Torchwood 1: Ein anderes Leben (German Edition)
Bürgersteig, denn in der Gosse toste ein wilder Wasserstrom, der das Aussteigen schwierig gemacht hätte. Ein flackerndes Licht hinter ihnen verhieß, dass Toshiko ebenfalls gerade angekommen war. Es war ein Wunder, dass sie mitgehalten hatte. Jack hatte eine rasante Geschwindigkeit vorgelegt, die der Saab zwar unter normalen Bedingungen ganz gut halten konnte, doch die tiefere Fahrposition musste sich für Toshiko bei diesem Wetter als ziemliche Herausforderung beim Verfolgen des SUV erwiesen haben.
Gwen rutschte auf den Fahrersitz hinüber, um Jack nach draußen zu folgen und den Sturzbach zu umgehen, der neben dem Auto auf der Straße floss. Als sie aus dem Auto geklettert war, sah sie, dass Jack sich neben dem Hauseingang über etwas beugte. Toshiko stand neben ihm. Das Gesicht der kleinen Japanerin wurde aschfahl, nachdem sie Jacks Fund betrachtet hatte.
Es war der Polizist, der neben der Tür Wache geschoben hatte. Die Leiche lag in einem Bach, der aus einem beschädigten Gully weiter oberhalb quoll. Gwen konnte erkennen, dass er tot war, weil sein Hals in einem merkwürdigen Winkel abgeknickt dalag und Jack neben ihm stand, ohne zu helfen. Sie schaltete ihre Taschenlampe ein, um den Toten zu untersuchen und ließ das Licht über sein Gesicht wandern. Zuerst hatte sie Angst, was sie wohl herausfinden würde. Dann schämte sie sich, weil sie erleichtert war, dass es niemand von ihrer alten Wache war. Das war aber nichts gegen das Schuldgefühl, das sie später überkommen würde, wenn Toshiko erst einmal eine Geschichte erfunden hatte, um den Vorfall zu vertuschen. Wahrscheinlich würde es heißen, dass der Polizist während seiner Schicht weggegangen und in einen von Cardiffs Flüssen gefallen war. Es müsste eine ziemlich große Lüge werden, um diesen massiven, tödlichen Angriff zu verschleiern.
Etwas hatte in das Genick des jungen Polizisten gebissen – oder besser: jemand. Hirnmasse und Knochen waren in der klaffenden Wunde zu erkennen, die der kontinuierliche Strom sauberwusch. Man konnte nur wenig Blut sehen, und das wurde sogar aus dem Kragen des Mannes herausgewaschen. Er lag zusammengekrümmt in den Büschen. Ein junger Mann, dachte Gwen voller Bitterkeit. Ein junger Mann, den sie mit einem Anruf hätten retten können.
„Wir hätten das verhindern können“, sagte sie kalt zu Jack. „Ein Anruf, und wir hätten diesen Jungen retten können.“
„Das wissen wir nicht“, sagte Toshiko.
„Er wollte sie nicht warnen. Auf der Fahrt hierher. Es wäre nur ein Anruf gewesen.“
Toshiko legte eine Hand auf ihre Schulter. „Das können wir nicht mit Sicherheit sagen.“
Jack ging bereits davon. Gwen kam wieder auf die Beine, fast bereit, diesen Streit mit ihm auszufechten. Dann drehte er sich um. Vielleicht war es auch nur der Regen, der seine blauen Augen so wässrig wirken ließ, als er sie ansah.
Er bewegte den Kopf in Richtung Straße, eine abwertende Geste, die die ganze Nachbarschaft einzuschließen schien. „Was ist denn jetzt mit deinen Leuten passiert, die hinter den Vorhängen stehen und linsen?“
Gwen konnte seinem Blick nicht standhalten. „Sie bleiben wegen des Regens weg von den Fenstern, könnte ich mir vorstellen.“ Und sie wusste, dass es für den Angriff bei diesem Wetter keine Zeugen geben würde. Der Polizist war allein gestorben.
Jack rammte die Schulter gegen die Eingangstür. Beim dritten Versuch zersprang das Schloss, und sie glitten aus dem Regen in das schäbige Treppenhaus.
„Diesmal ohne Einkaufstaschen“, sagte Gwen.
„Tja, ich stehe nicht so gern Schlange.“
Die drei rannten die Treppen hoch und nahmen mehrere Stufen auf einmal. Auf dem Treppenabsatz schaute Betty Jenkins mit einem wütenden Gesichtsausdruck hinter ihrer Tür hervor. Toshiko brachte sie wieder in ihre Wohnung und sagte ihr, sie solle die Tür geschlossen halten, bis das Team vom Umwelt- und Gesundheitsamt das Treppenhaus desinfiziert hätte.
„Hier geht alles den ...“, murmelte Miss Jenkins während sie sich in die Wohnung zurückzog und die Tür schloss.
Auf dem nächsten Treppenabsatz fanden sie die Leiche eines weiteren Polizisten. Hier gab es keinen Regen, der das Blut wegwaschen konnte. Es war aus der Hauptschlagader in seinem Hals an die Wand gespritzt. Dann war es hinuntergelaufen und hatte eine inzwischen geronnene Pfütze aus dunkler, rotbrauner Flüssigkeit gebildet. Wieder spürte Gwen das elektrische Kitzeln aus Angst, Erleichterung und Scham, als sie den Polizisten
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