Toskanische Verführung (German Edition)
hatte. »Ich denke, dass er Alessandro grollt, ich kann es mir nicht anders vorstellen. Er ist so unglücklich, er hat die Frau verloren, die er liebte und heiraten wollte, und ...« Sie unterbrach sich, weil der Arzt mit der flachen Hand auf sein Knie schlug, dass es laut klatschte.
»Hugo?«, fragte er laut. »Und Elga? Aber das ist doch vollkommen absurd!« Er sprang auf, für seine Fülle erstaunlich behände, und ging mit auf dem Rücken verschränkten Händen durch das Zimmer. Flannery sah ihm verblüfft eine Weile dabei zu, wie er mit gesenktem Kopf auf- und abtigerte, fragte dann ungeduldig: »Was ist denn daran so verwunderlich?«
Er blieb stehen, wandte sich zu ihr um, musterte sie eindringlich. »Elga war Alessandros Verlobte«, sagte er sanft.
Jetzt war Flannery sprachlos. Sie schüttelte den Kopf, suchte nach Worten. »Ich glaube ihm«, sagte sie dann. »Er war so aufrichtig, so ehrlich verwundet und traurig. Das war keine Lüge, im Leben nicht.« Sie runzelte die Stirn. Erinnerte sich an das Gespräch, an alles, was sie gesehen und gehört hatte. Sie stöhnte auf und biss sich auf den Daumenknöchel. »Verdammt noch mal.«
»Ja?«, fragte der Arzt. Er stand dicht vor ihr, sah erwartungsvoll auf sie hinab. »Was ist Ihnen eingefallen?«
Flannery wandte den Blick ab. »Es war Alessandro«, sagte sie und drückte ihre Hand fest gegen das Brustbein, weil sich dort tief drinnen ein scharfer Schmerz ausbreitete. »Seine Hände, sein Gesicht, seine Art zu sprechen, auch wenn er die Stimme verstellt hat. Verflucht, dieser arme Irre.«
Der Arzt ließ sich schwer auf das Sofa fallen und legte das Gesicht in die Hände. »Ich habe es befürchtet«, sagte er. »Ich hätte ihm kein Morphin verschreiben dürfen. Nach dem Unfall hat er es gebraucht, die Schmerzen waren schlimm. Aber körperlich ist er längst wiederhergestellt. Er hat behauptet, dass Hugo es braucht, dringend. Dass er Hugo nicht dazu bekommt, einen Arzt aufzusuchen. Ich habe ihn immer dringlicher gebeten, seinen Bruder untersuchen zu dürfen, er hat es nicht erlaubt. Und jetzt habe ich ihm gesagt, dass er keine Rezepte mehr von mir erwarten kann. Vielleicht ist es das, was ihn so aus dem Gleichgewicht bringt. Dann ist all das meine Schuld. Ich hätte verantwortlicher sein müssen.«
Flannery hörte ihm nur mit halbem Ohr zu. Sie ließ die Szene in der Bibliothek noch einmal vor ihrem inneren Auge ablaufen. All die Chats mit Hugo. Was er gesagt, was sie geantwortet und von sich erzählt hatte. War es wirklich möglich, dass Alessandro sie die ganze Zeit so zum Narren gehalten hatte? Und das Gespräch im Garten? Sie hatte den zweiten Mann nicht gesehen, seine Stimme nicht gehört. Vielleicht hatte Alessandro telefoniert. Oder es war doch Dawkins gewesen, der mit ihm dort gesessen hatte. Sie hatte ja nur angenommen, dass es Hugo gewesen sein könnte.
»Maddalena«, sagte sie. »Dawkins. Beide sprechen von Hugo wie von einer realen Person.«
Der Arzt zuckte die Schultern. »Maddalena würde alles für Alessandro tun. Wenn er ihr befehlen würde, ihr Herz zum Abendessen zuzubereiten, würde sie es sich mit einem Lächeln selbst herausschneiden.« Er lachte trocken auf. »Und Dawkins ist auf seine Art ebenso loyal. Von diesen beiden werden Sie immer nur das zu hören bekommen, was ihr Herr ihnen direkt oder indirekt befiehlt.«
Flannery legte den Kopf in die Hände. »Ich bleibe nicht länger hier«, sagte sie, von einer plötzlichen, tiefen Erschöpfung befallen. »Ich werde selbst verrückt, wenn ich bleibe. Heute noch, dann packe ich meinen Koffer.«
Collani legte seine schwere Hand auf ihre Schulter und drückte sie mitfühlend. »Tun Sie das, meine Liebe«, sagte er. »Ich hätte Ihnen nichts anderes empfohlen, auch in ihrem eigenen Interesse. Das hier ist kein Ort, an dem eine junge Frau glücklich werden könnte.«
Er gab ihr seine Karte, bevor er ging. Flannery schob sie in ihr Buch und blieb noch eine Weile sitzen, um nachzudenken. Wenn es die Wahrheit war, dass Alessandro und Hugo ein und dieselbe Person waren, dann war die Geisteskrankheit des Grafen nicht nur etwas, was sie halb im Scherz über ihn dahersagte, sondern bittere Wahrheit. Das würde vieles erklären - seine Launenhaftigkeit, seine Grobheiten, sein seltsames Verhalten.
»Armer Kerl«, sagte sie halblaut und stand auf. »Armer, armer Junge.«
Sie war erleichtert, sie freute sich auf Phil - und ein wenig traurig war sie auch.
27
Flannery hatte entschieden, sich für
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