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Torso

Torso

Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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in den Kofferraum und schlug die Klappe zu. Als sie im Wagen saßen, sagte er:
    »Wo wohnen Sie?«
    Aber Elin kam nicht mehr dazu, zu antworten. Die Eisentür zur Treppe flog plötzlich auf, und zwei Männer stürmten in die Garage. Zollanger startete sofort den Motor, legte den ersten Gang ein, drehte hoch und raste mit quietschenden Reifen auf die beiden zu. Die Männer sprangen zur Seite. Zollanger streifte einen der beiden mit dem Seitenspiegel. Der Mann stürzte mit einem Schrei zu Boden. Zollanger drückte auf einen Knopf und fuhr auf das Rolltor der Ausfahrt zu, das sich nur langsam in Bewegung setzte. Elin schaute angstvoll nach hinten. Der zweite Mann rannte hinter ihnen her. Hatte er womöglich auch eine Waffe? Sie zog den Kopf ein und kauerte neben Zollanger, der in den Rückspiegel schaute. Plötzlich bremste er scharf. Er griff nach der Waffe des Einbrechers, stieg aus, stellte sich breitbeinig hin und feuerte zweimal in Richtung des Mannes. Der sprang zur Seite und suchte hinter einem Pfeiler Deckung. Zollanger stieg wieder ein. Das Rolltor war endlich oben angekommen. Er legte den Gang ein und raste die Auffahrt hinauf.
    »Also. Wo können wir in Ruhe reden?«, fragte er noch einmal.
    Elin war kreidebleich geworden. Ihr Atem ging flatternd, und sie spürte Schweißperlen auf der Stirn.
    »Mein Rucksack«, stammelte sie. »Mein Rucksack ist noch dort oben.«
    »Was ist da drin?«
    »Alles. Alle Unterlagen von meinem Bruder, die ich gefunden habe.«
    Zollanger schaute konzentriert auf die Straße.
    »Was ist mit Ihren Personaldokumenten? Die sind viel gefährlicher. Sind die auch in Ihrem Rucksack?«
    Elin spürte Würgereiz. Sie nickte.
    Zollanger sagte nichts. Stattdessen fuhr er plötzlich mit seiner Hand in die Tasche seines Jacketts. Aber da war nichts. Er schlug mit der Faust auf das Lenkrad. Dann schaute er wieder Elin an und schüttelte nur den Kopf.
    »Jetzt haben sie uns also alle beide.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Nachher«, rief er gereizt. »Wohin also?«
    »Wiclefstraße«, flüsterte Elin. Das war doch alles nicht wahr? Aber der Geruch von verbranntem Pulver, der ihr in die Nase stieg, belehrte sie eines Besseren.
    »Wiclefstraße 12.«

[home]
43
    E s war gespenstisch. Zieten folgte gebannt dem Lieferwagen, wie er die Rampe in die Tiefgarage hinabfuhr und parkte. Er hatte das Gefühl zu fallen. Sein Verstand hatte immer größere Mühe, diese Vorgänge zu begreifen. Aber was sollte er tun? Vor seinen Augen wuchtete ein Mann in einer Mönchskutte einen Rollkoffer von der Ladefläche und machte sich auf den Weg zum Fahrstuhl. Und was sich in dem Rollkoffer befand, hatte er ja vor ein paar Stunden auf Marquardts Handy gesehen.
    Der Zeitcode in der Fußleiste des Monitors machte einen Sprung. Knapp zwanzig Minuten hatte er gebraucht, um diese Scheußlichkeit auf Marquardts Schreibtischstuhl zu arrangieren.
    Gleich würde die interessanteste Stelle auf dem Videoband kommen. Er hatte sie sofort bearbeiten lassen, nachdem Aivars nach dem Zwischenfall in der Wohnung des Kommissars zurückgekommen war und ihm die Kassette und den Rucksack dieses Mädchens gebracht hatte. Gleich würde der Mönch kurz direkt in die Kamera schauen.
    Zieten wandte kurz den Kopf und musterte Marquardt und Sedlazek, die neben Aivars Ozols saßen und ebenso gebannt wie er verfolgten, wie das Video plötzlich langsamer wurde, um einzelne Einstellungen vergrößert wiederzugeben. Das Nummernschild des Wagens wurde mehrfach eingeblendet. Dann kam das wichtigste Detail überhaupt: Das Gesicht des Mönchs. Allen digitalen Bildbearbeitungskünsten zum Trotz war es ein wenig unscharf geblieben.
    Aivars schaute nur einmal kurz hin und nickte.
    »Er ist es«, sagte er. »Keine Frage.«
    Zieten musterte die engstehenden Augen des Mannes auf dem leicht zitternden Standbild. War dieser Kommissar geisteskrank? Ein Amokläufer? Und was sollte er jetzt tun? Frieser benachrichtigen? Ihn mit der Tatsache konfrontieren, dass der Torso-Mörder und mutmaßliche Entführer seiner Tochter kein anderer als sein Chefermittler war? Aber war Zollanger überhaupt ein Einzeltäter? War das denkbar? Hatte er vielleicht weitere Komplizen innerhalb der Polizei? War Zollanger der Kopf dieser ganzen Geschichte oder nur die Hand?
    Das Video war zu Ende. Marquardt erhob sich und schaltete das Deckenlicht wieder ein. Keiner sagte etwas.
    Was hatte denn Sedlazek für eine Miene aufgesetzt?
    »Ist dir nicht gut, Günther?«, fragte Zieten. Sedlazek

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