Torso
klar?«
Elin wandte endlich den Blick von der Scheußlichkeit ab und fixierte Vera Kornmüller. »Ich … ich habe keine Ahnung. Was ist das?«
Die Anwältin erhob sich, steckte die Mappe mit den Tatortfotos wieder ein und schaute genervt auf sie herab.
»Ich habe übrigens Post für Sie«, sagte sie dann und legte ein Kuvert auf ihrem Nachttisch ab. Dann verließ sie grußlos den Raum.
Elin betrachtete den Umschlag. Er war weiß, ohne jede Aufschrift. Sie öffnete ihn. Ein zweiter Umschlag kam zum Vorschein.
Elin Hilger c/o Dr. Vera Kornmüller.
Sie musterte die Adresse, dann die Briefmarke. Der Brief war in Dresden abgestempelt, ohne Absender. Sie riss ihn auf. Eine kleine bedruckte Karte kam zum Vorschein. Es war eine Eintrittskarte.
Palazzo Pubblico,
stand darauf.
Museo Civico,
Siena.
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I ch habe die traurige Pflicht, Ihnen mitzuteilen, dass bei einem Schusswechsel in einem Heizungskeller in Reinickendorf zwei Menschen zu Tode gekommen sind«, begann Frieser seine Ausführungen und blickte erleichtert auf die spärlich besetzten Reihen vor ihm. Gerade mal acht Journalisten hatten hergefunden. Frieser wusste gar nicht, wem er dafür danken sollte. Der Vorsehung, die dafür gesorgt hatte, dass nur wenige Stunden vor der anberaumten Pressekonferenz eine Gasexplosion ein Wohnhaus in Mariendorf vollständig zerstört hatte? Oder dem lieben Gott, an den er nicht glaubte, an dessen Adresse er jedoch letzte Nacht einige Stoßgebete geschickt hatte? Was auch immer. Eine undichte Gasleitung in Mariendorf hatte heute Morgen für eine Katastrophe gesorgt und einen Großteil der Presseaufmerksamkeit für heute von ihm abgezogen.
»Eines der Opfer war ein Angehöriger der Strafverfolgungsorgane«, fuhr er fort. »Das zweite Todesopfer ist noch nicht identifiziert. Dringend tatverdächtig sind eine zwanzigjährige Asoziale aus Hamburg sowie ein sechzehnjähriger Asylbewerber bosnischer Staatsangehörigkeit. Die Tatumstände stellen sich im Einzelnen folgendermaßen dar …«
Frieser hatte sich mit dem Versuch, seine Presseerklärung so vage wie möglich zu halten, die halbe Nacht um die Ohren geschlagen. Aber irgendwann hatte er aufgegeben. Es hatte keinen Sinn. Er würde die Reporter nicht mit Teilinformationen abspeisen können. Also blieb ihm nur eines: Er musste sie auf seine Seite ziehen.
»Bevor ich Ihnen weitere Einzelheiten mitteile, möchte ich an Ihr Berufsethos appellieren. Wir haben es hier mit einem Straftäter zu tun, der mit seinen grauenvollen und absurden Taten offenbar die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich lenken wollte. Durch Ihre Berichterstattung können Sie somit leicht Erfüllungsgehilfen des Täters und seiner mutmaßlichen Komplizin werden.«
In der Folge gab Frieser einen Abriss über Zollangers Entwicklung bis zu seinem ersten psychotischen Anfall vor elf Monaten. Er räumte ein, dass das Verbleiben des Mannes im Dienst eine grobe Fehleinschätzung gewesen sei, die leider dazu geführt habe, dass der Betroffene einen weiteren psychotischen Schub erlitt, der wohl als ursächlich für seine nachfolgenden Straftaten zu betrachten sei. Nach den gegenwärtigen Erkenntnissen habe er einem von ihm willkürlich ausgewählten Opfer zunächst mit religiös motivierten Drohbotschaften, später mit aus gestohlenen Leichenteilen zusammengesetzten Hassfiguren zugesetzt. In der Folge entführte er dessen Tochter, entweder um seinen »symbolischen« Drohungen Nachdruck zu verleihen oder um von simulierten zu realen Gewalttaten überzugehen.
Das betroffene Opfer, eine bekannte Person des öffentlichen Wirtschaftslebens, die Anonymitätsschutz genieße, habe aus berechtigter Sorge um die verschwundene Tochter einen privaten Ermittler eingeschaltet, der den Täter Z. rasch gefunden und gestellt habe. Die Sicherheitsorgane seien natürlich auch eingeschaltet gewesen, waren allerdings durch die Tatsache, dass der Täter selbst Angehöriger der Ermittlungsbehörde war, in ihrer Funktionsweise stark beeinträchtigt. So sei es zu der unglücklichen Situation gekommen, dass Z. durch den privaten Ermittler gestellt und im Laufe eines eskalierenden Schusswechsels von diesem erschossen worden sei. Der private Ermittler sei bei dem Schusswechsel ebenfalls ums Leben gekommen. Für dessen Tod tatverdächtig sei jene junge asoziale Person aus Hamburg, die Z. mutmaßlich als Komplizin gedient habe. Das zwanzigjährige Mädchen habe selbst eine Schussverletzung davongetragen, was sie jedoch nicht daran
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