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Toskanische Verführung (German Edition)

Toskanische Verführung (German Edition)

Titel: Toskanische Verführung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Hille
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Dingen geben darfst, die du nicht verursacht hast. Du hast weder deine Mutter getötet, noch ...«
    »Bitte, Ruggiero!«, unterbrach ihn Alessandro gequält. »Bitte. Wechseln wir das Thema.«
    »Gut.« Der Arzt rückte sich im Sessel zurecht. Sein scharfer Blick ruhte auf Alessandro, der sich unbehaglich zu winden begann. »Ich wollte ja ohnehin noch etwas mit dir besprechen. Sandro, ich kann dir nicht länger diese Rezepte ausstellen. Du musst mir einen plausiblen Grund dafür liefern. Wann kann ich Hugo untersuchen?«
    Alessandro klammerte die Hände ineinander. »Ich habe mit ihm darüber gesprochen«, sagte er gepresst. »Er will es nicht. Ruggiero, ich bitte dich. Finde einen Weg. Er braucht es. Er hat ständig Schmerzen. Ich stehe so tief in seiner Schuld, dass ich alles für ihn tun würde. Sag mir, was du brauchst.«
    Ruggiero neigte bedauernd den Kopf. »Nein«, sagte er fest. »Nein, ich kann das nicht verantworten. Du musst das verstehen. Ich kann nicht beurteilen, was dein Bruder benötigt, vielleicht ist es ja ganz und gar falsch, ihm ein Morphin zu verschreiben. Ich müsste ihn untersuchen und mit ihm reden, um das herauszufinden.«
    Alessandro sah den schwachen Funken Misstrauen in den Augen seines Freundes und seufzte. »Ich weiß, was du denkst«, sagte er. »Verdammt noch mal, du kennst mich besser als jeder andere. Wie kannst du annehmen, ich würde dich so sehr belügen?«
    Der Arzt schüttelte langsam, traurig den schweren Kopf. »Nicht mich, Sandro. Dich selbst.«
    ***
    Ruggiero ging mit nachdenklich gesenktem Kopf den Flur entlang zur Treppe. Er machte sich größere Sorgen, als er es seinen Freund hatte spüren lassen. Seit einem halben Jahr verschlechterte sich nicht nur Alessandros körperlicher, sondern auch sein seelischer Zustand immer mehr. Es war, als würde er schleichend und beinahe unmerklich, aber nachhaltig vergiftet, und Ruggiero wusste nicht, was diesen Vorgang verursachte. Alessandro war mal schwermütig, dann wieder aufbrausend, er schlief kaum noch, aß zu wenig, konnte tagelang bei zugezogenen Vorhängen auf seinem Bett liegen und an die Decke starren. Dann wieder war er unruhig und rastlos, redete wie ein Wasserfall, war fahrig und unkonzentriert, bevor er unvermittelt wieder ins Brüten verfiel und düstere Gedanken seine Stimmung schwärzten.
    Seine seltsame, unkontrollierte Leidenschaft für diese Frau erschien genauso zerrissen und zwiespältig wie sein gesamtes Verhalten. Vielleicht wäre es gut, sich diese Flannery Gardner einmal anzusehen und mit ihr zu reden. Vielleicht war sie Vernunftgründen zugänglich oder hatte eine Sicht auf diese merkwürdige Affäre, die ihm helfen würde, etwas besser zu verstehen, was mit Alessandro vor sich ging. Morgen wollte er noch einmal versuchen, Alessandro zu hypnotisieren, was in der letzten Zeit keine befriedigenden Ergebnisse gebracht hatte. Alessandro schien sich dagegen zu sperren, es war, als wollte er mit Gewalt an all dem festhalten, was seine geistige Gesundheit zu zerstören drohte.
    Er schrak aus seinen Gedanken, als er Schritte hörte. Eine Frau kam die Treppe hinauf, sie war groß und auf eine durchtrainierte Weise üppig gebaut, trug weite Leinenhosen und ein ärmelloses T-Shirt und hatte ihr Haar zu einem unkomplizierten Zopf geflochten. Sie hielt den Blick auf ein Buch gerichtet, und stieß deshalb beinahe mit Ruggiero zusammen.
    »Oh«, sagte sie und prallte zurück, wobei sie fast die erste Stufe wieder hinuntergestolpert wäre. Ruggiero griff nach ihrem Arm und hielt sie fest. Ihre Augen waren groß und dunkelblau, sie hatte ein klar geschnittenes, herbes Gesicht. Keine hübsche Frau , dachte er. Aber ich verstehe jetzt, warum Alessandro so vernarrt in sie ist.
    »Verzeihung«, sagte sie und hob das Buch auf, das ihr aus der Hand gefallen war. »Ich habe nicht damit gerechnet, dass hier außer mir noch jemand herumläuft.« Sie lächelte ihn an, und ihr Lächeln war hinreißend. Ruggiero erwiderte es ebenso herzlich und schüttelte den Kopf. »Ich muss mich entschuldigen. Sie waren so in Gedanken, ich hätte mich bemerkbar machen müssen.« Er zog seinen Hut und verbeugte sich. »Ruggiero Collani.«
    »Flannery Gardner.« Sie verbeugte sich ebenfalls und ihr Lächeln wurde ein wenig ironisch.
    Ruggiero lachte und setzte seinen Hut wieder auf. Er griff nach ihrem Arm und brachte sie dazu, neben ihm herzugehen, wobei er ihren verwunderten Blick ignorierte. »Sie kommen mir gerade recht, Ms Gardner«, sagte er.

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