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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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rasiermesserscharf war. Das Schwert war leicht und elegant und lag so perfekt in der Hand, als wäre es für mich angefertigt worden. Ich schwang es in hohem Bogen, fühlte, wie es durch die Luft fuhr, und stellte mir vor, wie es mühelos und ohne jeden Widerstand einen kreischenden Verseuchten zerteilen würde.
    Ein leises Lachen ließ mich innehalten. Kanin stand mit verschränkten Armen ein paar Meter entfernt und schüttelte belustigt den Kopf. Seine Lippen waren zu einem resignierten Grinsen verzogen.
    »Ich hätte es wissen müssen«, sagte er und trat näher. »Ich hätte ahnen können, dass du dich dazu hingezogen fühlen würdest. Im Prinzip ist es ja auch sehr passend.«
    »Es ist perfekt«, betonte ich und musterte das Schwert. »Was ist es eigentlich?«
    Kanin beobachtete mich noch immer lächelnd. »Was du da in der Hand hältst, bezeichnet man als Katana . Vor langer Zeit wurde es von einer Kriegerkaste getragen, die man Samurai nannte. Für die Samurai war das Schwert mehr als nur eine Waffe – ihre Klingen waren für sie die Verlängerung ihrer Seele. Sie waren das Symbol ihrer Kultur und ihr wertvollster Besitz.«
    Eine Geschichtslektion hätte ich zwar nicht gebraucht, aber es war schon eine ziemlich coole Vorstellung, dass es einmal ein ganzes Volk gegeben hatte, das solche Waffen trug. »Was ist mit ihnen passiert?«, fragte ich und schob das Schwert vorsichtig zurück in die Scheide. »Sind sie allesamt ausgestorben?«
    Kanins Grinsen wurde noch breiter; offensichtlich amüsierte er sich heimlich über irgendetwas. »Nein, Allison Sekemoto, das würde ich nicht sagen.«
    Stirnrunzelnd wartete ich auf eine Erklärung, aber er bedeutete mir lediglich, ihm zu folgen. »Wenn du dieses Schwert tragen möchtest, wirst du lernen müssen, es zu benutzen«, sagte er, während wir durch das Regallabyrinth zurückgingen. »Das ist kein Taschenmesser, das du irgendwie hin und her schwenkst, in der Hoffnung, damit etwas zu treffen. Es ist eine äußerst elegante Waffe und hat etwas Besseres verdient.«
    »Ich weiß nicht, hin und her schwenken hört sich für mich gar nicht so schlecht an.«
    Erneut quittierte er das mit einem dieser gereizten Blicke. »Eine Waffe zu besitzen, mit der man nicht umgehen kann, ist zwar besser als gar keine Waffe zu haben, aber nicht viel.« Er schob sich durch die Türöffnung in den Korridor hinaus. »Insbesondere, wenn man es mit Vampiren zu tun bekommt. Und wenn man es mit älteren Vampiren zu tun bekommt, die wissen, wie man kämpft – sie sind die gefährlichsten von allen. Wenn du nicht aufpasst, schlagen sie dir mit deinem eigenen Schwert den Kopf ab.«
    Wir erreichten das Metallgitter, das Kanin zuvor beiseite geräumt hatte, und er ließ sich in den Tunnel hinabfallen. Ich drückte meine Eroberung an die Brust und folgte ihm.
    »Dann wirst du es mir also beibringen?«, fragte ich, als ich unten ankam.
    »Oh, ich fürchte, er wird dir überhaupt nichts mehr beibringen, Mädchen«, antwortete mir eine kühle Frauenstimme aus der Dunkelheit. »Außer vielleicht, wie man eines grauenvollen und schmerzhaften Todes stirbt.«
    Starr vor Schreck sah ich zwei Gestalten aus den Schatten hervortreten, die sich lächelnd vor uns aufbauten. Ich wusste sofort, dass es sich um Vampire handeln musste; abgesehen von der blassen Haut und den tief liegenden Augen konnte ich auf seltsame, unerklärliche Weise spüren, dass sie wie ich waren. Zumindest was das Totsein und die Sache mit dem Blut anging. Die Frau hatte dunkle Locken, die sich elegant über ihren Rücken ergossen, außerdem trug sie hohe Schuhe und einen Businessanzug, der sich wie eine zweite Haut an ihren Körper schmiegte. Der Mann war hochgewachsen und bleich und schien nur aus Ecken und Kanten zu bestehen, schaffte es aber dennoch, sein Jackett gut auszufüllen. Er war über einen Meter achtzig groß.
    Kanin versteifte sich. Mit einer winzigen Bewegung beförderte er einen Dolch in seine Hand.
    »Du hast ganz schön Nerven, hier aufzutauchen, Kanin«, sagte der weibliche Vampir im Plauderton. Noch immer lächelte sie und zeigte ihre perfekten weißen Zähne. »Der Prinz weiß, dass du hier bist, und er wünscht sich deinen Kopf auf einem Silbertablett. Wir wurden geschickt, um ihm diesen Wunsch zu erfüllen.« Mit einer schlangengleichen Bewegung schob sie sich auf uns zu. Ihre blutroten Lippen verzogen sich zu einem Lächeln und entblößten ihre Fangzähne, als sie ihren gnadenlosen Blick auf mich richtete. »Aber

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