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Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Titel: Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Lyons
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sollte sie das dann seiner Meinung nach auch tun?
    Nein. Erst wenn sie die Antworten bekam, nach denen sie suchte.
    Als sich ihre beiden Arme berührten, versteifte Sarah. Er war doch sicherlich nicht – er wollte doch nicht – nein. Sie waren Freunde. Schon viel zu lange, als dass er solche Gefühle für sie entwickeln könnte. Immerhin waren sie keine Kinder mehr.
    »Erinnerst du dich noch an den Abschlussball?« Überrascht stellte sie fest, dass Hal erneut ihren Gedanken gefolgt war. »Ich habe mich ewig nicht getraut, dich zu fragen, und dann war es zu spät. Du bist stattdessen mit Tommy Hopkins hingegangen.«
    Sarah schnappte ihm die Karte weg und faltete sie übertrieben gründlich zusammen. Hal schaute sie verletzt an, die Hand weiterhin ausgestreckt. Sie versuchte, ihre Reaktion ins Lächerliche zu ziehen. »Hal Waverly, versuchst du etwa, mich anzubaggern?«
    Er zuckte zurück und hob abwehrend die Hände. »Ich doch nicht. Aber Alan.«
    »Alan?« Verwirrt blickte sie auf die Karte in ihren Händen. Ihr kam es vor, als ob ihr Verstand von einem Kokon umsponnen wäre, aus dem sie sich langsam befreite, indem sie Stück für Stück die zwei Jahre tieftrauriger Taubheit abschüttelte. Endlich drang etwas von dem, was um sie herum geschah, in ihr Bewusstsein, auch wenn sie noch Mühe hatte, es zu begreifen.
    Du wachst auf und riechst den Kaffee , hörte sie Sams Stimme in ihrem Innern – das war eine seiner sentimentalen Werbemelodien gewesen, von denen er nie eine hatte an den Mann bringen können.
    Gott sei Dank ignorierte Hal den Moment der Verlegenheit, wischte sich die Handflächen hinten an der Jeans ab, als wollte er so die Anspannung zwischen ihnen beiden verscheuchen. »Der Kerl ist verrückt nach dir, Sarah. Das kann selbst ein Blinder sehen. Seine Niederlassung in der Stadt aufzugeben, um hierherzuziehen –«
    »Das war nur wegen des Falls Damian Wright. Alan wollte mit meinem Berufungsverfahren einen Präzedenzfall für Opferrechte schaffen. Das hatte nichts mit mir zu tun.«
    »Ach, tatsächlich? Und warum ist er dann immer noch hier? Drückt sich in der Gegend rum wie ein kleiner Junge, der zu schüchtern ist, ein Mädchen zum Tanzen einzuladen.«
    Sie tat seine Bemerkung mit einer ungeduldigen Handbewegung ab. Er ließ sich jedoch nicht beirren, lehnte sich mit dem Hintern an die Schreibtischkante und sagte: »Er scheint dir gut zu tun. Wenn du mit ihm zusammen bist, wirkst du, naja, glücklich.«
    »Hal. Bitte! Du tust ja, als wäre ich eine weinerliche Witwe, die mit schwarzem Schleier durch die Gegend trottet. Die letzten zwei Jahre waren hart, aber inzwischen geht es mir ganz gut.«
    »Das tut es. Und ich vermute, Alan ist daran nicht unbeteiligt. Er ist nicht der Einzige, der dich gerne wieder glücklich sehen würde, Sarah. Ich habe gehört, wie der Colonel ihn nach seinen Absichten dir gegenüber gefragt hat.«
    Sie straffte die Schultern und drehte sich um, rot vor Scham. »Dazu hat er kein Recht – es ist mein Leben, und ich lebe es so, wie ich will!«
    »Genau darum geht es doch, oder nicht?« Hal schenkte ihr ein schwaches Lächeln. »Sarah, nicht du bist da oben auf dem Berg gestorben. Verschwende nicht dein Leben, nur weil ein Verrückter Josh und Sam umgebracht hat!«
    Bei jedem anderen wäre sie ausgerastet und hätte ihn wutentbrannt aus dem Haus geworfen. Aber Hal war nicht irgendjemand. Sondern ihr Freund. Der nur aussprach, was Sarah tief im Herzen selbst wusste.
    Nachdem Lily gestorben war, hatte auch er sich dieser schwierigen Wahrheit stellen müssen. Nur war Sarah nicht bereit dazu. Noch nicht. Vielleicht auch niemals.
    »Ich brauche etwas mehr Zeit.« Sie steckte die Karte in die Tasche ihrer Allwetterjacke. »Wenn Alan mich versteht, wird er warten.« Sie hob den Kopf und erwiderte Hals Blick. »Nur noch ein bisschen länger.«
    »So oder so, du musst ihm sagen, was du empfindest, und den armen Kerl endlich von seinem Elend erlösen.«
    »Na schön, du hast dich klar ausgedrückt. Musst du jetzt nicht irgendwelche Gauner hinter Gitter bringen oder so etwas?«
    »Hab gerade eine Zwölf-Stunden-Schicht hinter mir; vor morgen Abend werde ich also nicht wieder offiziell im Einsatz sein. Natürlich« – er deutete auf das Handy, den Pager und das Funkgerät an seinem Gürtel – »können sie mich auch jederzeit früher zurückrufen.« Er atmete aus. Dunkle Ringe umrahmten seine Augen. Einige neue Fältchen hatten sich in sein Gesicht gegraben, und der Muskel an seiner

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