Toskanische Verführung (German Edition)
Telefon. »Dawkins, bringen Sie uns bitte Kaffee. Cognac?«, er sah seinen Gast fragend an, aber der Arzt winkte ab. »Nur Kaffee.«
Sie schwiegen, während sie darauf warteten, dass der Sekretär mit dem Gewünschten kam. Ruggiero hatte wieder die Augen geschlossen und atmete tief und hörbar. Alessandro kannte die Angewohnheit seines Freundes, sekunden- oder minutenlang in Schlaf zu fallen, wenn sich die Gelegenheit bot, um danach frisch und munter wieder zum Thema zu kommen, als hätte es nie eine Unterbrechung gegeben. Er lächelte und sah auf seine Hände, deren Zittern beinahe aufgehört hatte. Allein Ruggieros Anwesenheit wirkte besänftigend auf seine Nerven.
»Ich gebe dir gleich ein Beruhigungsmittel«, sagte der Arzt, ohne die Augen zu öffnen. »Nur etwas Leichtes. Damit wirst du ein wenig schlafen. Heute konnte ich nicht alle Termine absagen, aber ich lade mich für übermorgen bei dir zum Abendessen ein, wenn es dir recht ist, dann können wir uns noch ein wenig unterhalten. Das dürfte ... ah. Signor Dawkins.«
Der Sekretär trat mit einem kleinen Tablett ein, auf dem Kaffeegeschirr, eine Kanne und ein Teller mit Gebäck standen. Er servierte alles schweigend und schloss die Tür wieder hinter sich.
Sie tranken ihren Kaffee und Ruggiero sprach über seine Goldfische. Alessandros Anspannung ließ nach. Er begann, langsam, tastend, von Flannery zu erzählen. Der Arzt lauschte und nickte, brummte gelegentlich zustimmend, stippte währenddessen mit dem Zeigefinger Kekskrümel von seiner Untertasse. »Sie ist sexuell provokant?«, fragte er nach einer Weile. »Oder darauf aus, sich einen reichen Grafen zu angeln?«
Alessandro zog die Brauen zusammen. »Nein«, sagte er entschieden. »Nein, sie ist nicht berechnend. Ich glaube es jedenfalls nicht. Dazu ist sie viel zu abweisend ... allerdings ... nicht immer.« Seine Stimme verklang und er runzelte die Stirn. Gardners Verhalten ihm gegenüber war ebenso zwiespältig und inkonsequent wie seine eigenen Gefühle. Sie hatte sich sanft und hingebungsvoll in seinen Arm geschmiegt, ihn angelacht, ihn geküsst - sie hatte ihn von sich gestoßen, beschimpft, geohrfeigt ... Er senkte den Blick. »Mein Verhalten ihr gegenüber war nicht immer sehr gentlemanlike«, gab er leise zu. »Sie hat mich durch ihre körperliche Gegenwart überrumpelt. Ich war nicht dagegen gewappnet, nicht darauf vorbereitet, wie stark sie auf mich wirkt.«
»Also gehe ich wohl recht in der Annahme, dass du sie als Fußabtreter für dein emotionales Durcheinander benutzt hast«, sagte Ruggiero.
Alessandro riss den Kopf hoch und starrte seinen Freund an. Das war wieder eine dieser unerwarteten Grobheiten, die wie ein Guss kaltes Wasser über ihn ausgeschüttet wurden. Er rang nach Luft. Das Zittern kam zurück. »Ja, ich habe sie behandelt wie ein billiges Flittchen«, sagte er rau. »Verdammt, sie hat es genossen!«
Der Arzt lächelte schwach und faltete wieder die Hände über seinem Bauch. »Du siehst die Welt immer noch so, wie du sie sehen willst. Frauen erwarten nicht, dass man sie schlecht behandelt. Sie sind überrumpelt und ratlos, wenn es passiert. Und du bist ein attraktiver Mann, du unterschätzt deine eigene Wirkung, so seltsam das auch klingt. Hast du darüber nachgedacht, dass sie dich ebenfalls unerwartet anziehend finden könnte?«
Alessandro schwieg. Er hatte sich wenig Gedanken darüber gemacht, wie Flannery Gardner ihn oder die Situation betrachten mochte. Und er wusste nicht recht, ob er das überhaupt wollte. Tief in seinem Inneren fühlte er etwas Unangenehmes. Scham? Er schämte sich nie. Er war wütend auf sich oder er haderte mit dem, was das Leben für ihn bereithielt, er hasste sich für das, was er getan hatte, er hätte am liebsten diese Haut abgestreift und hinter sich gelassen, er ekelte sich vor sich selbst und ...
»Sandro«, holte die ruhige Stimme des Arztes aus seinen von Selbsthass erfüllten Gedanken. »Hör auf damit. Du grübelst zu viel. Du vergräbst dich, du suhlst dich in Selbstmitleid. Das bringt dich doch nicht weiter.«
»Selbstmitleid«, sagte Alessandro bitter. »Es ist weit davon entfernt. Ich bemitleide mich nicht. Ich verachte mich für das, was ich getan habe.«
Der Arzt schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf. »Du steigerst dich wieder in diesen Zustand hinein, den wir mit so viel Mühe hinter uns gelassen haben«, sagte er mit mildem Tadel. »Sandro, das lasse ich nicht zu. Du weißt, dass du dir nicht die Schuld an
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