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Torte mit Staebchen

Torte mit Staebchen

Titel: Torte mit Staebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hornfeck
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Zuspitzung der politischen Lage belastete.
    Höchste Zeit für einen Familienrat, was bei den Finkelsteins inzwischen gleichbedeutend war mit einer Partie »Mensch-ärgere-dich nicht!« Dabei konnte man alle möglichen Probleme besprechen und sie anschließend wie die Spielfiguren wieder in die rote Schachtel packen: Deckel zu und Ruhe. Diesmal war es Frau Finkelstein, die die Initiative ergriff und nach dem Abendessen das Spielbrett auf dem Tisch ausbreitete.
    »Habt ihr schon von den Lagern gehört, wo die Angehörigen der Feindmächte hinmüssen?«, platzteInge heraus, kaum dass sie ihre roten Männchen in Position gebracht hatte.
    »Als Deutsche sind wir aber keine Feindmächte«, warf Frau Finkelstein ein, um die Wogen zu glätten.
    »Sanmao hat auch gesagt, dass die Japaner keinen Unterschied zwischen Juden und Ariern machen«, ergänzte Inge, die den Vater beruhigen wollte.
    »Das mag ja zutreffen   – auf euch beide. Ich mit meinem »J« im Pass gelte als staatenlos. Die Nazis haben dafür gesorgt, dass ich durch die Ausreise nicht nur mein Vermögen, sondern auch meine Bürgerrechte verloren habe.«
    Mutter und Tochter sahen einander mit stummem Schrecken an. Daran hatte keine von ihnen gedacht.
    »Aber du bist doch trotzdem Deutscher«, beharrte Inge.
    »Nicht für die Leute im hiesigen Generalkonsulat. Die fühlen sich nicht mehr für mich zuständig. Aber wer weiß, was denen noch einfällt«, bemerkte er düster. Es kursierten immer wieder Gerüchte, dass die nationalsozialistischen Diplomaten am liebsten auch Schanghai »judenrein« machen würden.
    Das war es gerade nicht, was Frau Finkelstein mit dem Spiel hatte erreichen wollen. »Jetzt mal nicht den Teufel an die Wand, Willi. Was können die uns schon anhaben. Wir sind hier doch wirklich gut gelandet. Und mit meiner Änderungsschneiderei habe ich in letzter Zeit einiges an Strumpfgeld dazuverdient.« Frau Finkelstein, die keiner Bank dieser Welt mehr vertraute, verwahrte ihre Einnahmen in einem von Inges zu klein gewordenen Kniestrümpfen.
    »Du bist am Zug, Papa«, drängelte Inge.
    »Wenn’s nur so wäre«, murmelte ihr Vater, ließ sich dann aber doch in das Spielgeschehen hineinziehen.
    ***
    »Inge, ich muss mal mit dir reden«, sagte Frau Finkelstein eines Morgens, als der Vater in der Backstube war.
    Was ist denn jetzt los?, überlegte Inge verdutzt, sie war solche Aufforderungen von ihrer Mutter nicht gewöhnt. Wenn es etwas zu besprechen gab, wurde »Mensch-ärgere-dich-nicht!« gespielt. Aber zu zweit? Und am hellen Vormittag?
    »Soll ich das Spielbrett holen?«
    »Nein, nicht so was«, lachte die Mutter, als sie das erstaunte Gesicht ihrer Tochter sah, »eher ein Thema zwischen Mutter und Tochter.«
    Inge rollte mit den Augen, sie konnte sich schon denken, was jetzt kam.
    »Inge, in den letzten Monaten hast du einen richtigen kleinen Busen bekommen. Ich finde, mit deinen vierzehn Jahren kannst du jetzt nicht mehr in diesen lockeren Leibchen rumlaufen. Auch unter der weißen Schulbluse solltest du im neuen Schuljahr einen Büstenhalter tragen.«
    Aber so einfach war das nicht, wie Inge von ihren Schulkameradinnen wusste, die sich in den Pausen ständig über solche Sachen unterhielten.
    »Du meinst ›Triumph krönt die Figur‹?«, erwiderte Inge spöttisch. »Da ist die Seeblockade vor.«
    Die Kanonenboote der Alliierten verhinderten nicht nur die Einfuhr von Lebensmitteln, sondern auch von Seidenstrümpfen und Büstenhaltern, Produkte, die in der Foreign Community sehr gefragt waren.
    »Wie machen das eigentlich die Chinesinnen?«, erkundigte sich die Mutter.
    »Siehst du doch. Die haben keine so wallenden Busen. Sie tragen bloß ein Dudou, eine Art Unterhemd, das, wie der Name sagt, den Bauch bedeckt.«
    »Ich dachte, ich könnte vielleicht einen Büstenhalter aus leichtem Baumwollstoff nähen. Elastisches Material ist hier leider nicht zu bekommen, aber wenn er gut sitzt, ist so was bei der Hitze sicher angenehm zu tragen.«
    Das konnte Inge sich nicht vorstellen, vor allem nicht beim Kungfu-Training. Allmählich schwante ihr, dass Frau Finkelstein ihre mütterliche Fürsorge offenbar mit einer neuen Geschäftsidee verband.
    »Und ich soll dann als Unterwäschevertreter rumlaufen, wie?«
    »Nein, nein, so weit habe ich nicht gedacht«, wehrte die Mutter ab. »Ich dachte, ich nehme mal deine Maße und experimentiere ein bisschen.«
    »Na schön.« Resigniert nahm Inge die Arme hoch, damit die Mutter mit dem Maßband ihre Oberweite

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