augen. Dann riss er sie hastig wieder auf, so als hätte er Angst, den Blick von mir abzuwenden. Traurig musterte ich ihn, wie er hilflos auf der Couch lag. Er vertraute mir kein bisschen.
    »Du blutest wieder«, stellte ich fest, als ich den roten Fleck auf seinem improvisierten Verband entdeckte. Er verkrampfte sich sichtbar und ich hatte Mühe, ihn nicht anzufauchen, dass ich ihn sicher schon gebissen hätte, wenn ich das gewollt hätte. »Warte kurz. Ich werde nach etwas suchen, womit wir die Wunde säubern können.«
    Um mir meine Wut nicht anmerken zu lassen, verließ ich das Zimmer und drang tiefer in die dunkle Ruine vor. Zeke erwiderte nichts, also stöberte ich schweigend im Haus herum, auf der Suche nach Verbandsmaterial, Nahrung oder anderen nützlichen Dingen. Die einzelnen Zimmer waren zwar verdreckt, staubig und schimmelig, ansonsten aber in einem erstaunlich guten Zustand, als wären die Bewohner einfach weggegangen, ohne etwas mitzunehmen. Die Küche war voller angeschlagener Teller und Tassen und im obersten Fach des Kühlschranks fand ich sogar einen ungefähr hundert

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