Tor der Daemmerung
Gutdünken verrecken kannst. Andererseits habe ich gerade schon ein wenig Hunger …«
»Old Chicago!«, platzte es aus dem Banditen heraus. »Jackal hat sein Territorium in den Ruinen von Old Chicago.« Er zeigte unbestimmt über seine Schulter. »Folge einfach der Straße Richtung Osten. Sie endet bei einer Stadt, die am Ufer eines riesigen Sees liegt. Kann man gar nicht verfehlen.«
»Wie weit ist es?«
»Auf der Maschine ungefähr einen Tag. Ich weiß ja nicht, wie schnell ihr Vampire laufen könnt, aber wenn du die Nacht durchfährst, kannst du morgen Abend da sein.«
»Vielen Dank«, sagte ich und stand auf. Mit einem kurzen Blick auf das Motorrad des Banditen stellte ich fest, dass die linke Seite ziemlich verbeult war, ansonsten schien es aber in Ordnung zu sein. »Gut, da wäre dann nur noch eine Kleinigkeit, die du mir zeigen musst.«
Bei meiner Rückkehr lag Zeke in unbequemer Haltung rücklings auf dem Sofa, ein Arm hing über dem Boden. Im Schlaf sah er jünger aus, als ich ihn kannte, die Schmerzen zeichneten sich nicht mehr in seinem Gesicht ab und jede Wachsamkeit war verschwunden. Es fiel mir schwer, ihn zu wecken, doch er wurde ohnehin wach, sobald ich ins Zimmer kam.
»Bin ich etwa eingeschlafen?«, keuchte er erschrocken, richtete sich mit einer gequälten Grimasse auf und stellte die Füße auf den Boden. »Warum hast du mich nicht geweckt? Wie lange war ich denn weggetreten?«
»Es ist kurz nach Mitternacht«, erklärte ich ihm und warf einen Rucksack auf das Sofa, der eine dicke Staubwolke aufwirbelte. »Der ist für dich. Da drin sind Nahrung, Wasser, Medikamente und andere Vorräte, genug für einige Tage. Wie geht es deinem Bein?«
»Es tut weh.« Mit zusammengebissenen Zähnen stand Zeke langsam auf. »Aber ich werde es überleben. Und auf jeden Fall selbstständig gehen können.« Vorsichtig streifte er sich den Rucksack über. »Hast du rausgefunden, wo sie die anderen hingebracht haben?«
»Ja.« Ich lächelte, als ich die Hoffnung in seinen Augen sah. »Jackals Territorium befindet sich in den Ruinen einer Stadt, etwa ein oder zwei Tagesreisen östlich von hier, in Old Chicago. Da haben sie die anderen hingebracht.«
»Einige Tagesreisen nach Osten«, murmelte Zeke, während er zur Tür humpelte. Als ich ihm helfen wollte, verkrampfte er sich nur und schüttelte den Kopf, also ließ ich ihn in Ruhe. »Dann werden wir wohl etwas länger brauchen, um hinzukommen. Ich glaube nicht, dass ich momentan sonderlich schnell unterwegs bin.«
»Nicht unbedingt«, widersprach ich und öffnete die Haustür. Zeke zog überrascht die Augenbrauen hoch, und ich grinste breit.
Das Motorrad stand leise brummend am Rinnstein, zwar etwas verbeult, aber ansonsten fahrtauglich. »Hat eine Weile gedauert, bis ich begriffen habe, wie das blöde Ding funktioniert«, gab ich zu, als wir langsam über die Verandatreppe Richtung Straße gingen. »Aber ich glaube, jetzt habe ich den Dreh einigermaßen raus. Ist doch nett von unseren Gangsterfreunden, dass sie es uns leihen, oder?«
Als Zeke zu mir hochblickte, hatten Erleichterung und Dankbarkeit zumindest für einen Moment die Härte und das Misstrauen verdrängt. Jetzt sah er wieder aus wie der Zeke, den ich kannte. Verlegen nahm ich einen Helm von der Sitzbank und warf ihn in seine Richtung. Mit einem überraschten Blinzeln fing er ihn auf.
»Ich brauche keinen«, klärte ich ihn auf, als er verwirrt die Stirn runzelte. »Aber du solltest ihn besser aufsetzen – mir fehlt noch etwas Übung. Hoffentlich fahre ich jetzt nicht mehr gegen Wände.«
Nachdem ich aufgestiegen war, packte ich den Lenker und spürte sofort die Kraft der Maschine unter mir. Daran konnte ich mich definitiv gewöhnen. Zeke umklammerte unschlüssig seinen Helm und musterte das Motorrad, als könnte es ihn beißen. Dann wurde mir klar, dass nicht das Fahrzeug ihm Angst machte.
Sondern ich.
Ganz bewusst ließ ich den Motor aufheulen, sodass Zeke heftig zusammenfuhr. »Willst du das jetzt durchziehen oder nicht?«, fragte ich ihn, woraufhin er mich böse anfunkelte. Mit entschlossen vorgerecktem Kinn schwang er vorsichtig das verletzte Bein über den Sitz und ließ sich vorrutschen, bis er direkt hinter mir saß. Obwohl er versuchte, Abstand zu wahren, spürte ich die Wärme seines Körpers und den nervösen Herzschlag in seiner Brust. In diesem Moment war ich dankbar, dass ich keinen mehr hatte, sonst wäre es mir genauso ergangen.
»Gut festhalten«, rief ich ihm zu, als er
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