Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt
Nach fünf Stunden halsbrecherischer Fahrt erreichten wir den Flugplatz Malpensa gerade noch rechtzeitig. Unser Triumphgefühl verflog allerdings rasch, als wir hörten, der Flug sei wegen dichten Nebels gestrichen worden.
Erschöpft und enttäuscht gingen wir zum Auto zurück, mit der deprimierenden Aussicht, in Mailand übernachten zu müssen. Als John die Wagentür auf der Beifahrerseite öffnen wollte, trat er mit dem Schuh in einen Hundehaufen. Wir brachen in ein hysterisches Gelächter aus und hofften, dass dies die Krönung unserer Pechsträhne sei und der Auftakt für die Wende zum Glück.
Aber dem war nicht so. Vier Stunden lang suchten wir erfolglos nach einem Hotelzimmer. Wegen einer Konferenz in der Stadt war alles ausgebucht. Wir mussten im Auto übernachten. Am nächsten Morgen erwachten wir mit Schmerzen an Stellen, von denen wir gar nicht wussten, dass sie existierten. Der Nebel war verschwunden. Dafür musste ich feststellen, dass ich einen weiteren Strafzettel unter dem Scheibenwischer hatte. Mein Wagen stand auf einem Parkplatz für Behinderte!
Während all dieser nervenaufreibenden Ereignisse war es John gelungen, die Stimmung aufzulockern, indem er mir Geschichten von merkwürdigen Fällen aus seinem Berufsleben als Anwalt erzählte. Dabei bog er sich stets vor Lachen, sodass sein Kopf beinahe auf die Knie schlug und trommelte mit den Fäusten auf seine Oberschenkel.
Es verging ein weiteres Jahr, dann kehrte John zurück. Dieses Mal war er in Begleitung seiner Freundin. Ich holte die beiden vom Flughafen ab. Auf unserer Fahrt in die Toskana steckten wir vier Stunden lang in einem Stau wegen eines schlimmen Lastwagen-Unfalls. John versuchte, die Spannung zu mildern, und erzählte ein paar Witze. Seine Freundin aber war tödlich gelangweilt und gähnte ständig. Außerdem vertrug sie das Reisen im Auto nicht und litt sehr, weshalb wir, als der Verkehr endlich wieder ins Rollen kam, die Autobahn mehrmals verlassen mussten, um ein bestimmtes Medikament zu suchen, das in ganz Italien leider in keiner einzigen Apotheke vorrätig zu sein schien. Meiner Meinung nach hatte sie noch eine zweite und viel schlimmere Krankheit. John und ich schleppten sie in die besten Restaurants der Toskana und stellten ihr immer neue Aromen und Konsistenzen vor. Aber alles, was sie wollte, war Thunfisch. Thunfisch und Kopfsalat, Thunfisch-Sandwich, Thunfisch-Aufstrich, Thunfisch-was-weiß-ich-nochmehr. Mich störte das dermaßen, dass ich John in einem unbeobachteten Moment während einer Kirchenbesichtigung zur Seite nahm und ihm zuflüsterte: »Mein lieber Freund, vertraue nie einer Frau, die nur Thunfisch isst!« Mein Ratschlag war ernst gemeint, denn ich bin nun einmal Italiener. John aber brach in lautes Lachen aus, das durch die ganze Kirche dröhnte, und klopfte mir mit seinen Fäusten fröhlich auf die Schultern. Als er sich beruhigt hatte, beschwichtigte er mich leise: »Keine Angst, Kumpel, ich habe keinerlei Absicht, sie zu heiraten!«
Dann kehrten wir zum Auto zurück – oder genauer gesagt zu dem Ort, an dem wir das Auto geparkt hatten. Ein alter Mann, der auf einer Bank saß und gelassen eine Toscano-Zigarre rauchte, teilte uns mit, dass er zugeschaut hatte, wie die Stadtpolizei den Wagen abschleppte. Ich konnte nicht verstehen, weshalb. Ich war überzeugt davon, vollkommen korrekt geparkt zu haben. Nach ein paar Stunden hatte ich das Auto wieder gefunden und das hohe Bußgeld bezahlt, um es zurückzubekommen. John und ich begannen uns ernsthaft zu fragen, ob seine Besuche irgendwie einen ungünstigen kosmischen Einfluss heraufbeschworen. Seine Freundin schaute mich nur feindselig an.
Am nächsten Tag fuhren wir nach Arezzo. Unterwegs gerieten wir in einen fürchterlichen Hagel, der viele Felder zerstörte. Auf dem Markt verliebte John sich in einen lachhaft großen Garderobenständer. Aber er war nicht sicher, ob er in sein Haus passte. Schließlich sagte er: »Ach was!«, und kaufte ihn, zusammen mit einem Kerzenständer aus rosarotem Glas. Nach einem weiteren Eisenbahnerstreik und größeren Schwierigkeiten bei der Zollabfertigung – er hatte etwa fünfzehn Flaschen Wein in seinem Gepäck – konnte er mit seiner Freundin endlich das Flugzeug für die Heimreise besteigen.
Ein paar Monate später rief er mich an und teilte mir mit, dass er ein Bett kaufen wolle und deshalb nach Arezzo kommen müsse. Ich nutzte seinen Anruf, um meine Neugier wegen des Garderobenständers zu stillen. »Hat er in dein
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