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Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Titel: Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Lyons
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Aktentasche in die Hand. »Viel Glück, Caitlyn!«
    Sie starrte auf den Aktenordner mit dem FBI -Logo auf dem Deckel. Ein heftiger Windstoß ergriff die Pappteller mit den Essensresten ihres kleinen Snacks und schleuderte sie ins Gras. Caitlyn kümmerte sich nicht darum, ließ Clemens hinterhereilen, während sie gegen den stetig anwachsenden, lähmenden Kopfschmerz ankämpfte, bevor er sie vollkommen außer Gefecht setzen konnte. Sie konzentrierte sich auf ihren Atem, auf das FBI -Emblem, unter dem die Worte Treue , Mut , Rechtschaffenheit standen.
    Endlich gelang es ihr, die Schmerzen so weit zurückzudrängen, dass sie aufstehen konnte, ohne zu schwanken. Den glänzenden Ordner fest umklammernd, lief sie zur Jefferson Hall zurück.
    Himmel, Logan, was zum Teufel haben Sie mir da bloß eingebrockt?

6
    15. September 2005
    Sie haben ihn. Gott, meine Hand zittert so stark, dass ich kaum schreiben kann.
    Sie haben ihn geschnappt! Damian Wright. In Texas. Dort hat er sich in einer Notunterkunft für Katrina-Flüchtlinge versteckt. All die kleinen Jungs – ihm muss dieses Unglück und die Verzweiflung von Millionen Menschen wie eine göttliche Fügung vorgekommen sein, eine schändliche Opfergabe für seine perversen Neigungen.
    Ein Mitglied der Nationalgarde hat ihn mit einem Jungen erwischt. Felix Martinique. Der Leichnam war noch warm, Damian blutüberströmt. Ich konnte nur noch an Josh denken. Für den Rest des Tages habe ich mich im Bad eingeschlossen und geschrien, dort, wo niemand mich sehen und hören kann, immer im Geiste diese Bestie mit unserem kleinen Jungen vor Augen …
    Er hat die Morde an den zwei Jungs in Vermont zugegeben, auch den in Tennessee und einen weiteren in Oklahoma. Aber nicht den an Josh und dir. Wieso bloß? Ich verstehe diesen Mann nicht – warum versucht er, das bisschen Leben, das mir geblieben ist, auch noch zu zerstören? Warum kann er mir nicht meinen Frieden gönnen?
    Warum weigert er sich, euch zurückzugeben?
    Dr. Hedeger droht, mich einzuweisen, wenn ich nicht endlich etwas esse oder mich schlafen lege. Er sorgt dafür, dass ich mich in meinem eigenen Haus wie eine Gefangene fühle, von Wächtern umgeben. Heute habe ich das Haus mal für mich allein, aber nur, weil es einen kleinen Unfall im Diner gab – der Colonel hat aus Versehen Fett in Brand gesetzt, als er sich heimlich ein gegrilltes Mortadella-Sandwich zubereiten wollte.
    Niemand scheint zu verstehen, dass ich mich nur oben auf dem Berg lebendig fühle, wenn ich Deinen und Joshs Spuren folge, auf demselben Weg wie ihr entlanglaufe, wo es mir vorkommt, als locke Joshs Lachen hinter jeder Biegung.
    Ansonsten fühle ich mich wie tot, taub, bleischwer; selbst die Augen zu schließen und einzuschlafen scheint ein Ding der Unmöglichkeit.
    Wenn ich Euch doch nur finden könnte … Sucht Ihr nicht auch nach mir? Ruft Josh weinend nach seiner Mami?
    Hoffentlich nicht. Ich stelle ihn mir lieber glücklich vor, mag gar nicht an solch schreckliche Dinge denken …
    Nachdem die Frau des Colonels heute gegangen war, stand ein Anwalt vor der Tür. Er vertritt Opfer von Gewaltverbrechen. Hat von uns gehört und ist bereit, zu helfen, wenn es irgendwie möglich ist.
    Beinahe hätte ich ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen. Ihm gesagt, helfen könnte mir nur, wenn mein Mann und mein Sohn zurück nach Hause kämen, wo sie hingehören. Aber er hat mich nicht wie die anderen angeschaut, als wartete er ängstlich darauf, dass ich etwas Unerwartetes tue oder gleich zusammenbreche, in hunderttausend Stücke zerspringe, tick, tack, bumm.
    Stattdessen hat er sich hingesetzt und mir einfach zugehört. Zum ersten Mal seit Du fort bist, ist es mir gelungen, die Sperre in meinem Innern zu überwinden. Ich habe geredet. Und gar nicht mehr aufgehört.
    Der arme Kerl dachte wahrscheinlich, ich sei verrückt. Aber er hat nicht die Flucht ergriffen, sondern zugehört.
    Ich habe ihm sogar Joshs Zimmer gezeigt, und Dein Klavier, die Songs, an denen Du gearbeitet hast. Erzählt, wie wir uns kennengelernt haben, zeigte ihm Fotos. Das von Dir mit Josh auf dem Arm, gleich nach der Geburt, mit diesem verängstigten verunsicherten und gleichzeitig freudig überraschten Blick. Das von Josh, wie er nur mit einer Windel auf Deiner nackten Brust schläft, als wir beide zu erschöpft waren, um Wäsche zu waschen. Joshs erster Geburtstag, an dem wir alle so mit Kuchen vollgeschmiert waren, dass wir uns später mit dem Gartenschlauch abspritzen mussten.
    Alan, so

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