Tore der Zeit: Roman (German Edition)
unser Plan?«
Er musste sich zusammennehmen, damit seine Stimme nicht gereizt klang. Die Nachwirkungen von Beliars höllischem Zauber steckten ihm noch in den Knochen, und er hatte wirklich gehofft, nach der ersten Runde wäre alles vorbei. Weit gefehlt – das hinterhältige Spiel des Teufels fing gerade erst an.
Ravenna musterte den Koffer aus sicherer Entfernung. Auch sie spürte seine unangenehme Aura.
»Du vergisst, dass Beliar hinter dieser ganzen Inszenierung steckt«, meinte sie. »Er hat mich mit jeder Frage mehr herausgefordert. Er hat dich herausgefordert. Und zuletzt ging es überhaupt nicht mehr um das WizzQuizz. Es ging nur um unsere jahrhundertealte Feindschaft.« Sie seufzte und rieb sich die Augen. Auf ihren Wangen blieben Streifen schwarzer Schminke zurück.
»Jetzt stehen wir wieder ganz am Anfang. Ohne einen Cent in der Tasche, und das mitten in Paris. Aber wie dem auch sei – wer garantiert mir, dass dieser Koffer nicht zufällig den entscheidenden Hinweis au f Yvonne enthält?«
»Oh«, sagte Lucian. An diese Möglichkeit hatte er noch gar nicht gedacht. »Das sähe Beliar allerdings ähnlich.« Er ging vor dem Bett in die Hocke und untersuchte den Koffer genauer.
»Dieser Kasten unterliegt einem Bindezauber. Auch magische Fallen sollten wir nicht ausschließen«, urteilte er nach einer Weile. Er rieb sich das Kinn. »Willst du das wirklich heute Nacht versuchen? Sollten wir nicht erst einmal unter die Dusche gehen und uns anschließend ein bisschen ausruhen?«
Er hatte den Satz noch nicht beendet, als das Telefon wieder zu klingeln begann. Ravenna riss den Hörer von der Gabel. »Ich sagte doch bereits, dass ich … oh. Aha. Na sowas. Wirklich? Tja, ich möchte trotzdem keine Interviews geben . Danke sehr.« Sie legte auf.
»Ich werd’ noch verrückt«, murmelte sie und fasste sich an die Stirn.
»Wer war es diesmal?«, fragte Lucian.
Ravenna massierte sich die Schläfen. »Der Illusionist. Dieses Magazin über Magie und Hexenkunde, das man an jeder Straßenecke kaufen kann. Mit Kräuterrezepten, angesagten Flüchen und einem magischen Preisausschreiben. Gibt es jede Woche neu.«
Lucian fing an zu lachen. »Du bist wütend«, stellte er fest. »Und du gefällst mir, wenn du wütend bist.«
Ravenna ging zu ihm und kuschelte sich an ihn, während er sie umarmte. »Untersteh’ dich, dich über mich lustig zu machen«, drohte sie mit geschlossenen Augen. »Dieser Abend war schlimm genug. Du hattest vollkommen recht: Dieses Quiz war demütigend.«
Lucian atmete den Duft ihrer Haare ein. »Du hast dich gut geschlagen«, tröstete er sie. »Die Zuschauer haben deine Leistung anerkannt. Im Grunde ist es kaum anders als beim Lanzenstechen. Auch da wollen die Leute Gewinner und Verlierer sehen. Aufwühlende Geschichten kommen immer am besten an.«
»Vadym hat gedroht, dass er und seine Freunde mich verfolgen«, flüsterte Ravenna. Ihr Gesicht wirkte spitz und blass.
Lucian betrachtete sie besorgt. »So lauten die Bestimmungen bei diesem Spiel, nicht wahr?«, entgegnete er. »Der Verlierer der ersten Runde setzt alles daran, dem Gewinner den alchemistischen Koffer abzujagen. Mehr Sorgen bereitet mir da, was Beliar wohl für die zweite Runde ausheckt.«
Ihre Antwort verstand er kaum, denn sie drehte das Gesicht gegen seine Schulter. »Ich bin völlig fertig«, seufzte sie.
In diesem Augenblick begannen das Telefon auf dem Nachttisch und Ravennas Handy gleichzeitig zu läuten. Sie machte sich von ihm los und fluchte aufgebracht, während sie in ihrer Handtasche wühlte. Dann warf sie ihm das Handy zu und nahm den Hörer des Telefons auf dem Nachttisch ab.
»Keine Interviews! Keine Titelstory! Keine Fotos«, schrie sie, während Lucian das Handy aufklappte und sich das Gerät ans Ohr hielt. Es hatte eine Weile gedauert, bis er mit diesen vertrackten Geräten zurechtkam, die geisterhafte Stimmen aus dem Nirgendwo übertrugen. Magische kleine Kästchen.
»Hier spricht Vanessa«, sagte eine weiche Stimme an seinem Ohr. »Vanessa Chanterel von Kanal 5.« Sie schwieg erwartungsvoll, als müsse bereits diese Auskunft Eindruck auf ihn machen.
»Und Ihr wünscht?«, fragte Lucian höflich.
Jetzt schnappte die Anruferin nach Luft. »O mein Gott – Sie sind es! Lucian, nicht wahr? Ravennas geheimnisvoller Begleiter! Hören Sie, ich will Sie unbedingt in meiner Show! Wir haben Ihren Auftritt vorhin verfolgt. Mein Team ist verrückt nach Ihnen, die Mädels in der Redaktion flippen regelrecht
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