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Torso

Torso

Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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konnte doch verdammt noch mal nicht Zollanger gewesen sein.
    Scheinwerfer flammten auf und tauchten die Kasernenruine in ein gespenstisches Licht. In der Ferne hatten sich, angelockt von den vielen Polizeifahrzeugen, die ersten Schaulustigen eingefunden. Brenner schaute mürrisch zu ihnen hinüber.
    »Immer das Gleiche. Was erhoffen die sich nur?«
    Sina stieß sich von ihrem Wagen ab und ging langsam in Richtung der Absperrung, hinter der eine Gruppe junger Leute stand und stumm das Treiben der Polizei beobachtete. Sie ließ ihren Blick aus einigem Abstand über die Gesichter wandern. Es war eine Angewohnheit von ihr. Tatorte waren besondere Orte, die besondere Menschen anzogen. Nicht unbedingt den Täter. Das war ihrer Erfahrung nach nur in Filmen so. Aber fast immer jemand, der etwas Interessantes wusste.
    Die Gesichter erschienen ihr fast alle nichtssagend. Direkt an der Absperrung tummelte sich vor allem Dorfjugend. In etwas Abstand dahinter standen ein älterer Mann und zwei Frauen mit Kopftuch. Etwas abseits bemerkte Sina eine hagere Figur. Der Mann sah alt und kränklich aus. Seine ganze Körperhaltung war leicht gebückt. Aber es war sein Gesichtsausdruck, der ihr aufgefallen war.
    Sina ging zu ihm hin. »Guten Abend«, sagte sie.
    Die Köpfe der anderen wandten sich ihnen zu, aber niemand erwiderte etwas.
    »Abend«, antwortete der Mann.
    »Wohnen Sie hier im Dorf?«
    Er nickte. Dann deutete er auf die hell ausgeleuchtete Kaserne und fragte: »Was ist damit? Baufällig?«
    »Die Kaserne? Ja. Ziemlich.«
    »Kaserne?«, sagte der Mann spöttisch. »Das war noch nie ’ne Kaserne.«
    »So. Was war es denn dann?«
    Er verzog die Mundwinkel und musterte sie abschätzig.
    »Weiß doch jeder, was das hier war.«
    Damit drehte er sich um und trottete weg.
    Sina bückte sich, glitt unter dem Absperrband durch und folgte ihm. Er war leicht einzuholen. Als er bemerkte, dass sie ihm gefolgt war, blieb er stehen und drehte sich halb zu ihr um.
    »Ich weiß es aber nicht«, sagte sie. »Und das Katasteramt liegt dann offenbar auch falsch.«
    »Was für ’n Amt?«, fragte der Mann und machte eine Miene, als habe das Wort ihm wehgetan.
    »Was ist das für ein Gebäude?«, fragte Sina. »Wir würden das schon gerne wissen.«
    Er schüttelte den Kopf. Dann zog er die Nase hoch und spuckte aus.
    »Na, hier war Erichs Sonnenstudio.«
    Sina spürte, dass der Mann immer wieder scheu in Richtung der anderen Schaulustigen blickte. Sie waren jetzt zu weit entfernt, um die Unterhaltung hören zu können, aber allein ihre Anwesenheit schien den Mann nervös zu machen.
    »Erichs Sonnenstudio?«, wiederholte sie verständnislos. »Und was soll das bitte sein?«
    Aber der Mann schüttelte nur den Kopf und stolperte in die Dunkelheit davon.
    »Sina«, hörte sie plötzlich im Knopf in ihrem Ohr. »Wo bist du denn? Das Mädchen ist da.«
    Sie kehrte um und ging zum Sanitätswagen, der mittlerweile direkt neben dem Gebäude stand. Inga Zieten saß auf der Tragbahre und ertrug geduldig, dass man ihren Blutdruck maß. Sie telefonierte offenbar gerade mit ihrem Vater.
    »… ja Papa, ich bin wirklich okay … nein, er hat mir nichts angetan … unheimlich, ja, ein Spinner … ich erzähle dir alles … aber gib mir bitte Mama …«
    Sina und Udo warteten, bis die wichtigsten Neuigkeiten ausgetauscht waren. Dann meldeten die Sanitäter, dass Frau Zieten keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufwiese und sofort nach Hause gebracht werden könne.
    »Aber wir dürfen Ihnen ein paar Fragen stellen?«, sagte Brenner.
    »Ja. Natürlich.«
    Inga gab bereitwillig einen Abriss der Ereignisse.
    »Sie könnten den Mann also identifizieren? Er hat sich keinerlei Mühe gemacht, sein Gesicht zu verbergen?«
    »Nein.«
    Brenner legte ihr Zollangers Fahndungsfoto vor, das seit achtzehn Uhr landesweit auslag. Inga Zieten zögerte keine Sekunde.
    »Aber das ist ja der Mann. Wo haben Sie das her? Wer ist das?«
    Sina und Udo schauten sich kurz an.
    »Das kann ich Ihnen noch nicht sagen, Frau Zieten. Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir ihn bald gefasst haben werden und Sie nichts mehr von ihm zu befürchten haben.«
    Ingas Augen blitzten auf. »Aber er von mir, das kann ich Ihnen schwören.«
    »Hat der Täter irgendwelche Forderungen an Sie gestellt?«, wollte Brenner wissen. »Hat er Ihnen gesagt, warum er Sie hierhergebracht hat?«
    Inga Zieten schaute ruhig von einem zum anderen.
    »Nein«, antwortete sie dann. »Er hat kein Wort mit mir

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