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Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt

Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt

Titel: Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Castagno
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Haus gepasst?«
    »Nein«, sagte er, »aber ich konnte das Problem lösen!«
    »Wie?«, fragte ich.
    »Oh, ich habe einfach ein größeres Haus gekauft!« Als er lachte, konnte ich hören, wie er sich mit den Fäusten auf die Oberschenkel schlug.
    Dieses Mal war John in Begleitung einer anderen Freundin, die ihm sehr zu gefallen schien.
    »Du wirst sie gern haben!«, versicherte er mir. »Sie ist nicht so verwöhnt und langweilig wie die letzte.« Er dachte an seine vorige Freundin, schüttelte den Kopf und sagte: »Weißt du, sie bestand darauf, dass ich einen Cadillac kaufe – sie fand, jemand in meiner Position könne nicht in einem Oldsmobile durch die Gegend fahren!«
    Die neue Freundin war von Kopf bis Fuß in schwarzes Leder gekleidet, mit hohen, über die Knie reichenden Stiefeln. Sie hatte einen wunderbar roten Haarschopf und war, wie man es von einer Rothaarigen erwartet, ein sehr explosiver Typ. Es war ihr erster Besuch in Italien, und sie hatte viele Anpassungsschwierigkeiten. Sie konnte nicht herausfinden, wie man die Toilettenspülung betätigt – oft gibt es in Italien zu diesem Zweck ein Fußpedal, oder die Spülung wird beim Verlassen des WCs von allein ausgelöst -, nie fand sie den Lichtschalter, und einmal stürmte sie aus der Damentoilette ins Restaurant zurück und kreischte: »Funktioniert denn in diesem verdammten Land überhaupt nichts?«
    Dieses Mal hatte John Glück. Er fand nicht nur sein Bett, sondern auch eine Causeuse im »Aiello-Stil«, wie der Spediteur, der den Versand besorgte, diesen Stil nun nannte. Während einer langen Verhandlung mit einem bockigen Händler fragte Johns neue Freundin, wo sie eine Apotheke finden könne. Da Sonntag sei, sei in der Stadt nur eine Apotheke geöffnet, antwortete ich, und wahrscheinlich sei sie etwas weiter weg, weshalb wir den Markt verlassen und mit dem Auto hinfahren müssten. Ich fragte sie, ob die Sache dringend sei, denn wenn wir den Markt einmal verlassen hätten, würde man uns nicht mehr hereinlassen. »Sehr dringend!«, betonte sie. Schließlich fanden wir die Apotheke. Nach ein paar Minuten kam sie zurück, mit einer kleinen Packung Zahnseide. Ich hätte sie umbringen können!
    Zum Glück war bei Johns nächstem Besuch wieder alles beim Alten – wir beide gingen allein auf Tour. Nach dem obligatorischen Besuch auf dem Markt, wo er weitere Möbel im Aiello-Stil und ein Paar kitschige Marmorlöwen kaufte, verbrachten wir dieses Mal einige Zeit in Perugia und Assisi. Als wir uns voneinander verabschiedeten, stellten wir plötzlich etwas beunruhigt fest, dass das Wetter schön gewesen war, die Züge pünktlich fuhren, es keinen Streik gegeben hatte und auch keine Unfälle, keine Strafzettel, keinen Stoßverkehr, keine Abschleppdienste, keine schwierigen Freundinnen – alles war absolut perfekt gewesen. Zwei Tage später wurde Assisi durch ein Erdbeben praktisch dem Erdboden gleichgemacht!
    Johns Besuche sind jetzt ein fester Bestandteil in meinem Programm. Ohne unseren Besuch auf dem Markt von Arezzo wäre das Jahr nicht vollständig. Als wir das letzte Mal miteinander sprachen, beschrieb er mir sein neues Haus voll weißem Marmor aus Italien. Seine Verbundenheit mit Italien ist groß. Selbst als Amerikaner der dritten Generation, der die Sprache nicht mehr spricht, hat er das Gefühl, mindestens einmal, möglichst zweimal jährlich hierher kommen zu müssen, um die Batterien »aufzuladen«. Wenn ihm die Zeit fürs Reisen fehlt, kommt er wenigstens für ein Wochenende. Alles Italienische bewundert er uneingeschränkt: den Parmesankäse – einmal sind wir sogar miteinander nach Parma gefahren, um zuzuschauen, wie der Käse gemacht wird -, das gute toskanische Olivenöl, die Weine des Piemonts und all die typischen Mittelmeergerichte. Ich könnte nicht sagen, welche Vorfahren seinen Charakter mehr geprägt haben – die ehrgeizigen Nord- oder die sinnlichen Süditaliener. Er besitzt beide Wesenszüge.
    John hat mich schon oft nach Washington, D.C., eingeladen. Ich bin noch nie hingereist. Aber ich habe so viele der düsteren, fast gotisch anmutenden Möbel und Einrichtungsgegenstände gesehen, mit denen er sein Haus möbliert hat, dass ich es mir so vorstelle wie das Haus der Addams Family.
    Übrigens – als ich dieses Kapitel schrieb, erhielt ich einen Telefonanruf von John. Von seiner letzten Sendung kam die eine Hälfte zertrümmert an und die andere überhaupt nicht. Der Aiello-Effekt ist wieder einmal wirksam gewesen.

Intervall –

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