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Torso

Torso

Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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dass sein Ansehen in Gefahr war. Und zu allem Übel musste er sie auch noch retten. Das war nun mal die Tragik der Eliten, versuchte er sich zu trösten.
    »Es läuft alles genau so, wie es soll«, sagte er beherrscht. »Die BIG -Verluste werden wie alle anderen TBG -Verluste gebündelt und ausgelagert. Wenn das Abgeordnetenhaus die Kapitalaufstockung für die VKG beschließt, seid ihr aus dem Schneider. Und da es hierzu keine wirkliche Alternative gibt, kann euch wenig passieren.«
    »Du bist ein Genie, Hajo«, sagte Marquardt. »Wirklich.«
    Zieten lächelte gequält.

[home]
62
    S ie machen es mir sehr schwer, Sie zu verteidigen, wenn Sie mir nicht sagen, was sich in dem Keller abgespielt hat.«
    Vera Kornmüller war heute das vierte Mal bei ihr.
    »Ich kann mich nicht erinnern, was geschehen ist«, wiederholte Elin stur.
    »Das glaube ich Ihnen nicht, Elin. Warum waren Sie dort unten?«
    »Ich wollte zu Mirat.«
    »Warum?«
    »Weil die Sozialstation zu war.«
    »Sie wollten also ursprünglich in die Sozialstation?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Ich … ich hatte keinen besonderen Grund. Ich gehe regelmäßig dorthin. Ich arbeite dort.«
    Die Anwältin schaute Elin ernst an.
    »Nehmen Sie immer eine Steinschleuder mit, wenn Sie zu Mirat gehen?«
    Elin antwortete nicht.
    »Und die zerschlagenen Leuchtstoffröhren? Das waren doch auch Sie? Oder? Sie wurden verfolgt. Deshalb haben Sie die Lampen kaputt gemacht. Oder etwa nicht?«
    Elin drehte den Kopf zur Wand und schwieg.
    Vera Kornmüller atmete hörbar aus.
    »Wenn Sie mir nicht erzählen, was wirklich passiert ist, dann wird die Staatsanwaltschaft sich die für Sie ungünstigste Version zusammenreimen. Und das wird mit Sicherheit zu einer Anklage führen. Sie müssen sich zu den Umständen äußern. In Ihrem Interesse.«
    Elin schloss die Augen. Ihre Wunde pochte.
    Vera Kornmüller riss der Geduldsfaden. »Ich kann so nicht mit Ihnen zusammenarbeiten, Elin. Sie sagen nicht die Wahrheit. Ich kann Ihnen nur helfen, wenn Sie mir sagen, was sich wirklich abgespielt hat. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Sie und Mirat wegen der Tötung des Todesschützen. Mirat leugnet die Tat. Sie sagen gar nichts zu diesem Vorwurf. Damit wird die Anklage am Ende gegen Sie gerichtet sein. Warum tun Sie das, Elin?«
    Elin drehte sich wieder um und schaute die Anwältin an. Sie mochte die Frau. Sie wirkte kompetent und einfühlsam. Aber wann immer sie versucht war, ihr einfach alles zu erzählen, hörte sie Zollangers eindringliche, fast flehende Bitte.
Sagen Sie nichts. Sprechen Sie mit niemandem.
Und was hätte sie der Anwältin auch berichten sollen? Welche Geschichte denn? Die komplizierten Vorgänge weit über ihrem Kopf, für die sie keinerlei Beweise hatte und die sie selbst nur vage begriff?
    Was war verrückter? Den Worten dieses toten Polizisten zu vertrauen? Oder zu versuchen, ihre Geschichte zu erzählen, sich in unbeweisbare Behauptungen und Widersprüche zu verwickeln?
Ich kann Sie beschützen, Elin. Vertrauen Sie mir.
    »Hat Hauptkommissar Zollanger Ihnen gegenüber Andeutungen gemacht, was er mit seiner Aktion bezweckt hat?«, fragte die Anwältin weiter. »Der Staatsanwalt wird Sie mit dieser Frage konfrontieren. Was werden Sie dazu sagen?«
    »Was für eine Aktion?«, entgegnete Elin.
    Vera Kornmüllers Gesicht verspannte sich. Elin begriff nicht. Worauf spielte die Frau jetzt wieder an? Was wollte sie von ihr? Doch bevor sie antworten konnte, öffnete die Anwältin ihre Tasche, zog eine Mappe heraus, öffnete sie und hielt sie Elin hin. Was um alles in der Welt war das? Elin fuhr zurück. Ein brennender Schmerz an der Schulter ließ sie innehalten. Sie verzog das Gesicht und nahm ihre ursprüngliche Position wieder ein, um die Wunde zu entlasten. Vera Kornmüller schaute sie ohne jedes Mitleid an. Wortlos schlug sie eine Seite in ihrer Mappe um und wartete. Elin atmete schwer. Was zum Teufel war das? Sie starrte die zweite Aufnahme des grässlich verstümmelten Frauenkörpers an. Er lag auf einem Metalltisch, wahrscheinlich in irgendeiner Leichenhalle.
    »Hauptkommissar Zollanger hat diesen Torso vor zehn Tagen in Berlin-Lichtenberg in einem Plattenbau deponiert«, sagte die Anwältin leise. »Da sah er allerdings so aus.« Beim nächsten Foto legte Elin vor Schreck die Hand auf den Mund. Vera Kornmüller wartete. Aber Elin brachte keinen Ton heraus. Sie starrte nur fassungslos das Foto an.
    »Sie stecken da in einer sehr schwierigen Geschichte, Elin. Ist Ihnen das

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