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Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Tore der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Nicolai
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Dieses Zeichen hatte auch Lucians Ring geschmückt.
    Plötzlich bemerkte Ravenna einen dunklen Schatten an einem der Erkerfenster. Sie zuckte zusammen. Elinor lehnte an der Brüstung und beobachtete sie.
    Hastig wandte sie den Blick ab. Norani stieg vor ihr zum Tor hinauf. Ramons Gefährtin schien den düsteren Zaungast nicht bemerkt zu haben. Die Falknerin des Teufels.
    Langsam beruhigte sich Ravennas Herzschlag wieder. Der Weg stieg jetzt steiler an. Als die Gruppe sich dem Turm der Magier näherte, sah Ravenna die Russen auf sich zukommen. Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Vadym hatte sich in Schale geworfen: Er trug Stiefel mit hohen Schäften, einen Gehrock und einen schwarzen Zylinder. Ein Ärmel aus Spitze verdeckte seine rechte Hand. Der leere linke Ärmel war umgeschlagen und unter der Achsel festgesteckt. Seine Freunde waren ähnlich gekleidet – Logenmitglieder aus dem neunzehnten Jahrhundert auf dem Weg in ihren Club, dachte Ravenna. Offenbar glaubten die Russen noch immer an eine prunkvolle Rückkehr in das Sankt Petersburg ihrer Tage.
    Vadym nickte ihr zu. »Jetzt geht es um alles oder nichts. Wir spielen um den großen Preis des WizzQuizz«, sagte er und klang dabei ganz nüchtern.
    Ravenna erwiderte das Nicken und nahm sich gleichzeitig vor, ihn im Auge zu behalten. Besonders hinsichtlich der Dinge, die er aus seinen Rocktaschen hervorzaubern konnte. Poincaré-Kugeln und Pyramiden aus schwarzem Licht – sie musste den Kopf schütteln, wenn sie an das unerklärliche Verschwinden der Hexer dachte.
    Vadym grinste schief. »Also dann. Viel Glück, Chexe.«
    »Ja«, murmelte Ravenna. »Viel Glück.« Sie schlang beide Arme um sich. »Möge der Bessere gewinnen.«
    Als sie sich dem Tor näherten, erkannte Ravenna, dass Beliar sein ganzes Gefolge um sich versammelt hatte: mittelalterliche Krieger und Hexer ebenso wie Kameraleute, Regieassistenten, Requisiteure, Maskenbildner und Beleuchter. Auf der großen Wiese türmten sich Stative, Kabeltrommeln und Aluminiumboxen neben ritterlichen Stoffzelten. Ein Mann mit einem Megafon gab Kommandos, während sein Techniker die Lichtanlage prüfte. Die Lampen flammten auf, gingen wieder aus, und dann wiederholte sich der Probelauf wieder von vorn, während die Zaungäste gebannt auf das Schauspiel starrten.
    Für die Aufnahmen vor dem Tor hatte Beliar Schienen verlegen lassen, auf denen ein Kamerawagen rollte. An einem Stahlseil, das in schwindelerregender Höhe zwischen den Türmen gespannt war, hing eine Skycam – eine schwebende Kamera, wie man sie bei Fußballübertragungen verwendete.
    Die Soldaten des Grafen de Barca sicherten die Absperrung. Ravenna reckte den Hals, um zu erkennen, wer sich unmittelbar am Tor befand. Zu ihrer Enttäuschung wurde das Portal von Schwarzmagiern bewacht. Auf dem ganzen Weg zum Drehort hatte sie überlegt, was sie tun würde, wenn sie in die Nähe des Kraftfelds kam. Einfach losrennen und springen – das war eine Möglichkeit. Sich unauffällig nähern und sich bei der nächsten Gelegenheit rückwärts in den magischen Strom fallen lassen – auch das war eine Option. Vielleicht gelang es ihr, das Tor zu stabilisieren und eine sichere Passage zu öffnen. Immerhin war sie die Tormeisterin. Nichts gab ihr jedoch die Gewissheit, dass sie nicht in den magischen Flammen verglühte.
    Nun musste sie allerdings erkennen, dass Beliar Vorkehrungen getroffen hatte, die eine schnelle Flucht unmöglich machten. Sieben Hexer hatten sich rund um das Tor verteilt. Die Männer und Frauen trugen lange, schwarze Kutten, die am Oberkörper schräg geknöpft wurden. Der Morgenwind ließ die Gewänder um ihre Beine flattern. Die Schwarzmagier hatten in einem weiten Kreis Aufstellung genommen. Jeder hielt ein Teufelsauge in der Hand. Die Kristalle reflektierten die bunten Lichter, die im Tor aufstiegen. Die Lichtstrahlen kreuzten sich im Dunst und bildeten ein vollendetes Heptagon. Ein magisch aufgeladenes Siebeneck, das den Zugang zum Tor versperrte.
    »Euer Name?«
    »Was?« Verwirrt blickte Ravenna den Sprecher an. Es war ein großer, bärtiger Krieger, dessen Burstharnisch das Muschelwappen der de Barcas zeigte. Seine Arme steckten bis zu den Fingerspitzen in beweglichen Eisengliedern. Sein Hals wurde von einem Kragen aus Metall geschützt. Unter dem hochgeklappten Visier lagen seine Augen im Schatten.
    »Euer Name?«, wiederholte er.
    »Ich kenne dich«, stellte sie fest. »Wir haben gemeinsam in der alten Schmiede übernachtet. Du

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