Toskanische Verführung (German Edition)
die Haare aus dem Gesicht, stand auf. Im Badezimmer schaufelte sie sich ein paar Händevoll kaltes Wasser ins Gesicht und schüttelte die Tropfen schnaubend ab. » Sto maledetto «, wiederholte sie halblaut. »Ich bin verflucht?«
Was für ein Desaster. Oder besser: Gerade noch mal Glück gehabt?
Das Telefon der Hausanlage neben ihrem Bett gab ein Klicken von sich und begann zu blinken. Jemand versuchte, sie anzurufen. Alessandro?
Flannery hob den Hörer ab und sagte: »Ja?«
Jemand atmete. Es klang seltsam. Dann ein Flüstern: »Flannery?«
»Ja«, sagte sie müde. »Alessandro?«
Wieder eine Pause, das mühsame Atmen. »Wir waren verabredet. Ich habe gewartet.«
Flannery rieb sich über die Augen. »Oh. Hugo. Ich ... sorry, ich habe es vergessen.«
Sogar sein Schweigen klang gekränkt. »Entschuldigen Sie, dass ich Sie belästigt habe«, flüsterte er nach einem Moment.
»Hugo!«, Flannery umklammerte den Telefonhörer. »Ich habe es einfach nur vergessen. Es war ein ziemlich verrückter Tag. Passen Sie auf, ich ... ich komme noch auf ein Glas Wein und eine Zigarette zu Ihnen. Okay?«
Sie seufzte, als sie den Hörer auflegte. Wie hatte Alessandro das so zynisch ausgedrückt? Wenn jemand nur den Flügel hängenließ und erbarmungswürdig humpelte ... na gut. Es würde sie nicht umbringen und vielleicht sogar ein wenig ablenken.
24
Nur die Lampe an ihrem Arbeitsplatz brannte, als sie die Bibliothek betrat. Es war niemand da. Flannery ging zu ihrem Schreibtisch und stellte das Tablett mit den zwei Gläsern und dem Aschenbecher neben dem Glas mit der frischen roten Rose ab. Sie stemmte die Hände in die Hüften, enttäuscht und müde. Also hatte Hugo doch noch Lampenfieber bekommen und war vor ihr geflüchtet.
Flannery hockte sich auf die Kante des großen Tisches und versuchte, in der Dunkelheit unter der Galerie etwas zu erkennen. Dort brannte kein Licht, also hatte Hugo sich wahrscheinlich auch nicht in dem kleinen Arbeitszimmer verschanzt.
Sie entkorkte die mitgebrachte Flasche und schenkte sich einen kleinen Schluck Rotwein ein, hob das Glas in Richtung Galerie und sagte halblaut: »Salute, Hugo.«
Morgen das Treffen mit Phil, er würde ja oder nein zum Erwerb der Sammlung sagen und vielleicht konnte sie gleich mit ihm abreisen. Er war sicherlich mit seinem eigenen Jet da. Sie hatte keine weiteren Verpflichtungen und das Gefühl, eine Auszeit würde ihr gut tun, ehe sie wieder an ihre Dissertation ging. Phils Anwesen auf Martha's Vineyard war ein Paradies, seine Angestellten und er würden sie nach Strich und Faden verwöhnen, wie immer.
Der Gedanke munterte sie auf. Sie streckte sich schnurrend und trank ihr Glas leer.
Das Licht erlosch. Flannery stieß einen erschreckten Schrei aus und konnte das Glas, das ihr aus den Fingern glitt, gerade noch packen, ehe es zu Boden fiel. War die Birne durchgebrannt? Ihr Herz schlug bis zum Hals, und sie schalt sich für ihr Erschrecken. Birnen brannten durch. Dies war die Bibliothek, die sie inzwischen kannte wie ihre eigene Hosentasche. Dort ging es zur Tür. Es gab keinen in der Finsternis lauernden Schrecken, nur alte Bücher und Möbel.
Und Schritte, die durch die Dunkelheit wisperten. Das Gefühl, dass jemand sich näherte, Atem, eine Stimme: »Flannery. Ich wollte Sie nicht erschrecken.«
Sie tastete nach der Tischkante, fand die Computermaus, der Monitor erwachte und spendete schwaches Licht. Hinter dem Schreibtisch stand eine große, breitschultrige Männergestalt, die vor dem Lichtschein in den Schatten zurückwich.
»Hugo«, sagte Flannery. »Wollten Sie, dass ich einen Herzschlag bekomme?«
Er hustete, heiser, schmerzhaft. »Ich vertrage kein Licht«, flüsterte er. »Meine Augen. Es schmerzt. Und ...«, er fuhr nicht fort.
Flannery ließ sich in den Schreibtischsessel sinken und stellte ihr Glas ab. »Möchten Sie? Ich habe uns eine Flasche Rotwein aus den Beständen Ihres Bruders geklaut.«
Wieder das Husten. Sollte es ein Lachen sein? »Danke, gerne.«
Flannery schenkte ein und kniff die Augen zusammen. Sie begannen sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, Umrisse schälten sich heraus, Regale, Tische. Der große Mann schien am Tisch zu lehnen, wie sie eben auch. Sein Gesicht war etwas heller als die Dunkelheit der Umgebung, er schien dunkle Kleider zu tragen, seine Hände schwebten scheinbar in der Luft wie blasse Fische. Flannery beugte sich vor und hielt ihm das Glas entgegen.
Eine Hand streckte sich aus, war einen Moment lang im
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