Tor der Daemmerung
wer ist denn dieses kleine Küken hier, Kanin? Dein neuester Protegé? Wie reizend, dass du deine verfluchte Blutlinie fortsetzt. Weiß sie, wer du in Wirklichkeit bist?«
»Sie ist niemand«, erwiderte Kanin ausdruckslos. »Sie ist vollkommen unwichtig – der Einzige, um den ihr euch Gedanken machen müsst, bin ich.«
Das Grinsen der Vampirin wurde wild. »Oh, das denke ich nicht, Kanin. Nachdem wir dir den Kopf abgeschlagen haben, werden wir deine kleine Brut vor den Prinzen zerren und zusehen, wie er sich ihrer annimmt und sie nach und nach in Stücke reißt, nicht wahr, Richards?«
Der männliche Vampir antwortete nicht, zeigte aber mit einem breiten Grinsen seine Fänge.
»Wie klingt das für dich, Küken?«, fragte mich die Vampirin mit einem strahlenden Lächeln. »Da kommst du dir doch sicher als etwas Besonderes vor, oder? Der Prinz dieser Stadt wird dir höchstpersönlich das Herz rausreißen und es anschließend verspeisen.«
»Er kann es ja mal versuchen«, knurrte ich und spürte, wie meine Fänge nun ebenfalls wuchsen. Fauchend fletschte ich die Zähne. Beide Vampire lachten.
»Ein echter Hitzkopf, wie?« Die Vampirin musterte mich herablassend. »Sie ist einer dieser ekelhaften Saumbewohner, nehme ich an? Ja, deine Vorliebe für hoffnungslose Fälle ist wirklich reizend. Aber genau das hat dir diesen ganzen Schlamassel ja überhaupt erst eingebrockt, nicht wahr?«
Ihr Begleiter griff in sein Jackett und holte einen schmalen, ungefähr dreißig Zentimeter langen Dolch hervor. Es war eine filigrane Waffe, schlank und rasiermesserscharf, offenbar ein Präzisionsgerät. Irgendwie wirkte sie Furcht einflößender als eine Axt oder eine Pistole.
»Allison«, murmelte Kanin und schob sich vor mich. »Halte dich zurück, lass dich nicht auf einen Kampf mit ihnen ein. Versuche auf keinen Fall, mir zu helfen, verstanden?«
Knurrend umklammerte ich die Scheide meines Katana. »Vor denen habe ich keine Angst. Ich kann helfen.«
»Versprich es mir«, beharrte Kanin mit angespannter Stimme. »Versprich mir, dass du dich nicht einmischen wirst.«
»Aber …«
Er wirbelte herum und fixierte mich mit einem erschreckend kalten Blick. Seine Augen waren zu schwarzen Löchern geworden, düster und unergründlich, ohne einen einzigen Lichtschimmer. »Gib mir dein Wort«, flüsterte er. Ich schluckte schwer.
»Na gut.« Ich sah zu Boden, unfähig seinem beunruhigenden Blick standzuhalten. »Ich verspreche es.«
Langsam packte er den Griff meines Katana, zog es mit einer geschmeidigen Bewegung aus der Scheide und wandte sich seinen Gegnern zu. »Geh«, befahl er mir. Ich zog mich hinter eine Betonsäule zurück, während Kanin das Katana durch die Luft wirbeln ließ und aggressiv einen Schritt vortrat.
Die Vampirin ging fauchend in die Hocke, sodass sich der Stoff ihres Anzugs spannte. Dabei fielen mir ihre Nägel auf: Sie waren extrem lang, rot und spitz und gruben sich wie dicke Krallen in den Beton. Beim nächsten Fauchen hatte sie alles Menschliche verloren. Wie ein Tier sprang sie vor.
Kanin stellte sich ihr in der Mitte des Raums und ließ das Katana herumwirbeln. Beide waren so schnell, dass ich sie kaum sehen konnte, schlugen zu, fuhren herum, wichen zurück und hechteten wieder vor. Die Vampirin bewegte sich wie eine riesige Katze, stürzte sich trotz High Heels auf allen vieren auf Kanin und bearbeitete ihn mit ihren Klauen. Unfassbar schnell wand sie sich unter dem Schwert hindurch, ließ kreischend die Zähne aufblitzen und tänzelte fauchend um ihn herum. Während ich ihren Kampf verfolgte, machte sich ein eisiges Gefühl in meinem Bauch breit. Prügeleien waren für mich nichts Neues, ich war sogar an einigen beteiligt gewesen. Aber das hier war keine Prügelei – das war ein gnadenlos brutales Gemetzel zwischen zwei Monstern. Mit erschreckender Deutlichkeit wurde mir bewusst, dass ich sie nicht hätte besiegen können. Kanin hielt sich gut, indem er sowohl ihre Angriffe abwehrte, als auch Gegenattacken startete. Seine rabiaten Schläge verpassten diesen knurrenden Wirbelwind des Todes immer nur haarscharf – aber mich hätte sie in Stücke gerissen.
Ich konzentrierte mich so stark auf die Vampirin, dass ich ihren Begleiter aus den Augen verlor, bis er plötzlich hinter Kanin auftauchte und mit seiner schmalen Klinge dazu ansetzte, ihm den Kopf abzutrennen. Verzweifelt wollte ich Kanin eine Warnung zurufen, während ich mich gleichzeitig dafür verfluchte, so unaufmerksam gewesen zu sein: Sie
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