Tortenschlacht
kommt vor, wenn man nicht einparken kann.«
»Es war vollkommen aussichtslos, einen normalen Parkplatz zu finden.«
»Ich finde immer einen.«
»Du bist ja hier auch zu Hause«, lächelt Siggi, »da kennst du sicher ein paar gute Tricks.«
»Irgendwo wird immer etwas frei. Diese Stadt schläft nie.« Ich verschweige ihm, dass auch ich schon wahnsinnig geworden und eine Stunde lang durch Schöneberg geschlichen bin, nur weil in dieser »Weltstadt« kein Mensch mehr sein Auto bewegen wollte. Am Ende parkte ich irgendwo auf der Wexstraße. Parallel zur Autobahn und mithin genau da, wo auch die Polizei die abgeschleppten Autos hinzustellen pflegt. »Ich nehme an, du hast deinen Wagen inzwischen wieder?«
Siggi nickt. »Aber deshalb haben wir uns nicht getroffen, oder?«
»Nein«, antworte ich und schiebe die blutverschmierte Visitenkarte über den Tisch. »Das ist doch eure Firma, oder?«
Siggi wirft einen kurzen Blick auf die Karte. »Es steht mein Name drauf.«
»Wo hast du die her?« Monika besieht sich die Karte genauer. »Ist das Blut?«
»Das ist Blut«, nicke ich und füge hinzu: »Es gehört Werner von Lahn. Er wurde heute früh tot an der AVUS aufgefunden.«
Monika schaut entsetzt auf.
Interessanter ist aber Siggis Blick. Nur einen winzigen Moment lang blitzt dort etwas auf, bevor er sich wieder um scheinbar ehrliches Mitgefühl bemüht und ein bedauerndes »Tut mir leid« von sich gibt. Aber für mich ist er entlarvt. Es gibt etwas zwischen ihm und dem toten Werner von Lahn, und es ist gewichtiger als alles, was er mir gleich erzählen wird, weil es mit dem Tod des Politikers zu tun hat. Da bin ich mir (fast) sicher.
»Also?« Lauernd starre ich ihn an.
»Deshalb triffst du dich mit uns?« Siggi schiebt die Karte über den Tisch zurück.
»Freut dich das nicht? Immerhin hast du so für diese Nacht einen Informationsvorsprung.« Ich stecke mir eine Zigarette an. »Als alter Stasiagent solltest du das zu schätzen wissen. Spätestens morgen werden alle Zeitungen vom Tod des Politikers berichten.«
»War es ein Unfall?«, erkundigt sich Monika.
»Oder Mord«, erwidere ich und lasse Siggi nicht aus den Augen. »Also? – Was hattest du mit ihm zu tun?«
»Ein geschäftlicher Kontakt«, erwidert Siggi und starrt mich entsetzt an. »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich ihn umgebracht habe?«
Ich nehme einen Schluck Bier und beuge mich vor. »Hör zu, Siggi: Der Mann hatte deine Visitenkarte in der Brusttasche, als er starb, und es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass er sie gefunden hat. Ihr habt euch getroffen, und ich nehme an, das war kurz vor seinem Tod, sonst hätte er sicher noch mal den Anzug gewechselt.«
»Wir haben uns mehrmals getroffen«, erwidert Siggi, »wie gesagt, rein geschäftlich.«
»Wann das letzte Mal?«
»Samstagabend.«
Na eben. Wie recht ich habe, denke ich zufrieden und nicke Monika beruhigend zu. Wie empört sie mich anschaut. Als ob ich ihrem Siggi gleich etwas antun wollte. Schatz, iss deinen Salat, wer weiß, wann du wieder einen bekommst.
»Worum ging es? Und sag jetzt bitte nicht, es sei geschäftlich gewesen.«
»War es aber.«
»Ja, und? Was für Geschäfte habt ihr besprochen?«
»Dieter, ich will dir doch gar nichts vorenthalten.« Siggi hebt beschwichtigend die Hände. »Es ist nur so, dass ich von Lahns Tod erst mal verarbeiten muss. Das hat ja schließlich auch Konsequenzen für …«
»… deine Geschäfte, richtig«, nicke ich. »Ging es zufällig um Immobilien?«
»Natürlich«, antwortet Siggi, »die DOMIZIL ist eine Immobilienfirma. Wir waren an einigen Objekten von ihm interessiert.«
»Drei besetzte Häuser am Helmholtzplatz?« Plötzlich brennt in meinem Hirn eine Glühlampe. »Auf die Werner von Lahn Restitutionsansprüche hat?«
»Genau.« Siggi sieht mich verblüfft an. »Woher weißt du das?«
»Eines der besetzten Häuser ist Freitagnacht in Flammen aufgegangen«, erwidere ich, »auch da gab es einen Toten.«
»Ist das wahr?« Monika sieht Siggi von der Seite her an, und in ihrer Stimme schwingt Misstrauen mit. »Verdammt noch mal, in was für einer Sache steckst du wieder drin?«
Sieh an, sieh an, die Liebe bröckelt schon. Tja, ich habe dich gewarnt, Moni. Wer mit dem Teufel paktiert …
»Gibt’s da womöglich einen Zusammenhang?«, treibe ich Siggi weiter in die Enge. »Ist irgendwer wem in die Quere gekommen, mhm?«
»Genau diese Frage habe ich mir auch schon gestellt, Dieter.« Siggi seufzt und schüttelt den Kopf.
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