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Torso

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Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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die Runde. In kürzester Zeit kreuzten weitere Journalisten vor dem Gerichtsgebäude auf und beantragten Besuchergenehmigungen, die zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits ausgeschöpft waren.
    Kurz vor elf Uhr wurde im Radio gemeldet, es kursierten Gerüchte über eine bedrohliche Schieflage der VKG . Dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Abgeordnetenhauses war per E-Mail eine geheime Vorstandsvorlage zugesandt worden. Der hatte daraufhin sofort den Verfasser der Vorlage, Bankvorstand Zieten, angerufen und ihm spontan sehr konkrete Fragen zu diesem sogenannten »Phoenix-Gutachten« gestellt, die mittlerweile auch im Internet abrufbar war. Zieten verweigerte eine Stellungnahme. Nur Minuten später folgte eine Meldung des Wirtschaftsdienstes: Die VKG habe soeben erklärt, sie werde nicht in der Lage sein, das Konzernergebnis des Vorjahres zum 31. März zu veröffentlichen, da Unstimmigkeiten in den Bilanzen einiger Teilbanken, insbesondere der Treubau-Gesellschaft TBG , aufgetaucht seien, die das Konzernergebnis beeinträchtigen könnten und vermutlich monatelange Zweitprüfungen erforderlich machen würden.
    Es verging lediglich eine weitere Viertelstunde, bis sich ein aufgebrachter Anrufer bei dem Sender meldete und erklärte, er habe bereits vor drei Jahren die Bewertungspraxis in den Bilanzen der VKG und ihrer vielen Teilbanken als völlig fehlerhaft bezeichnet, da in den Gewinnschätzungen gigantische versteckte Risiken schlummerten. Das Ergebnis seines Testats sei gewesen, dass er von seiner Prüftätigkeit entbunden und das Mandat für die Bilanzprüfung einer renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft übertragen worden sei, welche die von der VKG gewünschten Ergebnisse »herbeigeprüft« hätte.
    Von all diesen Nachrichten, die bis zum Mittag zu einer regelrechten Flut anschwollen, drang nichts in das Besprechungszimmer von Sitzungssaal acht, wo die drei Richter, die beiden Schöffen, Vera Kornmüller und Jochen Frieser sich Zollangers Videoaussage anschauten. Die Aussage dauerte fast vierzig Minuten. Danach verließ Jochen Frieser sofort den Raum, um Hans-Joachim Zieten anzurufen und ihn über die völlig unvorhergesehene Wendung des Falls zu unterrichten. Aber Zietens Handy war tot. Und in seinem Büro war er auch nicht.
    »Es ist aber verdammt noch mal äußerst dringend«, schrie er die Sekretärin durch sein Handy an. »Ich muss Herrn Dr. Zieten sofort sprechen.«
    »Dringend«, stammelte die Frau, den Tränen nahe. »Wissen Sie überhaupt, was hier seit einer Stunde los ist? Ich werde gar nicht mehr ans Telefon gehen, verstehen Sie.«
    Frieser verstand gar nichts. Nur, dass die Sekretärin aufgelegt hatte.
    Er kehrte in den Besprechungssaal zurück, völlig unschlüssig, wie er sich nun verhalten sollte. Der Vorsitzende hatte soeben vorgeschlagen, das Hauptverfahren zunächst auszusetzen, bis die Gültigkeit dieser Zeugenaussage geklärt war.
    »Aussetzen?«, protestierte Vera Kornmüller. »Wieso aussetzen? Das Verfahren ist zu Ende. Wir haben ein Geständnis. Hätten wir diese Aussage im Ermittlungsverfahren gehabt, wäre es nie zur Hauptverhandlung gekommen. Die ganze Anklage fußt auf einer unglaublichen Schlamperei der Ermittlungsbehörden.«
    Sie wandte sich an Frieser, der nun wieder am Tisch Platz genommen hatte. »Sie haben Martin Zollanger für tot erklärt, obwohl es sich bei dem Toten um Georg Zollanger gehandelt hat, seinen Bruder.«
    »Das konnten wir nicht ahnen«, protestierte Frieser. »Der Leichnam wies alle biologischen Merkmale aus Martin Zollangers jüngsten Krankenakten auf.«
    »Ja, sicher«, entgegnete Vera Kornmüller. »Weil Georg Zollanger, wie wir aus dem Video wissen, sich im Frühjahr letzten Jahres als Martin Zollanger hat behandeln lassen. Wenn die Gerichtsmedizin sorgfältiger recherchiert hätte und auch ältere Akten zu Rate gezogen hätte, dann wäre Ihnen dieser Fehler nicht unterlaufen. Ebenso tölpelhaft waren die Ermittlungen zu den Torso-Fällen. Ist denn keiner auf die Idee gekommen, dass Martin Zollanger einen …«
    »Ihre Vorwürfe sind unerträglich«, zischte Frieser. »Wir wurden arglistig getäuscht, zudem von einem Angehörigen der Polizei, der natürlich über besondere Kenntnisse verfügt, wie man Ermittlungen manipulieren oder sabotieren kann.«
    »Wenn jemand getäuscht wurde, dann meine Mandantin. Von einer Strafverfolgungsbehörde sollte man erwarten können, dass sie sorgfältig und umsichtig arbeitet. Täuschungsabsichten zu

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