Torchwood 2: Wächter der Grenze (German Edition)
abgenutzten Rollläden, die an einem Dienstagvormittag immer noch verschlossen waren. Sie sahen aus wie Ritter, die ihre Visiere für den Angriff bei einem Turnier gesenkt hatten.
„Kapelle?“, fragte Toshiko zum siebten Mal.
„Nur Geduld. Wir kommen näher“, sagte Jack.
Er bog in die Skean Street ab und bremste, als plötzlich ein Müllwagen den Weg blockierte. Er drehte den Kopf, legte den linken Arm über die Sitzlehnen und setzte zurück. Dann bog er nach links und dann wieder nach rechts ab. Das Kopfsteinpflaster rumpelte unter ihren Reifen.
Er chauffierte sie durch eine schmale Kluft zwischen alten Werkstätten und schwenkte im Kiesbett eines verlassenen Grundstücks weit aus. Ausgeschlachtete Autos, aufgebockt auf Ziegelsteinen, starrten sie mit rostigen Augen an.
„Hier?“, fragte Toshiko.
Jack zog die Handbremse an. „Hier. Was hast du für mich?“
Sie zuckte mit den Schultern, beugte sich vor und hämmerte auf den Anzeigen herum, die in das Armaturenbrett eingebaut waren. Mit dem integrierten Trackball wechselte sie von einem Datensatz zum nächsten.
„Nichts?“, bot sie an.
„Mach weiter.“
„Keine Fakten zu finden. Daten fehlen. Was soll ich dir noch sagen?“
„Genau das“, sagte Jack. „Hier ist nichts.“
„Aber warum …?“
„Absolut nichts . Verstehst du?“
„Äh, nein?“
„Nicht einmal Ziegelsteine oder Erde“, sagte Jack sanft.
„Ah“, meinte Toshiko. „Jetzt verstehe ich. Warte. Nein, doch nicht.“
„Lass uns einen Spaziergang machen“, schlug Jack vor.
Er stieg aus. Sie folgte ihm. Als sie ihre Tür zuschlug scheuchte sie die Tauben in den Dachsparren einer Ruine auf. Die Luft war feucht und mit einem Mineraliengeruch durchsetzt. Der Boden war voller Flecken aus Vogelkot. Die gebogenen eisernen Dachbalken hoben sich schwarz vom blütenweißen Himmel ab. Sie sahen aus wie die Rippen eines Meeresungeheuers.
Jack öffnete den Kofferraum des SUV. Er nahm einen Kompaktscanner aus dem Ausrüstungsbehälter und warf ihn ihr zu. Toshiko fing ihn geschickt auf.
„Und wofür ist der?“
„Um das Nichts, das immer noch nicht da ist, im Auge zu behalten.“
Toshiko schaltete den Scanner ein. Kein Messwert, kein Ausschlag, keine Tonanzeige.
„Weißt du, warum ich so gern mit dir zusammenarbeite, Jack?“, fragte sie.
„Nein?“
„Ich auch nicht. Ich hatte gehofft, du könntest es mir erklären.“
„Komm schon“, sagte er.
Sie durchquerten den mit Unkraut überwucherten Kies und traten dabei knirschend auf ein paar Dachpfannen, die irgendwann vom Dach gerutscht waren. Spinnweben spannten sich zwischen den verbogenen Eisenstangen und waren mit glitzernden Taudiamanten des nächtlichen Unwetters überzogen. Als sie unter den Überresten des Lagerhausdachs angekommen waren, gingen sie im Schatten weiter.
„Wonach suchen wir?“, beschwerte sich Toshiko.
„Alles zu seiner Zeit. Versuch erst mal, die örtliche Architektur zu würdigen“, sagte Jack, und seine Stimme klang hohl und hallte von den Wänden wider. „Das hier war das Millner und Peabody Kohlendepot Nummer Drei. Allein im Jahr 1851 verarbeitete und verschickte dieser Laden achtzehn Millionen Tonnen Kohle, um die Maschinen des britischen Weltreichs anzutreiben. Macht dich das nicht einfach wahnsinnig?“
„Die Menge?“
„Nein, Tosh, Kohle. Als ob das jemals langfristig funktioniert hätte.“
„Richtig. Ich empfange immer noch nichts“, rief Toshiko und versuchte, ihren Scanner neu einzustellen.
„Nichts? Das ist gut. Das ist genau das, was wir wollen.“
Sie rannte, um zu ihm aufzuschließen. Lockere Steinchen spritzten unter ihren Stiefeln zur Seite.
„Hier lang“, sagte er und führte sie durch einen bröckelnden Eingang in einen weiteren kahlen Trakt.
Vor ihnen reckte sich eine kleine Kirche auf. Sie war verfallen, die Fenster und Türen mit Brettern zugenagelt und ihre Mauern waren voller Graffiti. Sie stand innerhalb des Lagerhauses.
„St Mary in the Dust“, sagte Jack, zufrieden mit sich selbst.
„St Mary in the was?“
„Sie wurde 1803 gebaut und 1840 abgerissen, um Platz für die Depots zu schaffen.“
„Aber …“
„Ich war noch nicht fertig …“
„Ich hab noch nicht angefangen. 1840 abgerissen? Aber da steht sie doch.“
„Genau. Sie kommt immer wieder zurück, einmal alle fünfunddreißig oder neununddreißig Jahre.“
„Sie … was?“
„Wir können uns glücklich schätzen. Sie wurde eigentlich erst 2011
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