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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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befürchten.«
    »Wow«, murmelte ich kopfschüttelnd. »Bei mir zu Hause wären sie ganz schön überrascht, wenn sie wüssten, wie es da oben wirklich zugeht.«
    Kanin ließ das unkommentiert und wir gingen eine Weile schweigend weiter.
    Schließlich blieb er vor einer Leiter stehen, die senkrecht in die Höhe führte und unter einem eisernen Gitter in der Decke endete. Nachdem er es dank der Körperkraft eines Vampirs mühelos beiseitegeschoben hatte, kletterte er aus dem Loch und winkte mich zu sich hoch.
    »Wo sind wir jetzt?«, fragte ich, während ich hinter ihm durch einen weiteren langen Gang lief. An seinem Ende stießen wir auf eine – natürlich verschlossene – Eisentür. Kanin drückte einfach mit der Schulter dagegen und stemmte sie auf.
    »Wir«, sagte er und trat zurück, um den Blick freizugeben, »befinden uns hier im unterirdischen Lagerraum des alten Stadtmuseums.«
    Beeindruckt schaute ich mich um. Wir standen am Eingang des größten Raums, in dem ich je gewesen war. Die Lagerhalle aus Beton und Stahl war größer, als meine vampirische Sichtweite erfassen konnte; ein wahres Labyrinth aus rostigen Metallregalen und Hunderten enger Wege, die sich im hinteren Bereich des Lagers verloren. Der Inhalt der Regale war mit Tüchern abgedeckt oder in Holzkisten verstaut, und auf allem lag eine dicke Schicht aus Staub und Spinnweben. Wenn ich Luft holte, konnte ich den durchdringenden Gestank von Moder und Schimmel riechen, der überall vorhanden sein musste, aber überraschenderweise die Regale verschont zu haben schien.
    »Kaum zu glauben, dass hier alles noch so … intakt ist«, kommentierte ich, während wir einen der Gänge entlangliefen. Als ich unter einem der dreckigen Tücher gelbliche Knochen schimmern sah, hob ich den Stoff an und entdeckte das Skelett einer zum Sprung geduckten, riesigen Katze. Ratlos starrte ich darauf und fragte mich, wer ein Interesse daran haben könnte, die Knochen eines toten Tieres aufzubewahren. Eigentlich ein ziemlich gruseliger Anblick, so ganz ohne Haut und Fell. »Was zum Teufel ist das hier alles?«
    »Vor der Epidemie waren Museen Orte, an denen die Geschichte bewahrt wurde«, erklärte mir Kanin. Eilig ließ ich die Katze stehen und schloss wieder zu ihm auf. Seine Stimme hallte in der riesigen Weite. »Orte, an denen Wissen gesammelt und verschiedenste Dinge aufbewahrt wurden, Erinnerungsstücke und Artefakte anderer Kulturen.«
    Der Anblick einer lebensgroßen Puppe in Pelzen und Tierhäuten ließ mich innehalten. Sie trug Federn im Haar und hatte eine Art Steinaxt in der Hand. »Warum?«
    »Um sich an die Vergangenheit zu erinnern, damit sie nicht völlig verging. Hier sind die Gebräuche, Geschichten, Religionen und Regierungsformen Tausender Kulturen versammelt. Überall auf der Welt gibt es verborgene Orte wie diesen, von den Menschen vergessen. Hier warten ihre Geheimnisse darauf, wiederentdeckt zu werden.«
    »Schwer zu glauben, dass die Vampire das alles nicht niedergebrannt haben.«
    »Sie haben es versucht«, räumte Kanin ein. »Das Gebäude über uns wurde restlos zerstört. Aber die Stadtvampire interessieren sich hauptsächlich für das, was an der Oberfläche geschieht. Nur selten dringen sie in die Tunnel und zu den Geheimnissen vor, die unter der Erde ruhen. Wüssten sie etwas von diesem Lager, hätten sie es mit Sicherheit in Schutt und Asche gelegt.«
    Das fachte meinen Hass auf die Vampire wieder an. »Und die Menschen werden nie etwas davon erfahren, oder?«, murmelte ich unwirsch, während ich Kanin in den nächsten Gang folgte. »All dieses Wissen befindet sich direkt unter ihren Füßen, und sie werden es niemals merken.«
    »Heutzutage vielleicht nicht.« Kanin blieb vor einem Regalbrett stehen, auf dem eine lange, schmale Holzkiste stand. Unter dem Staub waren rote Buchstaben zu erkennen, aber sie waren so verblasst, dass sie sich nur schwer entziffern ließen. »Doch es wird eine Zeit kommen, in der dem Menschen mehr wichtig sein wird als nur das nackte Überleben, seine Neugierde wird wiedererwachen und er wird wissen wollen, wer vor ihm kam, oder wie das Leben tausend Jahre zuvor war, und dann wird er sich auf Spurensuche begeben. Vielleicht vergehen bis dahin noch hundert Jahre, aber die Neugier der Menschen hat sie stets dazu getrieben, nach Antworten zu suchen. Selbst unsereins kann sie nicht ewig unwissend halten.«
    Er brach die Kiste auf und wühlte darin herum. Ich hörte Metall scheppern, dann zog er etwas hervor.
    Es

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