Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toskanische Verführung (German Edition)

Toskanische Verführung (German Edition)

Titel: Toskanische Verführung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Hille
Vom Netzwerk:
»Können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?«

26
    Der freundliche ältere Herr, mit dem sie zusammengestoßen war, entpuppte sich als Alessandros Arzt. Flannery erfüllte es mit einer gewissen Erleichterung, dass da jemand war, der sich um den Grafen zu kümmern schien. Sie führte ihn in das stille kleine Arbeitszimmer im Erdgeschoss und schloss die Tür.
    Ruggiero Collani sah sich wohlwollend um, stellte seine Tasche auf den Schreibtisch und ließ sich dann mit einem kleinen Schnaufer auf dem winzigen Sofa nieder, das neben dem niedrigen Tisch am Fenster stand. Er warf seinen Hut neben sich und sah Flannery lächelnd an. Sie nickte und setzte sich in den Sessel ihm gegenüber. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie.
    Der Arzt lehnte sich bequem zurück und faltete die Hände über dem Bauch. Das Licht zeichnete eine Halo um seine graue Lockenmähne. Flannery ärgerte sich - er hatte durch sein Manöver erreicht, dass ihr Gesicht für ihn gut beleuchtet war, während sie seine Miene nur unter Mühen lesen konnte.
    »Ms Gardner«, sagte er langsam, schien nach Worten zu suchen. »Ich habe mich mit Alessandro unterhalten. Ich bin in Sorge um ihn.«
    Flannery sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Seine Stimme klang neutral, professionell unbeteiligt, aber es lag ein Unterton darunter, der sie aufhorchen ließ. »Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht helfen«, erwiderte sie, als er nicht weitersprach. »Ich kenne Signor della Gherardesca nicht gut genug, um etwas über ihn sagen zu können.«
    Der Arzt hob die Hand. »Nein, das ist nicht ... verstehen Sie mich nicht falsch. Ich frage mich nur gerade, wie ich mit Ihnen sprechen kann, ohne meine Schweigepflicht zu verletzen.« Er seufzte. »Sehen Sie, Ms Gardner, Alessandro hat einschneidende und traumatische Erfahrungen hinter sich. Ich habe ihn durch einige schlimme Jahre begleitet und war froh, als er wieder Boden unter den Füßen zu haben schien. Aber seit einiger Zeit gerät er erneut ins Taumeln und ich weiß nicht, woran das liegt.« Er ruckte seinen schweren Körper zurecht und beugte sich ein wenig vor. »Sie sind ein Teil des Rätsels«, sagte er eindringlich. »Alessandro hat sich da etwas in den Kopf gesetzt und das tut ihm nicht gut.«
    Flannery holte tief Luft. Sie erwiderte beherrscht: »Hat er mit Ihnen über mich gesprochen? Und was hat er behauptet?«
    Ruggiero Collani schüttelte beinahe bedauernd den Kopf. »Sie müssen mir verzeihen, Ms Gardner. Das hier ist auch für mich eine singuläre Situation. Ich pflege nicht mit Fremden über meine Patienten zu reden, bitte, glauben Sie mir das. Aber ich bin mit meinem Latein am Ende und hoffe, durch Sie eine Ahnung zu bekommen, was mit Alessandro los ist.«
    »Ich weiß, was mit ihm los ist«, erwiderte sie heftig. »Er hat nicht alle beisammen, genau wie sein Bruder.«
    Collani blinzelte mehrmals und öffnete den Mund, ohne etwas zu sagen. Dann gab er ein keuchendes Schnaufen von sich und beugte sich heftig vor. »Sie kennen seinen Bruder? Haben Sie ihn schon einmal zu Gesicht bekommen? Lebt er wirklich noch?«
    Flannery musterte ihn befremdet. Was regte ihn so dermaßen auf? »Ja«, sagte sie. »Ich treffe ihn abends in der Bibliothek, wir unterhalten uns dort regelmäßig per Computer.« Sie lächelte und schüttelte den Kopf. »'Gesehen' wäre allerdings zu viel behauptet. Er ist lichtscheu, in jeder Beziehung. Aber ich habe mit ihm gestern Nacht eine Zigarette geraucht und ein Glas Wein getrunken. Er hat mir die Hand geküsst. Ich würde sagen, er lebt.«
    Der Arzt sank zurück und rieb sich fest über die Augen und die schweren Wangen. »Das ist allerdings ... eine gute Nachricht.« Er atmete tief ein. »Und eine Überraschung. Ich war fest der Überzeugung, dass Hugo ein Phantom ist, eine Einbildung - oder ein Vorwand, um von mir ... nun, das tut nichts zur Sache.«
    Flannery riss die Augen auf. »Sie sind das«, rief sie impulsiv aus. »Sie verschreiben ihm das Zeug!«
    Collani wurde blass, dann stieg Röte in seine breite Stirn. »Was wissen Sie davon?«, fragte er erregt.
    Flannery hob beide Hände. »Nichts«, sagte sie. »Nichts, ich habe nur ein Gespräch mitangehört. Es war nicht für meine Ohren bestimmt. Ich wollte Sie nicht aufregen.«
    Der Arzt senkte das Kinn auf die Brust und dachte nach. »Was wissen Sie von den beiden Brüdern und ihrem Unglück?«, fragte er nach einer Weile.
    Flannery rekapitulierte in einigen Sätzen, was sie von Dawkins, Maddalena und Hugo erfahren

Weitere Kostenlose Bücher