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Torso

Torso

Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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Wagen. Hier stören wir nur.«

[home]
54
    S ie war sofort in den tiefer gelegenen Teil des Kellers geflüchtet. Sie lief rasch zur Seite weg und versuchte, im trüben Licht des Handydisplays die Orientierung zu behalten. Aber sie realisierte schnell, dass sie bereits nicht mehr genau wusste, wo sie sich befand. Instinktiv hatte sie eine Richtung gewählt, die von der Eisentür wegführte. Aber war das klug gewesen? Diesen Teil hier kannte sie überhaupt nicht. Mit Mirat war sie letzte Woche nach der Treppe rechts abgebogen, um das Lager von diesem Hagen zu finden.
    Sie blieb stehen und lauschte. Außer dem leisen Rauschen der Heizungsrohre über ihrem Kopf hörte sie nichts. War die Kellertür eingetreten worden? Waren die Männer schon hier unten? Sie meinte, dass sie das gehört haben müsste. Aber sicher konnte sie sich nicht sein. Sie reckte sich und klopfte erneut gegen die Rohre.
Tata ta tata.
Eine Reaktion blieb aus. Stattdessen klingelte plötzlich ihr Handy.
    »Elin?«
    Sie versuchte dagegen anzukämpfen, aber der Klang von Zollangers Stimme hatte plötzlich eine ungeheure Wirkung auf sie.
    »Wo sind Sie?«
    »In einem Heizungskeller in Reinickendorf«, flüsterte sie so deutlich und zugleich unauffällig, wie sie konnte.
    »Wo genau?«
    Sie beschrieb ihm den Ort. »Draußen warten zwei Männer«, fügte sie hinzu. »Sie sind mir gefolgt. Ich weiß nicht, ob sie schon hier drin sind, aber ich fürchte es. Wo sind Sie?«
    »Ich bin auf dem Weg zu Ihnen. Gibt es einen zweiten Eingang zu diesem Gebäude?«
    »Das … das weiß ich nicht. Ich glaube nicht. Ich bin im unteren Kellergeschoss. Herr Zollanger. Was wollen diese Leute von mir?«
    »Sie wollen vor allem mich, Elin. Hören Sie zu. Können Sie sich dort unten verstecken? Wenigstens eine Stunde, bis ich da bin?«
    »Sie kommen hier nicht herein, ohne dass die Sie bemerken. Sie werden Sie …«
    Plötzlich war der Empfang weg. Sie drückte auf den Wiederwahlknopf, aber die Feldstärkenanzeige gab keinerlei Signal. Eine Stunde. Was sollte sie tun? Sie hielt das Handy vor sich und leuchtete den Gang hinab. Er führte geradeaus auf eine Abzweigung zu.

[home]
55
    S ina schaute zum wiederholten Male auf die Uhr. Sie verfolgten den Einsatz per Funk. Wie lange würde es denn noch dauern, bis das Kommando in Position war und der Zugriff beginnen konnte? Niemand wollte ein Risiko eingehen. Um 20:17 Uhr drangen die Mitglieder des Sonderkommandos gleichzeitig an vier Stellen in die Kaserne ein. Sina lauschte gespannt in die Stille jenseits der Straße, aber es war nichts zu hören. Manchmal blitzte der Strahl einer Taschenlampe hinter der Fassade auf, aber sonst geschah nichts. Nach sieben Minuten meldete der Einsatzleiter, dass die Kaserne leer sei. Die Wartenden tauschten enttäuschte und ratlose Blicke aus. Dann kam die nächste Meldung: Eine verschlossene Kellertür war gefunden und geöffnet worden. Es vergingen vier endlose Minuten. Die nächste Meldung sprach von mehreren Räumen, die offenbar gegenwärtig benutzt wurden. Sina lauschte gespannt. Dann, um 20:46 Uhr, kam die erlösende Nachricht.
    »Wir haben soeben eine weibliche Person vorgefunden, die in einem der Kellerräume eingesperrt war. Sie ist unversehrt und gibt ihren Namen mit Inga Zieten an. Wir setzen die Untersuchung der anderen Kellerräume fort.«
    Sina lief nervös hin und her, die Hand ans linke Ohr gelegt, in dem der kleine Kopfhörer steckte. Brenner stand an den Wagen gelehnt da und rauchte. Mit jeder neuen Meldung wechselten sie vielsagende Blicke, sprachen aber nicht mehr. Was für eine Horrorhöhle hatten sie hier nur ausgehoben.
    »Wir haben Leichenteile menschlichen Ursprungs in einem Tiefkühlgerät sichergestellt. Außerdem Zerlegewerkzeuge und einen Metalltisch. Außer der Gefangenen haben wir keine weiteren Personen hier unten angetroffen. Wir überprüfen noch einmal sämtliche Räume und mögliche zusätzliche Ein- und Ausgänge.«
    »Was machen wir zuerst?«, fragte Udo. »Mit dem Mädchen sprechen?«
    Sina nickte. Sobald das SEK fertig war, wären erst einmal die Techniker dran. Nach den Schilderungen zu urteilen, gab es dort unten Hunderte von Spuren zu sichern. Das würde dauern.
    Sina rieb sich die Schläfen. Das Mädchen war unversehrt! Wenigstens das. Sie schaute in den Nachthimmel hinauf und atmete tief durch. Aber eine Erklärung. Es musste doch eine Erklärung geben. Gleich würden sie Inga Zieten sprechen. Sie musste ihren Entführer ja gesehen haben. Und es

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