Toskanische Verführung (German Edition)
ihrer Kindheit, natürlich die offizielle Version. Joshua Gardner war früh gestorben, sie hatte ihn nicht mehr in Erinnerung. Ihre Mutter hatte dann ein zweites Mal geheiratet, war aber vor einigen Jahren auch gestorben, ihr Stiefvater, ein Amerikaner, in seine Heimat zurückgekehrt.
»Dann sind Sie allein?«, fragte Alessandro, der seine Beine auf den Stuhl neben ihr gelegt hatte und mit nervösen Fingern ein Stück Brot zerkrümelte. Sein Blick war an ihr vorbei auf den Herd gerichtet, aber sie konnte erkennen, dass er ihr trotz seiner augenscheinlichen Geistesabwesenheit mit Interesse zuhörte.
»Da ist noch meine Schwester«, entgegnete sie und schenkte sich aus der Rotweinflasche nach, die vor ihr stand. »Wir sehen uns selten, haben aber ein enges Verhältnis.«
Er nickte. Flannery betrachtete ihn und fand, dass er erschöpft aussah. Sie erinnerte sich daran, dass Dawkins behauptet hatte, der Graf schliefe nie. In diesem Moment glaubte sie es fast. Alessandro sah aus wie ein lebender Toter oder ein Geschöpf der Nacht, verflucht, auf ewig zwischen den Schatten zu wandeln ...
»Was denken Sie?«, unterbrach er ihre abschweifenden Gedanken.
Flannery gähnte und rieb sich über die Augen. »Nichts«, entgegnete sie. »Ich möchte zu Bett.«
Er stand auf und reichte ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen. Diese Anfälle von altmodischer Galanterie waren geradezu absurd, wenn man seine übliche Schroffheit bedachte, aber Flannery bedankte sich und wollte ihre Hand aus seinem Griff lösen, doch er ließ sie nicht los.
»Ich bringe Sie hinauf«, sagte er und ließ sich auch von ihrem Protest nicht abhalten, seine Drohung in die Tat umzusetzen.
Vor ihrer Zimmertür blieben sie stehen. Flannery legte die Hand auf die Klinke und sagte: »Gute Nacht. Schlafen Sie gut.«
Er griff an ihr vorbei, legte seine Hand auf ihre Finger und drückte die Klinke hinab. Sie fiel beinahe ins Zimmer und stand atemlos und erschreckt im Dunkeln, während sich die Tür hinter ihnen schloss.
Dann lag sie in seinen Armen. Er zog sie an sich und flüsterte unzusammenhängende Koseworte in ihr Haar. Sein Mund wanderte über ihre Stirn, ihre Wangen, fand ihre Lippen. Flannerys Widerstand schmolz dahin. Sie erwiderte seine Küsse mit schnell und heiß aufflammender Leidenschaft. Ihr Verstand protestierte, gab zu bedenken, warnte ... aber Flannery ließ alle Vorsicht fahren und ergab sich. Sie schlich schon zu lange um diese Verlockung herum. Alessandro erschien ihr anziehend und gefährlich wie ein Sprung in die Tiefe, gesichert nur durch ein dünnes Seil. Süß und tödlich. Leidenschaftlich. Wild.
Seine Hände glitten unter ihr Hemd, berührten ihre Haut, die unter der Berührung aufflammte. Flannery riss mit bebenden Fingern an den Knöpfen herum, ihr Hemd, sein Hemd, ganz gleich - Er half ihr, während seine Lippen über ihre Kehle wanderten, in der Halsgrube verweilten, sengende Hitze durch ihre Nerven schickte. Ihre Knie gaben nach und sie zog ihn mit sich, landete hart auf der Kante ihres Bettes. Er kniete vor ihr und vergrub mit einem stöhnenden Schluchzen den Kopf in ihrem Schoß. Sie spürte, dass er zu zittern begonnen hatte, und beugte sich vor, umschloss seinen Kopf mit ihre Armen, schmiegte ihr Gesicht in seine Haare. Sie hörte und spürte seinen Atem. Er murmelte etwas, was sie nicht verstand.
»Sandro?«, sagte sie und erschrak darüber, wie heiser sich ihre Stimme anhörte.
Er sah zu ihr auf, seine Augen in der Dunkelheit tiefe schwarze Gruben in einer schimmernd hellen Umgebung. Sie beugte sich zu ihm, küsste ihn, und er erwiderte den Kuss so leidenschaftlich, dass all ihre Sinne entflammten. Seine Hände lagen um ihre Taille, sie zitterten wie im Fieber.
Flannery ließ ihre Hände zu seinem Gürtel gleiten, begann ihn zu lösen. Sein Atem ging schwerer. Er flüsterte: »Ich ... ich ...« und Flannery erwartete, dass er etwas von Liebe und Begehren sagen würde, aber statt dessen ließ er sie los, stieß sie zurück auf ihr Bett, kniete vor ihr auf dem Boden und starrte sie an wie ein Irrsinniger, mit zerrauftem Haar, bis zum Gürtel geöffnetem Hemd, brennendem Blick. » Sto maledetto «, sagte er keuchend und hob die Hände, wie um sie abzuwehren. »Bleib dort, rühr mich nicht an, ich will nicht, dass du stirbst.«
Er rappelte sich auf und fiel gegen die Tür, riss an der Klinke, war fort.
Flannery brauchte einige Augenblicke, um sich zu orientieren. Sie knöpfte mit unsicheren Fingern ihr Hemd zu, strich sich
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