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Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Titel: Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Lyons
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sich nach vorn, packte den Leichnam an den Schultern. Zog vorsichtig daran. Der Oberkörper hob sich einige Zentimeter aus dem Wasser, dann ging es nicht mehr weiter.
    »Ich vermute, der Fuß ist irgendwo unter einem Stein eingeklemmt«, sagte Sarah. »Ich wollte nicht zu grob da rangehen.«
    »Fühlt sich ziemlich locker an«. Er tastete die Brust des Mannes ab, ohne jedoch die Jacke oder das Hemd zu öffnen. »Nur noch Haut und Knochen.« Er löste den Griff und setzte sich auf. »Haben wir alles dokumentiert?«
    »Alles oberhalb der Wasseroberfläche. Wie willst du vorgehen?«
    Obwohl das Wasser kalt war, nahm Sarah die Hände nicht heraus, weil sie hoffte, auf diese Weise so wenig Schleim und Leichenfett wie möglich abzubekommen. Es war Vorschrift, Plastikhandschuhe zu tragen, aber da sie bereits so viel von dem Ekelzeug an den Händen hatte, würden die Handschuhe nur dafür sorgen, dass es tiefer in die Haut eindrang. Erst nach Tagen wäre sie den beißenden, viel zu süßen Gestank von menschlichen Überresten wieder los.
    Hals Gesicht blieb ausdruckslos. Er neigte den Kopf zur Seite, schätzte ab, wie tief das Wasser war, wo die herabgestürzten Gesteinsbrocken liegen könnten, wie stark die Strömung war. »Ich werde ins Wasser gehen und versuchen, ihn zu befreien. Dann werden wir ihn, wenn möglich, in einem Stück in den Sack schieben.« Er überprüfte noch ein zweites Mal die Sicherheitsleine und ließ sich dann vom Fels in die Strömung hineingleiten.
    Sarah lag mit ausgestreckten Armen und Beinen auf ihrem Felsbrocken, klemmte einen Fuß in eine enge Spalte, um sich Halt zu verschaffen. Obwohl das Wasser recht flach wirkte, ungefähr hüfthoch, waren die Strömungen gefährlich. Der Grund im Snakebelly bestand aus jahrhundertealten Ablagerungen, sich zersetzenden Schuttmassen, zerklüfteten Felsbrocken und eingeklemmten Baumstümpfen, die mit glitschigen Algen und Schlamm überzogen waren. Die Gefahr bestand darin, dass Hal da unten irgendwo stecken blieb und nicht mehr nach oben kam.
    Er stützte sich mit einer Hand am Fels ab und setzte vorsichtig den Fuß nach vorne. »Da fällt es ab«, sagte er und deutete mit dem Kinn auf eine Stelle einen knappen Meter weiter vorn.
    Er trat einen Schritt vor, dann noch einen. Das Wasser verschluckte ihn, bis er nicht mehr zu sehen war. Sarah hielt den Atem an, suchte ängstlich das trübe Wasser ab. Doch die Sicht war einfach zu schlecht. Alles, was sie erkennen konnte, waren die von Hal aufgewirbelten Schlammmassen und Steinchen, die jetzt langsam an die Oberfläche kamen.
    Ihr Brustkorb zog sich schmerzhaft zusammen. Zwanzig Sekunden , sagte sie sich und begann zu zählen. Wenn er dann nicht wieder oben ist, zwanzig, neunzehn, achtzehn …
    Mit lautem Platschen tauchte Hal wieder auf. Zog sich an seinem Felsen hoch und klammerte sich daran fest. Die Wellen klatschten an seinen Rücken, während er um Atem rang. Wasser lief an seinem Helm und am Gesicht hinab. »Ich glaub, ich hab ihn. Du packst oben an, ich unten. Wir bringen ihn hoch und rollen ihn dann in den Sack.«
    »Abgemacht.« Jetzt wurde auch noch ihr zweiter Fuß nass, als sie sich auf einen unter Wasser liegenden Ast stellte, um besser zupacken zu können. Eiskaltes Wasser lief ihr in den Stiefel. Die Haut kribbelte wie verrückt, und durch die starke Strömung stand sie bestenfalls wackelig auf den Beinen. Hal atmete ein paarmal tief ein, um sich auf den erneuten Tauchgang vorzubereiten, doch in dem Moment hörten sie über sich eine Stimme.
    »Hallo, Chief!« Gerald Mertons gebrüllte Begrüßung fing sich in den Felswänden und wurde von ihnen zurückgeworfen.
    »Was ist?«, brüllte Hal zurück.
    Gerald hielt ein Funkgerät über die Klippen und wedelte damit herum. »Hier hat sich eine Dame gemeldet. Sagt, sie müsse sofort mit Ihnen sprechen.«
    »Gottverd –« brach es aus Hal heraus, er schaute genervt drein. »Ich bin hier gerade ziemlich beschäftigt, Gerald.«
    »Das habe ich ihr auch gesagt. Sie meinte aber, es wäre dringend.«
    »Das wird warten müssen«, schrie Hal derartig aufgebracht, dass Sarah ihn gar nicht wiedererkannte. Der Hal, den sie kannte, verlor nie die Beherrschung. Niemals. Seine Kiefermuskulatur trat deutlich hervor.
    »Sie sagt, sie sei vom FBI .«
    * * *
    Alan Easton hatte denselben Traum, der ihn seit einem Jahr immer wieder heimsuchte. Seit er sie beinahe verloren hätte. Sarah in Weiß, mit strahlendem Lächeln, auf dem Weg zum Altar. Ganz Hopewell um das

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