Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)
endlich gelang, krümmten die Finger sich weiterhin störrisch, und ihm taten die Handgelenke weh. Um ihn herum war es seltsam still, als würde der Wald den Atem anhalten und darauf warten, was als Nächstes geschah.
Sein Brustkorb schmerzte, als hätte ihn ein Esel getreten, den rechten Fuß konnte er nicht mehr spüren. War er etwa tatsächlich durch den Wagenboden gestoßen, so wie er es sich beim Gasgeben vorgestellt hatte? Lag er vielleicht noch viele Meter weiter oben am Straßenrand?
Verflucht, vielleicht war das doch keine so gute Idee gewesen!
Er war nicht sicher, wie lange er dort saß und um Atem rang. Lange genug jedenfalls, dass die letzten Strahlen der Abendsonne endgültig verblassten. Schwaches Mondlicht schimmerte durch die Zweige, gerade genug, um ihm zu zeigen, dass er noch nicht tot war.
Komm zu dir, Sam! Alan hat immer noch Sarah.
Bei diesem Gedanken kehrte sein Verstand zurück. Er stemmte sich mit dem ganzen Gewicht gegen die Tür. Zunächst gab sie nicht nach; doch dann öffnete sie sich unter Ächzen und Quietschen ein oder zwei Zentimeter. Schwer atmend sackte er wieder auf den Sitz, der Schweiß lief in Strömen an ihm herab. Im rechten Fuß hatte er immer noch kein Gefühl, aber die Schmerzen im restlichen Körper machten das wieder wett.
Nach einem tiefen Atemzug probierte er es erneut. Diesmal ging die Tür auf. Er fiel seitlich hinaus, blieb jedoch mit dem Fuß hängen.
»Muttergottes!« Sein Schrei zerriss die Nacht. Niemand schien sich dafür zu interessieren. Nur sein Fuß antwortete mit einer neuen Schmerzflut. Gott, lieber würde er ihn abschneiden, als das ertragen zu müssen! Knochen knirschten, er wurde vom Schmerz übermannt.
Gleich würde er sich wirklich übergeben müssen. Sam umklammerte den Türrahmen mit beiden Händen und zog sich auf den Sitz zurück, um den Druck von dem eingequetschten Bein zu nehmen. Doch der Schmerz wollte einfach nicht nachlassen. Selbst dann nicht, als er die Finger um den Oberschenkel schloss, versuchte, das Bein irgendwie zu stabilisieren, zu befreien oder einfach abzureißen – alles, nur damit es nicht mehr so furchtbar wehtat.
Ein gleißendes Licht blendete ihn. Er hielt die Hände hoch, um sich dagegen abzuschirmen.
»Sam. Geht es dir gut?«
Sarah. Es war Sarah. Sam ließ seinen Freudentränen freien Lauf. Er versuchte, etwas zu sagen, fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht und atmete tief durch, während sie sich durch das Unterholz neben dem Pick-up kämpfte. Der Lichtkegel ihrer Taschenlampe tanzte im Dunkel auf und ab, fand Logan – oder besser: was noch von ihm übrig war –, dann Sam, glitt über seinen Kopf nach oben und wieder zurück.
»Alles in Ordnung?«, fragte er, als sie bei ihm war.
»Mir geht es gut. Julia wartet im Auto. Ich habe Logans Wagen gestohlen«, sagte sie, und in ihrer Stimme klang fast ein wenig Stolz darüber mit. Dann legte sich ein Schatten über ihr Gesicht.
»Und Alan?«
Sie beugte sich über ihn, um sich ein genaueres Bild zu verschaffen. »Halt mal!« Sie reichte ihm die Taschenlampe. Dann tastete sie behutsam sein Bein ab. »Ich denke, ich könnte ihn umgebracht haben.«
Ihre Stimme klang ausdruckslos, und er stellte keine weiteren Fragen. Als sie ein wenig an dem Bein rüttelte, musste er sich auf die Lippen beißen, um nicht vor Schmerz laut aufzuschreien. Sie schaute zu ihm auf. »Dein Fuß ist unter dem Gaspedal eingequetscht. Er blutet, wahrscheinlich ist er auch gebrochen. Ich kann ihn herausziehen, wenn ich ihn zur Seite drehe – aber das wird wehtun.«
Er sog scharf die Luft ein. »Tu es!«
51
Korsakov und Max führten sie nach draußen, die Auffahrt entlang bis zu der Schotterstraße, über die man bergaufwärts gelangte. Die Sonne war bereits untergegangen, über den Bergen im Westen war der Himmel jedoch noch von roten und orangefarbenen Streifen durchzogen. Das Geräusch des nahen Wasserfalls war ohrenbetäubend.
Max schubste Caitlyn und Hal auf den Steg über dem etwas ruhigeren Teil des Strudels. Aber selbst von hier aus waren die Stromschnellen oberhalb der Fälle bereits gut zu sehen.
»Hal hatte seine Chance, sich zu entscheiden«, sagte Korsakov. Er presste sich von hinten an Caitlyn, drückte sie gegen Hal, sodass sie sich direkt gegenüberstanden. »Jetzt sind Sie dran.«
Er fuhr mit den Händen über ihren Körper, hob ihre Arme und legte sie dann um Hal, sodass sie seinen Oberkörper umschlang. »Festbinden!«, befahl er Max. Kurz darauf waren sie und
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